Mal ehrlich: wie häufig gehst du mit Beschwerden tatsächlich zum Arzt? Termine in drei Monaten, überlaufene Wartezimmer und das fehlende Vertrauen in unbekannte Ärzte sorgen dafür, dass Gesundheitsprobleme oft eher laienhaft mit Dr. Google und der Hausapotheke versorgt werden, statt sie ärztlich abzuklären. In Ländern, in denen eine Krankenversicherung zudem ein Luxusgut ist, fehlt für viele Menschen gänzlich die medizinische Versorgung. Die Artefact Group aus dem US-amerikanischen Seattle sieht den Einsatz von künstlicher Intelligenz als eine Möglichkeit, mehr Menschen an das Krankensystem anzugliedern und eine schnelle medizinische Versorgung zu gewährleisten. Ihre Idee: Gesundheitsdaten von Patienten sollen kontinuierlich durch intelligente Einrichtungsgegenstände und Wearables, wie beispielsweise Fitnesstracker, erfasst werden. Bei bedenklichen Werten rollt selbstständig eine mobile Klinik heran, welche die Erstversorgung eines Patienten übernimmt.
Wie genau funktioniert die Diagnose mit KI?
Die erste Schwelle dieses Konzeptes tauft die Artefact Group auf den Namen „Aim“. Eine App sammelt die durch intelligente Einrichtungsgegenstände, wie Waage, Spiegel oder Toilette, und Wearables übermittelten Gesundheitsdaten eines Patienten und speichert diese in einer virtuellen Krankenakte ab. Werden kritische Werte gemessen, macht sich eine selbstfahrende, auf künstlicher Intelligenz basierende Mini-Klinik auf den Weg zum Patienten. Der Gesundheitszustand des Patienten wird in dem Gefährt gescannt und analysiert und eine erste Diagnose erfolgt. Handelt es sich um eine leichte Krankheit, wie beispielsweise eine Erkältung oder einen Infekt, händigt die Klinik selbsttätig Medikamente aus. Der Vorteil: Der kranke Patient spart sich den mühsamen Weg zum Arzt und erhält schnell medizinische Versorgung.
Handelt es sich um eine ernstere Erkrankung, übermittelt die fahrende Klinik die Patientendaten an einen Arzt und fährt den Patienten in die Praxis oder die Klinik.
Auf diese Weise sollen Ärzte entlastet werden, um sich auf schwierigere Fälle zu konzentrieren und zudem durch die von Aim gesammelten Patientendaten bessere Rückschlüsse auf mögliche Krankheitsursachen ziehen können. Bei wechselnden Ärzten wäre zudem die lückenlose Kommunikation der Krankengeschichte unproblematisch möglich.
Aim: Vision der Zukunft
Da die Umstellung auf ein solches System ein hohes Investitionsvolumen verlangen würde, ist das Konzept bis dato eindeutig als Zukunftsmusik zu verstehen. Auch wäre zu überprüfen, wie beispielsweise alternative Therapieformen zur Schulmedizin und die Unabhängigkeit von der Pharmaindustrie gewährleistet werden könnten. Wenn derart sensible Daten bezüglich des Gesundheitszustands einer Person permanent erhoben werden stellt sich zudem die Frage, wie sichergestellt wird, dass diese nicht in falsche Hände geraten.
Dennoch wäre eine Konzept wie jenes der Artefact Group interessant dafür, medizinische Versorgung auch für diejenigen zugänglich zu machen, die den Gang zum Arzt nicht antreten können oder wollen. Mit Scan-Funktionen, Blutwertmessgeräten etc. ausgestattet, könnte eine mobile Klinik auch gesellschaftlich entlegene Bereiche erreichen. Es lohnt sich also in jedem Fall, künstliche Intelligenz im medizinischen Bereich weiter zu denken und man darf gespannt auf die Implementierung neuer Technologien im medizinischen Sektor warten.
Wie kann KI im Umwelt- und Klimaschutz wirkungsvoll eingesetzt werden? Welche spannenden Projekte gibt es? Was sind die sozial-ökologischen Risiken der Technologie und wie sehen Löungen aus? Antworten und konkrete Handlungsempfehlungen geben wir in unserem Greenbook(1) „KI und Nachhaltigkeit – Können wir mit Rechenleistung den Planeten retten?“.