Ein schwedisches Startup will Methan-Emissionen reduzieren – mit Algen gegen Kuhpupse

Viele von uns denken bei umweltschädlichen Emissionen zuerst an die Abgase von Autos und rauchende Industrieschlote. Doch es gibt auch tierische Emissions-Quellen – zum Beispiel die Pupse und Rülpser von Kühen.


Autor Mark Newton:

Übersetzung Mark Newton, 23.06.20

Auf der Welt gibt es etwa 1,5 Milliarden Kühe – und jede einzelne produziert täglich etwa 150-500 Liter Methan. Die Schätzungen der Treibhausgasemissionen alle Rinder zusammengenommen liegen damit zwischen fünf und 14 Prozent der weltweiten Emissionen. Auch wenn die niedrigere Zahl zutrifft bedeutet das, dass die Emissionen der Wiederkäuer doppelt so hoch sind wie die des weltweiten Flugverkehrs. Methan ist als Treibhausgas in der Atmosphäre 25 Mal so wirksam wie Kohlendioxid und macht daher einen substanziellen Teil des menschengemachten Treibhauseffekts aus. Wenn wir also über Maßnahmen sprechen, um den Klimawandel einzudämmen, sollten wir diese tierischen Emissionsquellen nicht außer Acht lassen.

Ein schwedisches Startup versucht nun, diese Emissionen drastisch zu reduzieren. Volta Greentech hat eine spezielle Alge kultiviert, die den Verdauungsprozess im Darm der Kühe regulieren soll, damit diese weniger Methan produziert. Die Alge ist eine Mischung aus verschiedenen Rotalgen und enthält bioaktive Verbindungen, die eines der Enzyme blockieren, die im ersten Magen der Kuh – dem Pansen – die Produktion von Methan anregen.

Laut Volta Greentech kann die tägliche Dosis von 100 Gramm der Algen die Methanproduktion einer Kuh um 80 Prozent reduzieren. Zusätzlich soll die Blockierung mikrobieller Methanogene im Magen der Kuh dafür sorgen, dass keine Energie verbraucht wird, um ein Abfallprodukt zu produzieren. Stattdessen könne ihr Produkt, so die Forschenden, mehr Energie in Form von Wasserstoff und Kohlenstoff freisetzen, was zusätzlich das Wohlbefinden der Tiere verbessern könne.

Anfang dieser Woche erhielt das Startup zusätzliche Mittel in Höhe von 500.000 US-Dollar, um das Konzept weiterzuentwickeln und die Produktion der Algen zu steigern. Neben einem Labor in Stockholm baut Volta Greentech derzeit auch eine Produktionsanlage in der Stadt Lysekil auf, um mit der Kultivierung der Algen in größerem Maßstab zu beginnen.
Mit einem für 2022 angestrebten Fertigstellungsdatum soll in der Volta-Fabrik zunächst eine Menge ihres Algen-basierten Produkts hergestellt werden, die für etwa 12.500 Kühe reichen soll. Durch die Optimierung des automatisierten Produktionsprozesses hofft Volta jedoch, diese Zahl auf 100.000 zu erhöhen, ohne eine zusätzliche Anlage zu benötigen. Darüber hinaus soll die Produktion vollständig mit erneuerbaren Energien und industrieller Abwärme betrieben werden, während die produzierten Algen bis zu tausend Tonnen Kohlenstoff pro Jahr absorbieren können.

Nicht nur das schwedische Startup sucht nach Wegen, um die Gase der Paarhufer zu reduzieren. Andere Forschende haben sich zum Beispiel auf die Suche nach einem Impfstoff begeben, der die für die Methanproduktion im Rindermagen verantwortlichen Mikroben unterdrückt. Außerdem wurde auch mit einem etwas seltsamen Ansatz experimentiert: Methan-Sammelrucksäcken auf dem Rücken der Rinder. Eine Änderung der Ernährung von Kühen wird jedoch gemeinhin als der praktikabelste Ansatz zur Verringerung der Methanproduktion angesehen, vor allem auf kurze Sicht. Einige Expert*innen vermuten jedoch, dass die Einmischung in das Darmmikrobiom von Rindern die Gesundheit der Tiere, insbesondere im Hinblick auf ihr Immunsystem, negativ beeinflussen könnte.

Volta Greentech befindet sich noch im Forschungs- und Entwicklungsstadium und unternimmt aktuell eine Reihe von Pilotversuchen. Die nächste große Herausforderung für das Startup wird sein, die Algen kostengünstig zu produzieren und sie gleichzeitig in ein kommerziell verwertbares Produkt zu verwandeln, an dessen Einsatz Rinderzüchter auf der ganzen Welt interessiert sind. Firmengründer Fredrik Åkerman ist bestrebt, sein Produkt zum Industriestandard für Viehzüchter werden zu lassen. Doch das Futter wird wahrscheinlich nur dann großflächig eingesetzt werden, wenn Landwirte einen zusätzlichen Vorteil für ihre Arbeit darin sehen – zum Beispiel die Verbesserung der Gesundheit ihrer Tiere – im Gegensatz zu rein ökologischen Vorteilen. Doch diese Frage gilt es noch zu beantworten.

Dazu kommt: Wenn es darum geht, das Klima unseres Planeten auf menschenfreundlichen Temperaturen zu halten, gilt es aus vielen Gründen, zudem die Fleischproduktion massiv einzuschränken. Denn die Rinder sorgen nicht nur für Methan-Emissionen, sondern der Bedarf an Ackerflächen und Futtermitteln ist unter anderem auch für den Verlust unserer Regenwälder verantwortlich. Und weniger Kühe bedeuten natürlich auch weniger Methan-Emissionen.

Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Sarah-Indra Jungblut. Das Original erschien zuerst auf unserer englischsprachigen Seite.

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