Der Verkehr in Ugandas Hauptstadt Kampala ist nichts für schwache Gemüter. Private Fahrzeuge, Mini-Busse, die als öffentliche Transportmittel dienen, und Uber-Fahrer konkurrieren um den Platz auf der Straße. Hinzu kommen noch schätzungsweise 300.000 Motorrad-Taxis, sogenannte Boda-Bodas, die das Stadtbild prägen. Genaue Angaben über die Anzahl der Motorräder in Kampala gibt es keine, da viele nicht registriert sind. Es ist also nicht abwegig, dass sogar noch einige mehr auf den Straßen der Stadt unterwegs sind. Die Boda-Boda-Fahrer werben am Straßenrand mit ihren Diensten, die gerne angenommen werden.
An fast jeder Straßenecke kann man Gruppen von jungen Männern beobachten, die an ihre Motorräder gelehnt auf Kundschaft warten. Die Anzahl der Passagiere oder sonstige Fracht ist verhandelbar – nicht selten sieht man ganze Familien auf einem der Zweiräder. Auch als Möbeltransporter kann eine Boda-Boda dienen. Zu Fuß sind im Zentrum von Kampala nur wenige Menschen unterwegs. Selbst eine App verbindet – ähnlich wie Uber – die Fahrer mit Kundinnen und Kunden in der Nähe. Was aus all diesen Transportmitteln unweigerlich resultiert: verstopfte Straßen und verschmutzte Luft. Tagtäglich schiebt sich eine Schlange aus Stahl und Blech durch die Stadt. Vor allem wer selbst auf einer Boda-Boda und somit an der freien Luft sitzt, merkt schnell die Abgase in den Lungen. Kein Wunder also, dass Kampala Platz 28 der 30 am stärksten von Luftverschmutzung betroffenen Städte der Welt belegt.
„Das geht auch grüner“, dachte sich Daniel Dreher und kam bei seiner Arbeit in einer Solar-Firma in Kampala auf die Idee, Elektromobilität für die beliebten Motorrad-Taxis zu nutzen. Seine Vision: emissionsfreie Fahrzeuge, die über eine austauschbare Batterie betrieben werden. Die Batterie soll mit Hilfe von Solarenergie wieder aufgeladen werden. Damit können die lokalen Emissionen stark reduziert werden. Seit Oktober 2017 arbeitet er zusammen mit seinem Mitgründer Étienne Saint-Sernin an dem Projekt. Sie haben Zembo zuerst in Frankreich gegründet und sind seit August letzten Jahres in Uganda unterwegs. Im Oktober 2018 erreichten dann die ersten sechs Motorräder Uganda. Produziert wurden diese in China.
„China hat einen unglaublich großen Markt für Elektromotorräder. Wir waren im Dezember dort, man sieht keine Verbrennungsmotorräder mehr, das gibt es nicht mehr. In zwei Wochen haben wir vielleicht fünf oder zehn gesehen. Dementsprechend ist die Technologie natürlich ausgereifter“, so Daniel über seine Erlebnisse in China, wo er sich mit den Produzenten der Zweiräder traf.
Die Bevölkerung in Kampala gibt enorm viel Geld für den Transport aus – die Ausgaben liegen sogar noch über den Ausgaben für Nahrungsmittel. Auch der Energieverbrauch im Transportsektor ist hoch. Nur Kochen verbraucht hier noch mehr Energie. Trotzdem haben er und Étienne sich dafür entschieden, das Nachhaltigkeitsproblem im Transportsektor anzugehen, sagt Daniel. Solares Kochen zu thematisieren sei dagegen sehr schwierig: „Gegen was kämpft man? Gegen Holz, das herumliegt. Gegen Abholzung, die kostenlos ist.“
Solarstrom statt Benzin
Momentan sind die Gründer noch in der Pilotphase und arbeiten mit einigen Fahrern zusammen, die die sechs elektrisch betriebenen Motorräder testen. Über 12.000 km sind dabei seit Oktober schon zustande gekommen. „Die Menschen fragen oft ‚Wo ist dein Motor?!‘“, erzählt Asiku, einer der Fahrer, der die Räder für Zembo testet.
Auch wenn das Startup noch am Anfang steht, Zembo hat Großes vor: Im April werden die nächsten Motorräder geliefert und bis dahin soll auch die erste Solar-Ladestation stehen. Bis Ende des Jahres sind dann 200 Fahrer anvisiert, die mit den E-Motorrädern auf den Straßen Kampalas unterwegs sein und bis zu fünf Ladestationen, die eine Anlaufstelle bieten sollen, die leeren Batterien auszutauschen. Die Batterien werden in nur etwa zwei Minuten einfach ausgetauscht und der Fahrer kann fix weiterfahren. Die Batterien werden dann an der Ladestation in drei bis vier Stunden mit Solarenergie wieder aufgeladen.
„Diese Pläne sind sehr finanz-intensiv. Daher ist Investment immer gesucht und willkommen“, erzählt Daniel über das weitere Vorgehen von Zembo. Ein weiteres Feature des Startups: Die Fahrer, die die Fahrzeuge leasen, werden nach zwei Jahren Besitzer. Das ist eine Seltenheit auf dem Markt. Oftmals leasen die Fahrer die Boda-Boda jahrelang, ohne selbst jemals das Fahrzeug zu besitzen. Das sind Ausgaben, die die tägliche Gewinnspanne erheblich einschränken. „Das sind die zwei Dinge, die wir machen“, so Daniel. „Wir leasen die Motorräder und wir laden die Batterien und vermieten sie. Das wird 60 Prozent mehr Einkommen für die Fahrer generieren.“ Auf lange Sicht sollen dann auch die Motorräder in Uganda zusammengeschraubt werden. Zum einen wird das mehr Arbeitsplätze schaffen, zum anderen aber erhöht man auch die Wahrscheinlichkeit, die Fahrzeuge einfach reparieren zu können.
Mit einer Batterieladung kommen die Motorräder zwischen 50 bis 80 km weit. Das entspricht ungefähr derselben Reichweite wie mit Benzin. Der Grund dafür ist, dass die Fahrer oft nur ein paar Liter Benzin nachfüllen mit dem Geld, das sie bisher an den Tag verdient haben. Wenn aber ein gutes Netzwerk mit Ladestationen existiert und es zur Gewohnheit wird, kurz anzuhalten und die Batterie auszutauschen, dann gibt es keinerlei Nachteile der E-Motorräder. Was die Fahrzeuge am Ende mit sich bringen, ist eine verbesserte Arbeitsgrundlage und Verdienstmöglichkeit der Fahrer, verringerte Emissionen und damit eine bessere Luft für alle. Sanft und lautlos kann dann am stehenden Verkehr der Hauptstadt vorbeigeglitten werden…