In Rotterdam werden Plastikabfälle in einen schwimmenden Wasserpark umgewandelt – eine Steigerung der Lebensqualität, aber auch der Biodiversität im Stadtraum.
Kunststoff ist zu einem weltweiten Umweltproblem geworden – eine Tatsache, die jedem bekannt ist, aber gerne verdrängt wird. Seit 1964 hat sich die Produktion des vielseitigen Materials verzwanzigfacht und erreichte 2014 einen Spitzenwert von rund 311 Millionen Tonnen. Einer Studie der Ellen MacArthur Foundation zufolge wird sich dieser Wert bis 2050 noch weiter vervierfachen. Wenn diese Prognose Wirklichkeit wird, werden bald mehr Plastikteile als Fische im Ozean schwimmen, denn lediglich neun Prozent des weltweiten Kunststoffs werden recycelt. Die restlichen 91 Prozent landen in der Natur, auf den Straßen – oder eben im Wasser. Laut Schätzungen der UNO gelangen jährlich weltweit acht Millionen Tonnen in die Meere und somit auch in unseren Lebenszyklus.
Die steigende Dringlichkeit, gegen die Verschmutzung von Plastik und Mikroplastik in unseren Meeren vorzugehen, lässt immer wieder spannende und beachtliche Projekte entstehen. Beispielsweise das in den Medien viel beachtete Boyan Slat’s Ocean Cleanup Projekt, dessen Prototyp mittels schwimmenden aufblasbaren Barrieren (Mikro-)Plastik im Wasser einfängt, oder das Sammelboot Manta, das Plastik und größeren Müll aus dem Meer fischt, bevor dieser in Mikropartikel zerfällt und dann noch schwerer zu entfernen ist.
Andere Projekte und Startups beschäftigen sich mit der Wiederverwertbarkeit von Meeresmüll: Mode, Kleidung oder Materialien für 3D-Druckverfahren werden aus Kunststoffresten bereits hergestellt. Ein niederländisches Unternehmen hat nun sogar erfolgreich den Stadtraum aus Plastikschrott erweitert.
Das Plastik aus dem Wasser fischen, bevor es den Ozean erreicht
Alleine über die Maas gelangen mehr als 1.000 Kubikmeter Kunststoffabfälle jedes Jahr in die Nordsee. Mit dem Projekt Recycled Park sollen genau diese Plastikabfälle herausgefiltert und wiederverwendet werden – als schwimmende Insel im Rotterdamer Hafen Rijnhaven. Schon bevor die Organisation Recycled Island Foundation mit dem Inselprojekt um die Ecke kam, fischte sie jahrelang Plastik aus der Maas und probierte verschiedene Ansätze zu einer erneuten Nutzung des Abfalls aus. Mit der Idee, den Müll als Basis für schwimmende Inseln zu nutzen, erregten die Niederländer großes Aufsehen.
Nachdem eine ausreichende Menge des Kunstoffs gesammelt wurde, wurde dieser in 28 sechseckige Blöcke gepresst, die zugleich das Fundament des Recycled Parks bilden. Unterhalb dieser Blöcke fischen Netze weiteren Kunststoff aus dem Wasser. Über der Wasseroberfläche fungieren die schwimmenden Elemente als grünes Erholungsgebiet, das zur Mittagspause, zur Entspannung oder gar für Veranstaltungen genutzt werden kann und zugleich Lebensraum für Flora und Fauna bietet. Neben Wasserpflanzen wachsen sogar Bäume auf den Blöcken. Auf diese Weise sind Nahrungs-, Unterschlupfs- oder Brutplatzmöglichkeiten für Vögel und Fische auf den Inseln gegeben.
Aber zersetzen sich die Plastikinseln nicht auch wieder durch den Einfluss von UV-Strahlen und geben dann winzige Plastikteilchen ins Wasser ab? Laut der Recycled Island Foundation wurde diese Gefahr bei der Konzeption des Projekts berücksichtigt: Die schwimmenden Plastikinseln seien sehr robust konstruiert und über einen speziell hinzugefügten UV-Schutz soll die Festigkeit der Blöcke gegenüber der Sonneneinstrahlung erhöht werden. Nichtsdestotrotz werde stetig beobachtet, ob nicht doch ein UV-Abbau stattfindet.
Wie wird der Müll erneut genutzt?
Die Bedingungen für dieses Projekt sind in der Maas perfekt. Da die schwimmenden Blöcke bis circa einen Meter unter die Wasseroberfläche reichen, ist die wellenarme Maas hervorragend geeignet für sowohl die Stabilität der Inseln als auch zum Sammeln von Kunststoffabfällen.
Insbesondere die Universität Wageningen interessiert sich für letzteren Aspekt. Als eines der führenden Forschungszentren für Recyclingverfahren und Partner des Schwimmparks geht der gesammelte Müll an die Universität, um hier sortiert und analysiert zu werden. Ein weiterer Partner, Hebo Maritiemservice, reinigt den Kunststoff und verwandelt ihn in die sechseckigen Blöcke. Hebo Maritiemservice half auch bei der Entwicklung der Netze, die zur Reinigung der Maas genutzt werden. Laut der Website der Recycled Island Foundation ist der Prototyp aus Rotterdam so weit fortgeschritten, dass er mittlerweile weltweit in Häfen, Flüssen und Flussmündungen eingesetzt werden kann. Installationen im Auffangbecken von Brüssel, am Charleroi-Kanal und auf der Insel Ambon in Indonesien sind bereits in Planung.
Zwar bietet der recycelte neue Stadtpark eine durchaus positive und potenziell umsetzbare Lösung für Kunststoffabfälle und schafft zudem neue Grünflächen, dennoch bleibt ein fader Beigeschmack: Die Dimension des Mülls, der in Rotterdam umgewandelt wird, bleibt stets sichtbar. Material für Müllinseln sollte in einem solchen Ausmaß gar nicht erst vorhanden sein. Dazu sollten wir alle beitragen.
Dieser Artikel wurde übersetzt von Felix Dunkl, das Original erschien zuerst auf unserer englischsprachigen Seite.