Die Circular Economy könnte der Schlüssel für nachhaltiges Wirtschaften sein. Dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft liegt die Idee einer vollkommen regenerativen, globalen Liefer- und Handelskette zugrunde: Es werden keine endlichen Ressourcen verbraucht, sondern das Ziel ist es, den Nutzen und Wert aller Produkte, Teile und Materialien auf einem möglichst hohen Standard zu halten, damit diese repariert, aufgearbeitet und wiederverwendet werden können, statt auf der Mülldeponie zu landen. In der konventionellen Wirtschaft sind (Produktions- und spätere) Abfälle implizit – im Idealfall werden diese am Ende recycelt. In der Kreislauflieferkette hingegen gibt es keinen Abfall oder Müll; es gibt nur vorhandene Ressourcen, die wieder und wieder verwendet werden können.
Ein besonders großes Potenzial hat die Circular Economy im Bausektor. Dieser gehört zu den ressourcenintensivsten Wirtschaftssektoren – und ist damit auch besonders klimarelevant. Beim Bau und Abbruch von Gebäuden werden jedes Jahr hunderte Tonnen Materialien eingesetzt – vor allem nicht organische, nicht nachwachsende Rohstoffe. Der Gesamtbestand der Gebäude in Deutschland ist laut Umweltbundesamt mit 28 Milliarden Tonnen (Stand 2010) „inzwischen ein bedeutendes, menschengemachtes Rohstofflager“. Das Problem dabei: Viel zu oft weiß niemand, welche Materialien und wertvollen Ressourcen eigentlich in den Gebäuden verbaut sind, sodass diese nach Nutzungsende eben nicht wiederverwendet oder sinnvoll verwertet werden können, sondern oft einfach auf Mülldeponien landen. Zugleich entstehen schon beim Bau Unmengen Müll – der Bausektor ist der mit über 60 Prozent des Abfallaufkommens der größte Abfallproduzent Deutschlands. Um hier einen grundlegenden Wandel zu erreichen, muss vorausschauend gebaut werden; neben der Verwendung nachwachsender Rohstoffe müsste zudem die Nutzung „hinterher“ schon im Voraus eingeplant werden.
Ein Hub aus Plastikplanen und Bauzäunen
Mit gutem Beispiel geht das CRCLR House in Berlin-Neukölln voran. Es wurde 2016 „als erstes Zentrum der zirkulären Wirtschaft“ gegründet und fungiert als Knotenpunkt für Ideenschöpfung, Austausch und Arbeit an Projekten. Es ist aber nicht nur ein Hub für Projekte aus der Kreislaufwirtschaft – der Coworking-Space, der sich in einer alten Brauerei befindet, wurde ausschließlich aus Abfällen, wiedernutzbar gemachten Materialien und recycelten Baustoffen konstruiert, z.B. aus alten Plastikplanen oder Bauzäunen. Neu wurde nichts gekauft, die Möbel stammen u.a. von Flohmärkten. Gegenüber der B.Z. sagte CRCLR-Mitgründer Simon Lee: „Wir möchten zwei Dinge erreichen. Erstens mit Gegenständen und Stoffen bauen, die sonst zu Müll geworden wären. Zweitens das Haus wie ein Materiallager konstruieren, damit es später problemlos auseinandergenommen und die Stoffe woanders weiterverwendet werden können.“ Daher erstelle das Startup eine Liste mit allen Materialien, die im CRCLR House verbaut seien.

Aber, so die Köpfe hinter dem CRCLR House auf ihrer Website: „Beim zirkulären Bauen stehen nicht nur recycelte Materialien oder eine besonders nachhaltige Bauweise im Vordergrund, sondern zunächst einmal die Frage, ob man überhaupt (neu) bauen muss und wenn ja, was.“ Andere Bauherren hätten die alte Brauerei vermutlich einfach abgerissen und auf dem Gelände einen Neubau errichtet – nicht so das CRCLR-Team. Hier werden bereits vorhandene Strukturen genutzt und es wird überlegt, wie man sie verändern und ergänzen kann, um den künftigen Nutzungsanforderungen an das Gebäude gerecht zu werden.
„Zirkulär zu bauen bedeutet für uns, diesen Prozess zu ermöglichen: durch den Einsatz biologisch abbaubarer Materialien, die Verwendung von Steck- und Schraubverbindungen, das Offenlassen von Möglichkeitsräumen. Wir selbst befinden uns im Prozess zu verstehen, was zirkuläres Bauen noch alles bedeutet. […] Wir sind gespannt auf das weitere Erforschen und Verdichten.“
Wir sind es auch und drücken die Daumen für das Projekt! Hier könnt ihr euch einen Eindruck vom Bau des CRCLR House verschaffen: