Wenn die Rede von nachhaltiger Mobilität ist, dann geht es dabei vor allem um Elektrofahrzeuge. Und E-Mobilität nimmt tatsächlich gerade mächtig an Fahrt auf. Es gibt aber noch weitere Alternativen zu Benzin- und Dieselautos. Welches Potenzial haben diese, welche Chancen und Risiken gibt es?
RESET hat dazu mit Michael Müller-Görnert gesprochen. Er ist Referent für Verkehrspolitik beim VCD mit den Themenschwerpunkten Luftreinhaltung und Klimaschutz, Mitglied im Vorstand von Transport & Environment (T&E), dem europäischen Dachverband von Umwelt- und Verkehrsverbänden und darüber hinaus Leiter diverser Projekte zum Thema Fahrzeugantriebe und Flottenmanagement.
Wenn es um alternative Antriebe und nachhaltige Mobilität geht, ist vor allem Elektromobilität in aller Munde. Wie sehen Sie da den Status quo?
Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf die Straße zu bringen. Bisher ist man davon mit gerade einmal rund 50.000 elektrisch betrieben Autos noch weit entfernt. Auch darum hat die Bundesregierung im vergangenen Jahr ein Förderprogramm für Elektrofahrzeuge aufgelegt. Auch wenn man bei den Zielsetzungen der Bundesregierung industriepolitische Motive nicht absprechen kann, so soll mit der Elektromobilität im Straßenverkehr auch der notwendige Umstieg in Richtung einer kohlenstoffneutralen Mobilität eingeleitet werden. Klar ist: um die nationalen und internationalen Klimaziele und die daraus folgende Treibhausgasneutralität bis Mitte des 21. Jahrhunderts auch im Verkehrsbereich zu erreichen, muss der nicht vermeid- und verlagerbare Verkehr nahezu emissionsfrei angetrieben werden. Hierfür werden elektrische Antriebe auf Basis Erneuerbaren Stroms benötigt.
Welche nachhaltigen Alternativen gibt es abseits des Elektroantriebs und wie schätzen Sie deren Potenzial ein?
Als umweltschonendere Alternative zu Benzin und Diesel und zur Diversifizierung der Antriebspalette fördert die Bundesregierung bereits seit Jahren Fahrzeuge mit Erdgas- und Flüssiggasantrieb über eine noch bis Ende 2018 geltende niedrigere Kraftstoffsteuer. Daher ist Gas an der Tankstelle deutlich günstiger als Benzin und Diesel. Erdgas und Flüssiggas weisen insbesondere gegenüber Diesel Umweltvorteile auf: die Fahrzeuge produzieren nur sehr geringe Schadstoffemissionen (Stickoxide und Feinstaub). Diese liegen etwa auf dem niedrigen Schadstoffniveau von Benzinern. Gegenüber diesen haben sie allerdings einen Vorteil beim CO2-Ausstoß. Erdgasfahrzeuge emittieren bis zu 25 Prozent weniger CO2, bei Flüssiggas sind es 10-15 Prozent. Darüber hinaus können Erdgasfahrzeuge auch mit regenerativ erzeugtem Methan fahren – Biomethan aus der Vergärung von Rest- und Abfallstoffen oder synthetisches Methan aus der Elektrolyse von Wasser. Je nach Vorkette steigt der CO2-Vorteil dann auf 60 bis 90 Prozent.
Trotz der Umweltvorteile und des günstigeren Kraftstoffs sind Gasfahrzeuge bis heute nicht aus der Nische herausgekommen. Etwa 500.000 Flüssiggasautos und rund 100.000 Erdgasfahrzeugen stehen in Deutschland mehr als 45 Millionen Benziner und Diesel gegenüber. Nach aktuellen Plänen soll die Steuervergünstigung für Erdgas aufgrund der größeren Klimavorteile bis 2026 fortgeführt werden, für Flüssiggas ist ein Auslaufen nach 2018 vorgesehen. Aus Sicht des VCD macht die Fortführung der steuerlichen Vergünstigung bei Erdgas aus Klimaschutzsicht Sinn, sie sollte aber auch begrenzt werden. Denn für eine Dekarbonisierung braucht es – wie schon beschrieben – einen raschen Übergang zu emissionsfreien Antrieben. Alleine mit erneuerbarem Erdgas ist dies aufgrund begrenzter Potenziale nicht zu erreichen.
Und welche Zukunftsperspektive sehen Sie für Brennstoffzelle und Co? Welche Chancen und Risiken gibt es hier?
Aus schon genannten Gründen sind Elektroautos, ob batterieelektrisch oder mit Brennstoffzelle betrieben, ein wichtiger Baustein für eine ökologische Verkehrswende. Alle anderen Antriebstechnologien haben zu geringe CO2-Minderungspotenziale oder es stehen nicht genügend Ressourcen für die Bereitstellung der Antriebsenergie zur Verfügung. Allerdings benötigen Elektrofahrzeuge sauberen Strom. Daher ist die Weiterentwicklung der Energiewende für die Elektromobilität unabdingbar. Am effizientesten ist der direkte Einsatz erneuerbaren Stroms in batteriebetriebenen Fahrzeugen oder – wie bei der Bahn – über Oberleitungen.
Bei der Brennstoffzelle hingegen geht durch die notwendige Wasserstoffherstellung fast die Hälfte der eingesetzten Energie verloren. Andererseits haben Brennstoffzellenfahrzeuge gegenüber Batteriefahrzeugen den Vorteil einer höheren Reichweite. Allerdings ist die Technologie derzeit noch teuer und bisher gibt es nur zwei serienmäßige Brennstoffzellenfahrzeuge. Auch fehlt eine Betankungsinfrastruktur für Wasserstoff. Elektrofahrzeuge weisen nicht nur eine größere Modellvielfalt auf, sie werden perspektivisch günstiger und es wird erwartet, dass sie bereits bis 2025 preislich mit herkömmlichen Fahrzeugen konkurrieren können. Zudem findet derzeit – nicht nur in Deutschland – ein intensiver Ausbau der Ladeinfrastruktur statt. Vor diesen Hintergrund sind die Chancen für das Brennstoffzellenauto zu bewerten. Risiken für die Elektromobilität liegen in einer weiterhin mangelnden Kundenakzeptanz, niedrigen Kraftstoffpreisen, noch zu klärende negative soziale und ökologische Folgen des Abbaus seltener Erden (u.a. Lithium) für die Batterieproduktion.