Es ist ziemlich bezeichnend, dass es das Wort „Dooring“ im Englischen überhaupt gibt. Es beschreibt die Situation, wenn Fahrer oder Beifahrer ihre Autotüren einfach öffnen – ohne zu schauen. Für sich nähernde Fahrradfahrer ist das ein ernstes Risiko. Es wird angenommen, dass durch „Dooring“ in Städten weltweit tausende Menschen verletzt werden. Und weil immer mehr Menschen mit dem Rad unterwegs sind, die Radwege jedoch oft mangelhaft sind oder ganz fehlen, werden diese gefahrvollen und lebensbedrohlichen Situationen wohl leider noch zunehmen.
Verkehrserziehung ist wesentlich, um dieses Problem in den Griff zu bekommen. Aber auch die Technologie könnte dazu beitragen. Semcon, ein schwedisches Produktentwicklungsunternehmen, hat eine schlaue Lösung dafür entwickelt: Der Life Sticker ist ein kleines smartes Gerät, dass Autofahrern mitteilt, wenn sich ein Motorrad- oder Fahrradfahrer nähert. Es kann an jedem Türspiegel angebracht werden – unabhängig von Modell oder Alter. Es wird durch eingebaute Solarmodule aufgeladen und nutzt Bluetooth-Technologie, um sich nähernde Zweiradfahrer zu erkennen und den Autofahrer zu warnen, damit dieser nicht die Autotür öffnet. Das schwedische Unternehmen hat seinen Prototyp bereits fertiggestellt.
Die Technologie hat allerdings einen großen Nachteil: Der Life Sticker erkennt Radfahrer, indem er das Bluetooth-Signal ihrer Smartphones verfolgt. Dabei wird allerdings vorausgesetzt, dass alle Radfahrer nicht nur im Besitz eines Smartphones sind – sondern auch ständig ihr Bluetooth aktiviert haben. Wenn beides zutrifft, kann das Gerät bereits Zweiradfahrer erkennen, die bis zu 100 Meter entfernt sind. Das würde bedeuten, dass der Sticker während der Hauptverkehrszeit an Orten mit vielen Radfahrern ständig aktiv wäre.
Einfach und günstig realisierbar
Mit dem niedrigen Produktionspreis von etwa zwei Euro könnte der Life Sticker – wenn er tatsächlich auf den Markt kommt – ein wirklich einfaches und erschwingliches Gerät für solche Autofahrer sein, die besonders vorsichtig sein möchten, nicht daran gewöhnt sind, in Gegenden mit vielen Radfahrern unterwegs zu sein – und die es sich angewöhnen wollen, vor dem Türöffnen die Straße zu überprüfen. Laut Semcon gaben 85 Prozent von 1.500 Radfahrern in einer Umfrage des Unternehmens an, dass sie selbst bereits in „Dooring“-Situationen waren. Einen Bedarf für eine Lösung für dieses Problem scheint es also in jedem Falle zu geben.
Nichtsdestotrotz darf man – trotz schlauer Technologie – nicht vergessen, wie essenziell Verkehrserziehung und entsprechende Techniken sind, um gefährliche Situationen für Verkehrsteilnehmer von vornherein zu vermeiden. Da gibt es beispielsweise den sogenannten „Dutch Reach“: Statt mit der linken öffnet der Fahrer seine Autotür mit der rechten Hand und ist so gezwungen sich nach eventuellen Fahrradfahrern umzudrehen.
Semcon plant, seinen smarten Sticker innerhalb des nächsten Jahres auf den Markt zu bringen und sucht dazu aktuell nach Investoren. Eine andere Erfindung des schwedischen Unternehmens können Fahrradfahrer aber übrigens schon jetzt bekommen: einen smarten Adapter, mit dem man sein normales Fahrrad in ein elektrisches verwandeln kann.