Im Jahr 2024 stieg die CO2-Konzentration in der Atmosphäre so drastisch wie nie zuvor seit der ersten Messung im Jahr 1957. Dafür gesorgt haben größtenteils die weiterhin hohen Emissionen durch die Nutzung fossiler Brennstoffe – aber auch eine Vielzahl an Waldbränden. Zunehmende Hitze und Trockenheit durch die Klimakrise begünstigen vielerorts deren Entstehung und Verbreitung. Auch 2025 setzte sich diese Entwicklung fort. 12,9 Megatonnen CO2 wurden in Europa dieses Jahr durch Waldbrände freigesetzt. Dies ist ebenfalls ein neuer Höchstwert. Ein Großteil der Emissionen entstand bei den Bränden in Spanien und Portugal im August, dazu kamen weitere Feuer in der Türkei, auf Zypern und dem Balkan.
Durch verschärfte Umweltbedingungen breiten sich Waldbrände besonders in südlichen Ländern rasant aus und sind schwer zu kontrollieren. Liegt der Brandherd tief im Wald, werden Feuer häufig erst spät erkannt. Dies erschwert die Bekämpfung. Das Startup Dryad aus Brandenburg hat eine Lösung entwickelt, um Waldbrände frühzeitiger zu erkennen und so schneller handeln zu können. Mit Hilfe von Sensoren und KI erhalten Wälder eine eigene „Digitale Nase“, die im Brandfall Alarm schlägt und so dazu beiträgt, eine Ausbreitung des Feuers zu verhindern.
Wie funktioniert die „Digitale Nase“ von Dryad?
Spricht Dryad CEO Carsten Brinkschulte von der „Digitalisierung des Waldes“, kann dies gemischte Gefühle auslösen. Die Digitalisierung ist inzwischen in so gut wie alle Lebensbereiche vorgedrungen. Der Wald ist dabei für viele Menschen ein Rückzugsort geblieben und war bisher weitestgehend frei von digitaler Technologie. Befasst man sich näher mit der Lösung von Dryad, wird jedoch schnell klar, dass diese mit minimalen sichtbaren Veränderungen für den Lebensraum Wald einhergeht – und gleichzeitig großes Potenzial hat, ihn zu schützen.
Die „Digitale Nase“ von Dryad ist ein Sensor, der mithilfe von KI die chemische Komposition von Gasen in der Luft analysiert. Er erkennt Gase wie Wasserstoff und Kohlenmonoxid schon in sehr geringen Mengen. Die dazugehörige KI wurde darauf trainiert, aus Sensordaten Brandindikatoren zu erkennen. Dies kann zum Beispiel der plötzliche Anstieg von Kohlenmonoxid in der Luft sein. Dadurch „riecht“ der Sensor Rauch und Feuer bereits in der Schwelphase, noch bevor offene Flammen entstehen. Das KI-basierte Modell ermöglicht es zudem, vom Sensor erfasste Gerüche verschiedenen brennenden Holzarten zuzuordnen.
Digitale Infrastruktur im Wald
Der Dryad-Sensor wird mit Hilfe eines Holznagels am Baumstamm befestigt. Eine Cloud-Plattform verbindet die Sensoren zu einer digitalen Netzwerkinfrastruktur. Dafür benötigt es etwa einen Sensor pro Hektar Waldfläche. Derzeit sind weltweit bereits über 20.000 Sensoren im Einsatz. Erkennt ein Sensor ein Rauchgasmuster, wird das Signal über ein Mesh Gateway und ein Border Gateway weitergeleitet und Einsatzleitstellen via Funk automatisch alarmiert. Neben Gasmustern misst der Sensor auch Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftdruck.
Im Libanon und in Thailand konnten durch die Dryad-Technologie bereits Waldbrände frühzeitig erkannt und bekämpft werden.
Für den Einsatz im Wald müssen die Dryad-Sensoren robust gegen Witterungseinflüsse und Tierkontakte sein. Gleichzeitig dürfen sie kaum Energie verbrauchen. Dryad setzt daher auf Solar Panels und sogenannte Superkondensatoren statt Batterien. Dadurch werden die Sensoren auch ressourcenschonend und umweltfreundlich betrieben. Außwerdem wählt Dryad nach eigenen Angaben seine Lieferanten sorgfältig aus und überprüft die Betriebsabläufe anhand strenger ökologischer Kriterien, um den eigenen ökologischen Fußabdruck zu minimieren.
Frühwarnsystem zur Bekämpfung von Waldbränden
Der Vorteil der Sensoren liegt im Zeitgewinn: Je frühzeitiger ein Brand erkannt wird, desto schneller kann die Ausbreitung bekämpft werden. Durch den Einsatz am Boden, in Echtzeit und in Verbindung mit KI, decken die Dryad-Sensoren im Monitoring von Wäldern die kritische Phase der Feuerentstehung ab, die für das Ausmaß des Schadens entscheidend sein kann. Die „Digitale Nase“ trägt so zu einem effektiven Feuer-Frühwarnsystem bei und ergänzt damit andere Technologien.
Von der „Digitalen Nase“ zum „Digitalen Ohr“
Dryad vernetzt den Wald – und schafft damit die Basis, künftig noch mehr Datenquellen zu integrieren, Analysen zu verfeinern und Brandrisiken frühzeitiger zu erkennen. Richtig eingesetzt, können vernetzte Systeme, die Sensorik, Satelliten, Bildaufnahmen und KI kombinieren, Wälder schützen und einen Beitrag zur Reduzierung von CO2 leisten.
Die Einsatzmöglichkeiten der Dryad Technologie beschränken sich jedoch nicht auf die Waldbrandbekämpfung. „Sobald man eine digitale Netzwerkinfrastruktur im Wald hat, sind die Möglichkeiten endlos“, betont CEO Carsten Brinkschulte. Zu den weiteren Plänen des Startups erklärt er: „Wir haben eine digitale Nase im Wald – jetzt bauen wir ein digitales Ohr.“ Künftig sollen Mikrofone Geräuschmuster erkennen, um Wilderei und Holzdiebstahl zu bekämpfen. Ein vergleichbares Projekt ist übrigens Rainforest Connection. Natürlich sollte insbesondere bei der Geräuscherkennung der Datenschutz berücksichtigt werden.
Interessante Projekte im Bereich Waldschutz gibt es derzeit auch in Hessen und Bayern:
In Hessen testen Forschende derzeit, wie Drohnen und KI Waldbrände frühzeitig erkennen können. Drohnen liefern Echtzeit-Aufnahmen kontrollierter Feuer, die anschließend mittels KI analysiert werden.
In Bayern haben Wissenschaftler der Technischen Universität München ein datenbasiertes Simulationsmodell („digitaler Zwilling“) für den Nationalpark Berchtesgaden entwickelt, das die langfristigen Folgen des Klimawandels auf den Bergwald analysiert und Risiken prognostiziert.



