Orkane könnten unsere Städte jahrelang mit Energie versorgen

Kann die zerstörerische Kraft von Stürmen unser Stromnetz mit Energie versorgen?

Stürme und Unwetter können verheerende Schäden anrichten. Aber in der Energie, die sie freisetzen, liegt zugleich großes Potenzial für die erneuerbare Energiegewinnung.

Autor*in Tristan Rayner:

Übersetzung Tristan Rayner, 09.10.17

Mit jedem Sturm wird eine gigantische Menge Energie freigesetzt, die wir potenziell nutzbar machen könnten. Die kinetische Energie, die z.B. bei einem Taifun frei wird, entspricht etwa der Hälfte der weltweiten Stromerzeugungskapazität. Für die erneuerbare Energiegewinnung ist es jedoch eine große Herausforderung, diese ungeheuren Kräfte zu bändigen. So können herkömmliche dreiblättrige Windräder nur bis zu bestimmten Windgeschwindigkeiten betrieben werden; während eines Sturms müssen sie abgeschaltet werden, damit die Rotorblätter und Turbinen keinen Schaden nehmen.

Doch dank einer japanischen Erfindung könnte es schon bald möglich sein, Energie aus starken Sturmwinden zu gewinnen. Die sogenannte „Typhoon Turbine“, eine wie ein Schneebesen geformte Windturbine, wurde entwickelt, um den Taifunen, die jedes Jahr 20 bis 30 Mal Japans Küste treffen, zu trotzen und die Windenergie der Stürme einzufangen.

Der japanische Ingenieur Atsushi Shimizu, der mit seinem Unternehmen Challenergy hinter der Entwicklung der Turbine steckt, ist überzeugt, dass bereits ein einziger Taifun ganz Japan für 50 Jahre mit Energie versorgen könnte. Und laut Shimizu könnte die Turbine auch andernorts zum Einsatz kommen. Auch starke Stürme wie Hurrikane, die erst vor kurzem Mittel- und Nordamerika heimgesucht haben, Winterstürme, die durch Europa fegen oder Zyklone, die vor allem die Südhalbkugel gefährden, könnten nutzbar gemacht werden.

Die „Typhoon Turbine“ hält auch Orkanen stand

Die „Typhoon Turbine“ dreht sich auf einer omnidirektionalen Achse und erzeugt so Energie. Anstelle von Propellerblättern wie bei herkömmlichen Windrädern ist die Turbine mit drei vertikalen, rotierenden Zylindern ausgestattet. Um zu verhindern, dass die Drehung außer Kontrolle gerät, kann deren Rotation sowie Geschwindigkeit begrenzt werden. Auf diese Weise wird ermöglicht, dass die Turbine selbst starken, unberechenbaren und böigen Winden widersteht.  

Der Schlüssel dahinter ist der sogenannte Magnus-Effekt, die Querkraftwirkung, die dazu führt, dass ein rotierender Körper von einer geraden Bahn abgelenkt wird. Ein Beispiel für dieses Phänomen ist die „Bananenflanke“, bei der Fußballer den Ball mit gekrümmter Flugbahn vor das gegnerische Tor schießt. Auf kurze Distanz ist dies kaum zu erkennen, aber in diesem Video wird der Effekt gut sichtbar:

In ersten Tests eines frühen Prototyps wurden knapp 30 Prozent Wirkungsgrad erreicht – weniger als bei herkömmlichen Windkraftanlagen, deren Effizienz bei rund 40 Prozent liegt. Aber während eines Sturms entfaltet sich das ganze Potenzial der Typhoon Turbine: Im Gegensatz zu einfachen Windrädern übersteht sie heftige Böen, bei denen in kurzer Zeit riesige Energiemengen erzeugt werden.

Die Schwierigkeit besteht darin, diese plötzlich erzeugten Energiemengen zu speichern und längerfristig nutzbar zu machen. Dies könnte zum Beispiel über Megabatterien, Druckluftkraftwerke oder sogar Pumpspeicherkraftwerke am Meeresboden erreicht werden. Allerdings ist jede dieser Speichermethoden wiederum mit ganz eigenen Herausforderungen konfrontiert.

Im August 2016 wurde der erste, sieben Meter hohe Prototyp der Typhoon Turbine auf der südlichen Insel von Okinawa errichtet und hielt dort selbst Winden stand, die ein herkömmliches Windrad beschädigt hätten. Weitere Tests sollen auf Hokkaido erfolgen, das ebenfalls oft von Stürmen heimgesucht wird. Und eine Lösung zur Energiespeicherung gibt es auf der Insel auch: Dort hat ein Energieunternehmen bereits riesige Batterien installiert.

Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Lydia Skrabania und erschien zuerst auf unserer englischsprachigen Seite.

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