Elfenbein gilt seit Menschengedenken als ein Luxusgut und ist in einigen Teilen der Welt so wertvoll wie Gold. Auch im Jahr 2020 stellt der illegale Handel mit Elfenbein und Rhino-Horn noch immer eine boomende internationale Industrie dar. Oft werden sie als begehrtes Statussymbol von wohlhabenden Tourist*innen aus dem Westen in Koffern nach Hause geschmuggelt. Der größte Markt für die Hörner von Rhinozerossen dürfte Vietnam sein; hier bringen die Hörner, gemessen und bewertet pro Kilo, Zehntausende von Dollar ein. Viele Menschen sind außerdem von dem medizinischen Wert der Stoßzähne und Hörner überzeugt, obwohl dies bisher durch keine wissenschaftliche Studien belegt werden kann.
Die Nachfrage nach Stoßzähnen und Hörnern führt dazu, dass Nashörner und Elefanten vom Aussterben bedroht sind. Bei der gegenwärtigen Geschwindigkeit der Ausrottung wird erwartet, dass beide Arten innerhalb der nächsten zwei Jahrzehnte ausgestorben sein könnten. Noch nie war das Problem so dringlich wie heute.
In afrikanischen Ländern, in denen immer noch Nashörner und Elefanten leben, ist die Wilderei ein besonders großes Problem. Das überrascht nicht allzu sehr, denn Wilderei kann aufgrund der lukrativen Industrie für Elfenbein und Rhino-Horn eben auch äußerst profitabel sein. Zu berücksichtigen ist dabei aber auch, dass es für die lokale Bevölkerung nur einen begrenzten Zugang zu anderen Arten von Erwerbsarbeit gibt – einigen Menschen fehlen schlicht die Alternativen. Hinzu kommen Korruption in der Regierung und die Undurchdringlichkeit von Verbrechersyndikaten, die für die weltweite Wildereiindustrie verantwortlich sind. Was also tun gegen dieses scheinbar unüberwindbare Problem?
Naturschützer*innen haben aufgrund der zunehmenden Dringlichkeit, auch ihre Bemühungen zur Bekämpfung der illegalen Wilderei verstärkt, oft mithilfe von Technologien. Beispiele dafür sind die Überschwemmung des Schwarzmarkes mit künstlichen Rhino-Hörnern oder auch der Einsatz künstlicher Intelligenz, um das Filmmaterial von Kamerafallen nach Beweisen für Wilderei-Verbrechen zu durchforsten. Wilderer auf frischer Tat zu ertappen ist jedoch keine leichte Aufgabe. Oft arbeiten diese nachts – und der Schutz der Dunkelheit macht es nahezu unmöglich, sie über das riesige afrikanische Gelände zu verfolgen.
Hier kommt Air Shepherd ins Spiel. Die Initiative aus Südafrika setzt eine Flotte von Flugdrohnen ein, die mit einer High-Tech-KI ausgestattet sind, um die Savannen zu durchkämmen und Wilderer am Boden aufzuspüren. Die hochentwickelte Technologie wurde ursprünglich für das US-Militär entwickelt, um Straßenbomben im Irak zu identifizieren. Die von der gemeinnützigen Lindbergh Foundation betriebene Initiative soll als „Augen am Himmel“ zur Bekämpfung von Wilderei dienen.
Drohnen verschaffen den Rangern einen Vorteil
Die Drohnen, die wie Miniaturflugzeuge aussehen, werden über Gebieten eingesetzt, in denen es eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für Wilderei gibt, oder wenn das Team einen Hinweis auf eine bevorstehende Aktion von Wilderern erhalten hat. Sobald eine Drohne einen Wilderer entdeckt und den Aufenthaltsort ermittelt, funkt das Team die nächstpositionierten Ranger an, die die Verdächtigen dann abfangen können. Die Technologie ermöglicht es den Rangern, die Oberhand gegenüber Wilderern zu gewinnen.
Die Air-Shepherd-Drohnen erwischen nicht nur Wilderer, sondern sie dienen auch als wichtige Abschreckung für künftige illegale Operationen. In der Dunkelheit verwenden die Drohnen nicht nur gewöhnliche Nachtkameras, sondern auch wärmeempfindliche Bilder, wodurch nicht nur die Tiere, sondern auch die Menschen leicht zu erkennen sind.
Das obige Video von Air Shepherd zeigt die Drohnen in Aktion: Während ihrer lautlosen Operationen in den späten Nachtstunden überwacht das Air-Shepherd-Team mehrere Bildschirme, von denen einige mit GPS-Systemen ausgestattet sind und andere die verdunkelte Savanne zeigen. Auf anderen Aufnahmen sind flüchtende Wilderer zu sehen – hier waren die kleinen Flugdrohnen offenbar erfolgreich.
Air Shepherd startete ursprünglich in Südafrika und ist seit mehr als vier Jahren im Einsatz. In dieser Zeit wurden über 4.000 Einsätze durchgeführt. Inzwischen ist Air Shepherd auch in anderen Ländern des Kontinents aktiv, darunter Malawi und Simbabwe. Unglücklicherweise war jedoch auch die Initiative ganz unmittelbar von der Covid-19-Pandemie betroffen und musste ihre Aktionen reduzieren.
„Es war eine ziemliche Herausforderung in den letzten fünf Monaten, weil wir in Südafrika abgeriegelt waren“, so Otto Werdmuller von Elgg von Air Shepherd. „Die Grenze ist natürlich geschlossen worden.“ Die durch die Pandemie auferlegten Grenzbeschränkungen haben jedoch nicht etwa dazu geführt, dass Air Shepherd seine Bemühungen aufgegeben hat, sondern die Initiative hat diese vielmehr umgelenkt und hat sich in bisher unerforschte Gebiete vorgewagt: „Wir haben an der Küste von Kapstadt zahlreiche Aktivitäten zur Bekämpfung des illegalen Fischfangs unternommen“, berichtet von Elgg. „Wir waren dort sehr erfolgreich, wir hatten ziemlich viele Verhaftungen. Aber natürlich liegt unser Hauptaugenmerk mehr auf Säugetieren. Wir hoffen, dass wir in den nächsten Monaten wieder in die großen Parks und den grenzüberschreitenden Bereich zurückkehren können.“
Doch natürlich kann die Überwachung mit Drohnen nicht die einzige Lösung sein. Vielmehr geht es darum, einen umfassenden Ansatz zu entwickeln, der das Problem der Wilderei bei der Wurzel packt. Unter anderem gehört dazu, die Armut der lokalen Bevölkerung zu reduzieren, so dass diese nicht mehr auf illegale Geschäfte angewiesen sind, um überleben zu können. Wie Otto Werdmuller von Welg betont ist ein wichtiger Schritt, die lokale Bevölkerung selbst als Ranger auszubilden und die Arbeit entsprechend zu entlohnen.
Air Shepherd ist nicht das einzige Projekt, das High-Tech-Drohnen im Umweltschutz nutzt: In Myanmar werden die fliegenden Helfer eingesetzt, um Mangroven zu pflanzen, im Amazonas sollen sie illegale Abholzung verhindern und in Kambodscha wird mithilfe von Drohnentechnologie sogar die Verschmutzung von Flüssen und Meeren durch Plastik bekämpft.
Das englische Original dieses Artikel erschien zuerst auf unserer englischen Seite. Die deutsche Übersetzung stammt von Lydia Skrabania.
Dieser Artikel ist Teil des Dosssiers „Satelliten und Drohnen – Wertvolle Helfer für eine nachhaltige Entwicklung“. Alle Artikel des Dossiers findest du hier: Dossier Satelliten und Drohnen
Das Dossier ist Teil der Projekt-Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), in deren Rahmen wir vier Dossiers über zwei Jahre zum Thema „Chancen und Potenziale der Digitalisierung für eine nachhaltige Entwicklung“ erstellen.
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