Ein neue neue App versorgt indonesische Landwirt*innen mit wichtigen Wetterdaten

Traditionelle Methoden der Regenvorhersage werden durch den Klimawandel ungenauer. Moderne Instrumente könnten helfen.

Autor Mark Newton:

Übersetzung Sarah-Indra Jungblut, 02.02.22

Die Bäuer*innen der indonesischen Insel Sumbawa erkennen Wetterzyklen und -muster an den Veränderungen der Natur. Seit Generationen lesen die Bäuer*innen an Tamarinden- und Kapokbäumen ab, wie die Chancen für Niederschläge stehen und planen die Aussaat danach. Für die Erträge der vielen Farmen in den Hanglagen des indonesischen Bezirks Dompu ist es entscheidend zu wissen, wann und wie viel Regen fallen wird.
Doch der Klimawandel bringt die natürlichen Rhythmen aus dem Gleichgewicht. Das traditionelle Wissen hilft den Landwirt*innen nicht mehr unbedingt weiter und sie haben es immer schwerer, reiche Ernten einzutreiben.

Um dieses Problem zu lösen, haben mehrere internationale Organisationen gemeinsam eine Wettervorhersage-App entwickelt, die speziell auf die Bedürfnisse der indonesischen Bäuer*innen zugeschnitten ist. Doch das Team, zu dem das Bandung Institute of Technology, das USAID-Büro für humanitäre Hilfe und die gemeinnützige internationale Entwicklungsorganisation World Neighbors gehören, ist sich bewusst, dass die Entwicklung der App nur ein – und wohl der einfachste – Teil der Lösung ist. Viel schwieriger ist es, die Landwirt*innen, von denen viele in abgelegenen Gebieten leben, von dem neuen technologischen Ansatz zu überzeugen.

Ausgedacht hat sich die App Dr. Armi Susandi, ein indonesischer Dozent am Institut in Bandung mit umfassender Erfahrung in der Entwicklung von Frühwarn- und intelligenten Landwirtschaftsanwendungen. Auf der Grundlage meteorologischer Informationen, lokaler historischer Daten und jährlicher Erträge liefert die App Vorhersagen zu Niederschlag, Windgeschwindigkeit, Luftfeuchtigkeit und Luftdruck für bestimmte Gebiete sowie Empfehlungen für den Anbau von Nutzpflanzen. In Extremsituationen kann sie auch vor bevorstehenden hydrometeorologischen Katastrophen warnen. Die App liefert damit sowohl kurzfristige Vorhersagen – wobei die Vorhersage für die nächsten drei Tage alle drei Stunden aktualisiert wird – als auch monatliche Vorhersagen für bis zu fünf Jahre im Voraus.

Aber es gibt unmittelbare Herausforderungen für die Akzeptanz der neuen App. Nur rund 45 Prozent der indonesischen Landwirt*innen haben Zugang zu einem Smartphone, darunter vor allem junge Landwirt*innen. Selbst bei denjenigen, die ein Smartphone haben, reicht das Mobilfunknetz oft nicht aus. Das vielleicht größte Problem ist jedoch die natürliche Zurückhaltung der traditionellen Kleinbäuer*innen, unbekannte Technologien anzunehmen und sich auf sie zu verlassen.

Nach einem der ersten Workshop, die die Einführung der App begleiteten, erklärten sich rund 60 Prozent der Bauern bereit, die Technologie zu nutzen. Das ist zwar eine beachtliche Zahl, zeigt aber auch, dass viele noch nicht bereit waren, ihren Lebensunterhalt an eine Handy-Anwendung zu binden.

Um die Akzeptanz der App zu erhöhen, sei einer der wichtigsten Schritte, lokale landwirtschaftliche Berater*innen auszubilden, wie Edd Wrights, der Regionaldirektor von World Neighbors für Südostasien, in einem Interview mit Inhabitat erläutert. Die Berater*innen sollen Landwirt*innen mit der Technologie vertraut machen, bei Bedarf Smartphones zur Verfügung stellen oder analoge Kopien der Prognosen der Apps verteilen.

Wichtig ist, den potentiellen Nutzer*innen die neue Technologie nicht einfach aufzudrängen. Daher werden traditionelle Methoden, der Klimawandel und die Technologie hinter den Vorhersagen mit den Landwirt*innen diskutiert und ein Umfeld geschaffen, in dem traditionelle und moderne Methoden zusammengebracht und nicht als Konkurrenz gesehen werden. In der letzten Phase wird den Landwirt*innen dann gezeigt, wie sie die Modelle anwenden können, und es werden vergleichende Bewertungen der Erträge zwischen denjenigen, die die Niederschlagsvorhersagen verwendet haben, und denjenigen, die dies nicht getan haben, erstellt.

Mit diesen Maßnahmen soll das Vertrauen in die App erhöht werden – und sie scheinen zu funktionieren. Nachdem zögernde Landwirt*innen den Erfolg der ersten Anwender*innen gesehen hatten, erklärten sich weitere Landwirt*innen bereit, an einem Test der App teilzunehmen. Inzwischen sind rund 3 700 Landwirt*innen in 36 Gemeinden in der Nutzung der App geschult.

Derzeit wird die App vor allem in ausgewählten Gebieten von Dompu eingesetzt, aber World Neighbors hofft, sie auch auf die 200.000 Einwohner*innen der Region ausweiten zu können. Die Workshops für die Einführung der App haben sich als sehr hilfreich erwiesen, allerdings ist die Fortsetzung dieses Prozesses in großem Maßstab zu zeit- und kostenaufwendig. Aus diesem Grund ist World Neighbors dabei, die Schulungen vollständig zu digitalisieren und online zur Verfügung zu stellen.

Es ist nicht das erste Mal, dass Indonesiens Landwirt*innen in ihrer landwirtschaftlichen Laufbahn digital unterstützt werden. RESET hat bereits über andere digitale Apps berichtet.

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