Schon längst könnten viel mehr Elektroautos auf unseren Straßen unterwegs sein – an ausgereiften Modellen am Markt mangelt es auf jeden Fall nicht. Wenn hierzulande die Elektromobilität nur sehr zögerlich ins Rollen kommt, dann liegt das vor allem an den vergleichsweise hohen Anschaffungskosten und an der geringeren Reichweite gegenüber Diesel- und Benzin-Autos. Mit steigenden Produktionszahlen und stetigen Weiterentwicklungen der Modelle – insbesondere der Batterien – wird der Kaufpreis sinken, davon ist auszugehen. Die Bedenken bezüglich der Reichweite sind nicht ganz von der Hand zu weisen: E-Autos haben aktuell eine durchschnittliche Reichweite von 150 bis 250 Kilometern. Auch wenn sich damit problemlos die meisten Strecken zurücklegen lassen, muss doch häufiger geladen werden.
Von Seiten der Bundesländer werden entsprechende Strukturen verhalten angegangen, Ausnahmen bilden einzelne Pilotprojekte wie z.B. Landmobil-e. Nicht anders verhält es sich auf der Seite der Autoindustrie. Das kürzlich verkündete Joint Venture von BMW, Daimler, Ford und Volkswagen mit dem Ziel, in den nächsten Jahren ein europaweites Netz an Stromtankstellen für Elektroautos entlang der wichtigsten Verkehrsachsen aufzuziehen, ist immerhin ein erster großer Schritt in die richtige Richtung.
Anbieterchaos
Ein weiterer hemmender Faktor der elektrischen Fortbewegung ist neben der unzureichenden Verbreitung von Ladestationen das Chaos bezüglich der Bezahl- und Tankmethoden. Aktuell gibt es eine Vielzahl von Anbietern mit unterschiedlichen Bezahl- und Ladesystemen; ohne detaillierte Informationen im Vorfeld und eine Auswahl an verschiedenen Kabeln (bei den Schnellladesäulen existieren immer noch drei verschiedene Systeme, Laden in normaler Geschwindigkeit ist schon vereinheitlicht) können längere Strecken mit einem E-Auto zu einem schwierigen Unterfangen werden.
Das Problem dreht sich dabei im Kreis: Einerseits wird noch nicht großflächig in Infrastrukturen investiert, da noch zu wenig Elektrofahrzeuge unterwegs sind. Auf der anderen Seite macht es für Anwender wenig Sinn, auf ein E-Mobil umzusteigen, so lange es keine einfach zugängliche Infrastruktur gibt. Dabei könnte es so einfach sein, den Akku zu laden, haben wir doch ein flächendeckendes Stromnetz, das nur angezapft werden muss.
Bewegung in die Sache bringen ganz andere Akteure: Junge Startups, die mit innovativen Konzepten die Ladeinfrastruktur entscheidend voranbringen. Mit Apps, die die nächste freie Ladesäule anzeigen und gleich ein schlaues Bezahlsystem mitliefern über Straßenlaternen, die zu Schnellladestationen werden bis hin zu kabellosen Systemen. Damit sollte das Problem der Reichweite hoffentlich bald gelöst sein.
Per App die nächste Ladesäule finden und bezahlen
Wer seinen Akku laden möchte, muss sich im Moment bei jedem Ladesäulenanbieter separat anmelden. Nehmen wir als konkretes Beispiel die Hauptstadt: Neben größeren Stromanbietern wie Vattenfall und RWE betreiben auch viele kleinere Betriebe wie Ebee, The New Motion und Belectric Ladestationen in den Berliner Bezirken. Theoretisch müsste jemand, der alle Ladesäulen nutzen will, tatsächlich bei jedem Betreiber eine Art Scheckkarte erfragen, um dort Strom zapfen zu können. Man stelle sich diesbezüglich das überregionale Chaos vor. Auch in Sachen Abrechnung fehlen weiterhin Standards. Während manche Anbieter nach Tankzeit (Minuten) abrechnen, wählen andere die Füllmenge (Kilowattstunde) als Berechnungsgröße. Dies macht Preisvergleiche mühselig.
Wer die App PlugSurfing nutzt, kann nicht nur einsehen, zu welchem Tarif an einer Station geladen werden kann, ob der passende Ladestecker angeboten wird oder die Station gerade belegt ist, die App vereinfacht auch den Bezahlvorgang, indem über die App jeder Anbieter abgerechnet werden kann.
Zu Hause tanken
Das Münchener Startup eeMobility – „ee“ steht für „easy electric“ – will mit seinem Konzept den Einstieg in die Elektro-Mobilität erleichtern, sowohl für Unternehmen als auch für Privatleute. Dem Ansatz folgend, dass E-Autos nur bei längeren Fahrten unterwegs, sonst aber am Wohnort geladen werden, stellt eeMobility eine für jeden Fahrzeugtyp geeignete Wallbox zur Verfügung, mit der das Fahrzeug zu Hause geladen werden kann. Der Ladevorgang soll dabei schnell und sicher erfolgen – und mit 100 Prozent Ökostrom. Das Besondere hierbei ist die sogenannte „Smart-Charging-Funktion“: Das Fahrzeug wird, wenn möglich, immer dann geladen, wenn Stromüberschüsse vorhanden sind, also vor allem nachts.
Ladestopp Straßenlaterne
Das Startup Ebee hat eine Technologie entwickelt, mit der Straßenlaternen zu Ladestationen von Elektrofahrzeugen werden. Der Vorteil: Laterne und Ladepunkt teilen sich eine elektrische Zuleitung, einen eigenen Stromanschluss für die Installation des Ladepunktes braucht es nicht mehr. Außerdem gliedern sich die Ladepunkte ins Stadtbild ein, ohne eigene Flächen zu verbrauchen. Damit sind die aufgerüsteten Straßenlaternen platzsparend und kostengünstig und es wird sinnvoll mehrfach genutzt, was schon da ist.
Mit seinem „Light and Charge“-Konzept hat BMW die Technologie von Ebee schon im Einsatz.
Die Wechselbatterie
Einen anderen Ansatz hat das Projekt Adaptive City Mobility (ACM): Das Projekt will ein autarkes E-Mobility-Gesamtsystem bieten. Möglich werden soll das durch ein einfaches und leichtes Fahrzeugvehikel, ein modulares Akku-Wechselsystem sowie ein softwarebasiertes Multi-Mode-System. Konzipiert wurde das Fahrzeug vor allem als Elektrotaxi für den urbanen Raum, daher auch sein Name: CITY eTAXI. Laut ACM könnte es aber auch für andere Bereiche wie E-Sharing, E-Logistik oder E-Tourismus eingesetzt werden. Wie das System genau funktioniert erfährst du in diesem Artikel: Dieses Elektrotaxi soll das Henne-Ei-Problem der E-Mobilität lösen
Das Kabel war gestern
Die Zukunft wird dem kabellosen Laden gehören, davon ist auszugehen. Denn warum mit Kabeln hantieren, wenn es auch so viel einfacher geht? Diverse Startups und Forschungsprojekte zeigen, dass berührungsloses Laden längst keine Zukunftsmusik mehr ist. Das Startup Blue Inductive z.B. bietet schon jetzt eine Technologie, die mit kabelgebundenen Ladesystemen mithalten kann. Ihr kabelloses Schnellladegerät kann viele Elektroautos in unter einer Stunde aufladen, bei geringeren Verlusten als bei heute gängigen kabelgebundenen Ladegeräten.
Außerdem kann das elektromagnetische Induktionssystem so in die Infrastruktur integriert werden, dass das Stadtbild erhalten bleibt. Der Wartungsaufwand aufgrund von Verschleiß oder Vandalismus wie bei gängigen Ladestationen fällt komplett weg. Ein weiterer Vorteil der Technologie ist, dass Energie nicht nur vom Stromnetz zum Fahrzeug, sondern bidirektional, also auch vom Fahrzeug zum Stromnetz übertragen werden kann; ein Schwarm aus Elektroautos wird so zu einem riesigen Energiespeicher, der umso wichtiger wird, je weiter wir erneuerbare Energien ausbauen.
Aber auch andernorts wird kabelloses Laden vorangetrieben: Gemeinsam mit Volkswagen und Bosch hat das Forschungsprojekt V-Charge unter Federführung der ETH Zürich eine Lösung fürs autonome Finden von Parkplätzen mit kabelloser Auflademöglichkeit von Elektroautos entwickelt, das bereits heute funktioniert und British Induction will das Laden auf der Autobahnspur möglich machen.
Mobilität to go
Was diese Beispiele alle zeigen: Schlaue Lösungen für eine einfach zugängliche und flächendeckende Ladeinfrastruktur gibt es genug. Und: Beim Umstieg auf elektrische Fortbewegung geht es vor allem um ein Umdenken weg vom „Tankstellenmodell“. Eine Tankstelle nach bisherigem Modell fährt man gezielt an, wenn der Spritpegel sinkt. Bei Elektroautos sollte man jedoch anders denken: Der typische Ladevorgang findet dort statt, wo man sowieso parkt; zu Hause, beim Einkaufen, beim Arbeiten. Dadurch ist der Akku fast immer voll und das Problem mit der Reichweite hat sich erledigt. Der Fahrer muss nur in Ausnahmefällen – z.B. bei langen Strecken – zwischendurch eine Viertelstunde Pause einlegen. Und auch dies könnte zukünftig mit kabellosen Ladesystemen nicht mehr nötig sein, wie das Beispiel British Induction zeigt.