Die Mikrokreditlüge?

Badam Devi is a first time sarpanch (village head) from Tonk district of Rajasthan. Since her election in 2010, she has already taken concrete steps towards towards getting school boundaries built, 450 Below Poverty Line cards released and 50 widow pensions approved. As an illiterate, shy homemaker and agriculture labourer, she learnt about her work during trainings organized by UN Women and The Hunger Project. She now regularly monitors the schools in her village to ensure that teachers attend and mid-day meals are provided to the children.

Mikrokredite sind ein nicht unumstrittener Ansatz der Entwicklungshilfe, um Menschen den Weg aus der Armut zu ermöglichen. Während z.B. Muhammad Yunus sogar einen Friedensnobelpreis für die Idee seiner Grameen Bank bekam, bezeichnet Kathrin Hartmann Mikrofinanzen als ein Geschäft mit der Armut. Was ist dran daran?

Autor*in Sarah-Indra Jungblut, 17.01.12

 

In dem in der FR erschienen Artikel Armutsbekämpfung: Die Mikrokredit-Lüge dekonstruiert Kathrin Hartmann die Idee, dass die Vergabe von Mikrokrediten ein wirksamer Ansatz der Armutsbekämpfung ist. Sie würden, so das Resümee, weniger den Armen als dem globalen Finanzkapital dienen. Somit sind sie kein Akt der Menschlichkeit, sondern die Fortsetzung einer neoliberalen Entwicklungspolitik; die hohe Staatsverschuldung der armen Länder wird auf die Individuen ausgeweitet. Hierzu zitiert sie einige Studien, die allesamt nachweisen, dass die Kleinkredite nicht helfen, sondern oftmals die Menschen noch tiefer in die Armut treiben, da ein wenig Geld sich nicht allein und automatisch vermehrt. Um die Kredite zurück zahlen zu können, muss auch eine Einnahmequelle entstehen, die regelmäßige Gewinne abwirft. Doch was auch in Deutschland schwierig ist – hier ist nur an das gescheiterte Beispiel der Ich-AG zu denken – ist in Regionen mit instabilen Märkten, widrigen klimatischen Bedingungen und niedrigen, ja sogar ausbeuterischen Lohnverhältnissen oft nahezu unmöglich.

Die sich an den Artikel anschließende Diskussion ist äußerst lesenswert, da hier durchaus fundiert argumentiert wird. Vor allem sind die Kommentator_Innen bemüht, die Einseitigkeit des Beitrags in seiner Haltung gegen Mikrokredite zu widerlegen.

Was ich vor allem daraus lese ist, dass es nach aktuellem Forschungstand keine pauschale Einordnung von Mikrokrediten gibt. Ich bin mir sicher, dass auch mit diesem Ansatz genug Schindluder getrieben wird und viele darin eine Möglichkeit entdeckt haben, sich auf Kosten anderer zu bereichern – in diesem Fall umso dramatischer, da es auf Kosten derer geht, die sowieso schon nichts haben. Doch wie so oft kann man ein Instrument/ eine Idee nicht allein danach beurteilen, was damit auch gemacht wird. Kaum ein Idee ist so gut, dass sie sich nicht in den falschen Händen ihr Gegenteil verkehren kann.

Für Mikrofinanzen heißt das: In den richtigen Händen kann mit ein wenig Geld Menschen geholfen werden. Doch denke auch ich, dass nicht an erster Stelle Banken mit einem Gewinninteresse dafür verantwortlich sein sollten, sondern es eines integrierten Ansatzes Bedarf. Also einerseits eine kompetente individuelle Beratung und Begleitung der Menschen, die selbst aktiv werden und neue Wege gehen wollen, andererseits aber auch eine Investition in die Strukturen einer Region, um einen stabilen Rahmen zu schaffen. Nur wo Strom ist, können Maschinen betrieben werden, nur wo Wasser zur Verfügung steht und Wissen und Austausch über geeignete Anbaumethoden vorhanden ist können erfolgreiche Existenzen gegründet werden.

Vielversprechend sind mehrdimensionale Ansätze von NGOs oder speziellen Microfinanz-Institutionen (MFI), die armen Menschen zu einem selbstbestimmten Leben verhelfen. Wie z.B. die MFI Fonkoze in Haiti. Hier ist der Weg aus der Armut vierstufig und schliesst Bildungs- und Gesundheitskurse, Minikredite mit Begleitung, Solidaritätsgruppen und Midikredite für Kleinunternehmen mit ein.

Mikrofinanzen sind kein Allheilmittel und auch nicht per se gut oder hilfreich, können aber aus der Armut führen, wenn sie in Entwicklungsstrategien eigebettet sind, die Bildung, Gesundheit, faire und nachhaltige Arbeitsbedingungen ermöglichen. Doch das Bedarf auch einen Wandel in unserer Gesellschaft. Nur wenn wir uns für verbessertet Arbeitsbedingungen, gegen Kinderarbeit, für faire Löhne einsetzen, können auch angemessene Löhne ausgezahlt werden. Die Kausalitätskette ist lang!

Mehr über das Konzept der Mikrokredite erfährst Du in dem Artikel Mikrofinanzen – Finanzdienstleistungen für kleine Leute

MARKIERT MIT
Mikrofinanzen – Finanzdienstleistungen für kleine Leute

Spätestens seit der Gründer der Grameen Bank Muhammad Yunus 2006 den Friedensnobelpreis erhielt für seine Bemühungen, die Armut in Bangladesh zu reduzieren, ist der Begriff Mikrofinanzen bzw. Mikrokredite für die meisten kein Fremdwort mehr. Doch wie hilfreich ist die Vergabe von Kleinstkrediten im Kampf gegen die Armut wirklich?