Würdest du Nahrung essen, die von Mikroben erzeugt wurde, die ursprünglich in den Tiefen einer vulkanischen Quelle lebten? – Die Antwort darauf lautet vermutlich: „Was soll die Frage?“ Und weiter: „Wie schmeckt das denn?“
Die zweite Frage können wir (noch) nicht beantworten, da wir bisher keine Gelegenheit hatten, das Ganze zu probieren. Aber zum ersten Teil: Die erwähnten Mikroorganismen sind in der Lage, bei minimalem Energieverlust sehr effizient zu wachsen und ihr Gewicht zu vervielfachen. Und das, kombiniert mit ein wenig Wissenschaft, könnte zu einer neuartigen alternativen Lebensmittelsubstanz beitragen, einer fleischfreien Proteinquelle.
Die speziellen Mikroben stammen aus einem Gebiet des Yellowstone Nationalparks in den USA, in dem rund 10.000 hydrothermale Charakteristika blubbern – heiße Quellen und blubbernde Schlammfontänen. Die Mikroorganismen werden als Extremophile bezeichnet, ein Begriff, der sich von ihrer Fähigkeit ableitet, auch in sehr heißen Quellen überleben zu können: Die im Jahr 1965 entdeckten Mikroben überlebten bei Temperaturen von bis zu 85°C, was weit über das hinausgeht, was bis dahin als zur Lebenserhaltung möglich galt.
Forscher fasziniert es seitdem, die Mikroben zu erforschen und erstaunliche Einsatzmöglichkeiten für sie zu finden. So erhielt beispielsweise der Biochemiker Kary Mullis 1993 den Nobelpreis für die Erfindung der Polymerase-Kettenreaktion – er nutzte dafür ein thermostabiles Enzym, das aus einem in den heißen Quellen des Yellowstone Parks lebenden Bakteriums gewonnen wurde.
Ein nahrhaftes Protein, das die Umwelt schont?
Die Fähigkeit der Mikroben, sich mit begrenzten Ressourcen zu vermehren, hat die Aufmerksamkeit des Biotech-Unternehmens Sustainable Bioproducts auf sich gezogen, das an der Entwicklung neuer Lebensmitteltechnologien arbeitet. Mitgründer Mark Kozubal hatte bereits zu extremophilen Organismen geforscht; nun überträgt das Startup diese Forschung auf die Entwicklung neuer Lebensmittelprozesse. Das Ergebnis ist eine innovative Fermentationstechnologie, mit der Proteine mit hohem Nährwert so gezüchtet werden können, dass sie wesentlich effizienter und schonender für den Planeten sind als unser aktuelles Modell tierischer Proteine. Eines Tages könnte dieses nährstoffreiche Protein einen Ersatz für herkömmliches Fleisch oder auch Soja bieten. Vielleicht sogar schon sehr bald: Das Unternehmen will sein Produkt bereits in zwei Jahren auf den Markt bringen.
Der Trubel um das Startup ist groß, weil es Investments von Breakthrough Energy Ventures (BEV) erhalten hat, einem Fonds, der von einer Top-Liste von Milliardären wie Bill Gates und Jeff Bezos unterstützt wird. Die NASA, die National Science Foundation und das US-Landwirtschaftsministerium haben ebenfalls direkt oder indirekt investiert. Es besteht also eine berechtigte Hoffnung, dass es mit dieser Unterstützung gelingt, das Produkt aus dem Labor herauszuholen und für einen Massenmarkt zu skalieren – und hoffentlich auch schmackhaft zu machen.
Das erklärte Ziel muss es sein, die enormen Mengen an Ressourcen und Energie, die benötigt werden, um die Menschen auf diesem Planeten mit Nahrung zu versorgen, massiv zu reduzieren. 15.400 Liter Wasser werden für nur ein Kilogramm Rindfleisch benötigt, vom Aufziehen eines Kalbes bis zum Produktionsprozess. Das sind Zahlen, die kaum zu fassen sind. Und ein enormer Teil der Treibhausgasemissionen stammt aus den Bereichen Landwirtschaft, Produktion und Transport. Hoffen wir, dass neue Lebensmitteltechnologien hieran etwas ändern können.
Es arbeiten aber noch mehr schlaue Köpfe daran, alternative Nahrungsquellen zu entwickeln: Fleisch aus dem Labor oder Insekten und Käfer, die zu Mehl oder Öl verarbeitet werden. Und auch innovative Anbaumethoden wie Hightech-Vertical Farming oder intelligente Gewächshäuser tragen derzeit dazu bei, unsere Landwirtschaft zu verändern und nachhaltiger zu gestalten.
Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Lydia Skrabania. Das Original erschien zuerst auf unserer englischsprachigen Seite.