Dronecoria: DIY-Drohnen als Saathelfer

Ein spanisches Startup entwickelt einen Drohnen-Bausatz, der in die ganze Welt verschickt werden soll, um dort Saatgut zur Wiederaufforstung auszubringen. Die Technologie wird als Open Source zur Verfügung gestellt.

Autor*in RESET , 25.08.20

Übersetzung RESET :

Der Wald spielt eine sehr wichtige Rolle beim Klimaschutz, doch er ist in vielen Teilen der Welt bedroht. Durch den Klimawandel ausgelöste Waldbrände zerstören riesige Flächen, hinzu kommen illegale Rodungen des Regenwaldes. Auch in Nord- und Mitteleuropa leidet der Baumbestand unter Hitze und trockenen Böden. In etlichen Regionen der Erde ist deshalb effektive und ökologische Wiederaufforstung gefragt. Doch oft sind die dafür nötigen Kompetenzen, finanziellen Mittel und Technologien nicht vorhanden. Samen für Samen zu pflanzen, ist zudem aufwendig und ineffektiv.

Drohnen zum Selbstbauen

Das Startup Dronecoria aus Spanien hat hierfür einen Lösungsansatz: Drohnen als Saathelfer zum Nachbauen, für alle. Lot Amorós, Gründer von Dronecoria, erklärt gegenüber RESET: „Unser Ziel ist es, die Effizienz der weltweiten Wiederaufforstung durch den Einsatz neuer Saatguttechnologien und Drohnen zu verbessern und den Prozess skalierbar zu machen.“ Inspiriert wurde das Projekt tatsächlich von militärischen Drohnen. „Wenn das Töten von Leben das Schlimmste ist, was man mit einer Drohne tun kann, dann sollte das Wertvollste sein, Leben zu transportieren, neues Leben zu erzeugen“, so Amarós. Das Besondere: Die Geräte sind kein teuer produziertes High-Tech-Produkt, sondern können selbst gebaut werden. Durch Lasertechnik zugeschnittene Holzteile werden als Bausatz von Dronecoria geliefert. Die Baupläne sind als Open Source frei im Internet verfügbar. So können die Produktionskosten minimal gehalten werden und eine Wiederaufforstung im großen Stil soll auch für ärmere Regionen ermöglicht werden.

Ist die Drohne einmal in der Luft, kann sie verschiedene Aufgaben übernehmen. Zunächst werden Gebietsanalysen durchgeführt, um die perfekten Orte für die Aussaat zu finden. Im zweiten Schritt wird dann die Saat abgeworfen. Die Drohne schafft es, in zehn Minuten einen Hektar abzudecken. Pro Flug können bis zu einer halben Million Samen ausgesät werden. Zuvor wird das Saatgut mit einer ausgeklügelten Technik bearbeitet, dem sogenannten „Coating“. Jeder Samen wird dabei mit einer Erdschicht umhüllt, die ihn vor Tieren schützt und ihm die nötige Feuchtigkeit zum Wachsen garantiert. Dieser Prozess ist noch aufwendige Handarbeit, doch Dronecoria hat sich zum Ziel gesetzt, bald auch Coating-Maschinen auf den Markt zu bringen und die Baupläne per Open-Source-Lizenz zugänglich zu machen.

Open Source gegen den Klimawandel

Gründer Lot Amorós hat sich bewusst dazu entschieden, seine Erfindungen per Open-Source-Lizenz zur Verfügung zu stellen, auch auf die Gefahr hin, dass das Projekt kopiert werden könnte. Auf Nachfrage von RESET sagte er: „Wir sind der Meinung, dass eine Erfindung mit dem Potenzial, die Menschheit zu retten, nicht das Eigentum eines Monopols sein sollte.“ Gerade bei den Saatguttechnologien gäbe es einen Mangel an frei zugänglichem Wissen. „Wir glauben, dass gute Ökosysteme durch Open-Source-Technologien entstehen können. Es sollte technisch möglich sein, eine Drohne mitten auf einem Feld in Afrika mithilfe von Open Knowledge reparieren zu können, statt sie in ein Industrieland schicken zu müssen.“ Prozesse könnten so außerdem verbessert und Techniken und Verfahren weltweit ausgetauscht werden.

Dronecoria-Drohnen sind bisher in Projekten in Spanien und Brasilien im Einsatz. Zudem wurden bereits Bausätze nach Mexiko, Kolumbien, Argentinien und die Türkei geliefert. Lot Amarós hat ehrgeizige Pläne für Dronecoria: „Wir planen, die Wiederaufforstung als Dienstleistung in Spanien und im Mittelmeerraum zur Verfügung zu stellen und die Drohne in verschiedenen Versionen weltweit anzubieten, als Heimwerker-Kit oder als Ready-to-Fly-Drohne.” Jedoch fehlt es oft noch an Geld. „Das Problem bei der Aufnahme des Betriebs ist nicht der Mangel an Technologie, sondern es geht darum, wie man die finanziellen Mittel findet, um Aufforstungen in großem Maßstab durchzuführen”, so Amarós weiter. Auch ist fraglich, ob die Wiederaufforstung überhaupt mit der rasanten Zerstörung von Wäldern der letzten Jahre mithalten kann. Durch die Open-Source-Lizensierung und den DIY-Ansatz könnten die „fliegenden Saathelfer“ von Dronecoria aber durchaus vermehrt eingesetzt werden und einen Beitrag zur weltweiten Wiederaufforstung leisten.

Dieser Artikel ist Teil des Dosssiers „Satelliten und Drohnen – Wertvolle Helfer für eine nachhaltige Entwicklung“. Alle Artikel des Dossiers findest du hier: Dossier Satelliten und Drohnen

Das Dossier ist Teil der Projekt-Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), in deren Rahmen wir vier Dossiers über zwei Jahre zum Thema „Chancen und Potenziale der Digitalisierung für eine nachhaltige Entwicklung“ erstellen.


Mehr Informationen hier.

Drohnen und KI erkennen Plastikmüll in Flüssen und Meeren

Eine deutsche Forschungsgruppe setzt Drohnen in Kambodscha ein. Die Fluggeräte identifizieren und lokalisieren Plastikmüll entlang von Wasserwegen und machen Gegenmaßnahmen so effektiver.

Prototype Fund im Interview: Public Interest Tech in Zeiten von Corona

Technologie zum Wohl der Gesellschaft – solche Projekte fördert der Prototype Fund seit 2016. Wir sprachen mit Patricia Leu über Public Interest Tech und dessen Förderung, Nachhaltigkeit und wie die Corona-Pandemie dabei hineinspielt.

WeRobotics: Drohnentechnologie für mehr Empowerment

Die gemeinnützige Organisation „WeRobotics“ setzt auf Technologietransfer, Wissensaustausch und lokale Expertise. Menschen im globalen Süden erfassen vor Ort mit Hilfe von Drohnen Daten, um sie für ihre lokalen Zwecke einzusetzen.

10 Millionen Bäume in 10 Jahren – mit Drohnen und schlauen Samen soll’s klappen

Rund um den Globus fallen Wälder für Papier und Weideland, aufgrund von Monokulturen und steigenden Temperaturen gehen sie in Flammen auf. Ein umfassender Schutz und eine schnelle Aufforstung sind gefragt – ein spanisches Startup erprobt einen neuen Ansatz.

Feinstaub messen – mit dem eigenen selbstgebauten Sensor

Ein Citizen-Science-Projekt aus Stuttgart macht es möglich, einen eigenen Feinstaub-Sensor für die Hauswand zu bauen. Mithilfe der Messungen soll das Thema Feinstaub transparenter werden.

Hätten Open Source-Lösungen London davor bewahrt, dass die Straßenbeleuchtung wochenlang durchbrennt?

Als der Londoner Bezirk Westminster 6 Millionen Pfund für ein intelligentes System für seine 14.000 Straßenlaternen ausgab, rechnete niemand damit, dass der Anbieter ihn bei eingeschalteter Beleuchtung hängen ließ.

Crowdsweeper: Die Drohne, die Landminen aufspürt

Eine Gruppe Studenten arbeitet an einer Drohne, die dabei helfen soll, Landminen schnell, kosteneffizient und mit weniger Gefahr fürs menschliche Leben zu entfernen. 

3D-Druck und DIY-Ansätze als schnelle Hilfe in Katastrophengebieten

Ist 3D-Druck vielleicht die Zukunft effektiver humanitärer Hilfe in Gebieten, in denen die Versorgung knapp ist und eine Infrastruktur kaum vorhanden?

Mit GPS ausgestattes ‚Tumbleweed‘ und Drohnen könnten dabei helfen, Landminen ausfindig zu machen

Die Mine Kafon Foundation testet günstige Methoden, um Landminen ausfindig zu machen und sicher zu entschärfen.