Diagnose und Pillen aus dem Kastenwagen: Ist das der Arzttermin der Zukunft?

Die selbstfahrende Klinik von Aim stellt Diagnosen von unterwegs

Die Artefact Group aus Seattle will das Gesundheitssystem durch künstliche Intelligenz revolutionieren. Mit einer mobilen, selbstfahrenden Klinik sollen Ärzte entlastet und Patienten schneller versorgt werden können.

Autor*in Laura Wagener, 19.07.17

Übersetzung Laura Wagener:

Mal ehrlich: wie häufig gehst du mit Beschwerden tatsächlich zum Arzt? Termine in drei Monaten, überlaufene Wartezimmer und das fehlende Vertrauen in unbekannte Ärzte sorgen dafür, dass Gesundheitsprobleme oft eher laienhaft mit Dr. Google und der Hausapotheke versorgt werden, statt sie ärztlich abzuklären. In Ländern, in denen eine Krankenversicherung zudem ein Luxusgut ist, fehlt für viele Menschen gänzlich die medizinische Versorgung. Die Artefact Group aus dem US-amerikanischen Seattle sieht den Einsatz von künstlicher Intelligenz als eine Möglichkeit, mehr Menschen an das Krankensystem anzugliedern und eine schnelle medizinische Versorgung zu gewährleisten. Ihre Idee: Gesundheitsdaten von Patienten sollen kontinuierlich durch intelligente Einrichtungsgegenstände und Wearables, wie beispielsweise Fitnesstracker, erfasst werden. Bei bedenklichen Werten rollt selbstständig eine mobile Klinik heran, welche die Erstversorgung eines Patienten übernimmt.

Wie genau funktioniert die Diagnose mit KI?

Die erste Schwelle dieses Konzeptes tauft die Artefact Group auf den Namen „Aim“. Eine App sammelt die durch intelligente Einrichtungsgegenstände, wie Waage, Spiegel oder Toilette, und Wearables übermittelten Gesundheitsdaten eines Patienten und speichert diese in einer virtuellen Krankenakte ab. Werden kritische Werte gemessen, macht sich eine selbstfahrende, auf künstlicher Intelligenz basierende Mini-Klinik auf den Weg zum Patienten. Der Gesundheitszustand des Patienten wird in dem Gefährt gescannt und analysiert und eine erste Diagnose erfolgt. Handelt es sich um eine leichte Krankheit, wie beispielsweise eine Erkältung oder einen Infekt, händigt die Klinik selbsttätig Medikamente aus. Der Vorteil: Der kranke Patient spart sich den mühsamen Weg zum Arzt und erhält schnell medizinische Versorgung.

© Artefact Group Bei leichten Erkrankungen stellt die Aim-Klinik eine Diagnose und verschreibt sogar Medikamente

Handelt es sich um eine ernstere Erkrankung, übermittelt die fahrende Klinik die Patientendaten an einen Arzt und fährt den Patienten in die Praxis oder die Klinik.

Auf diese Weise sollen Ärzte entlastet werden, um sich auf schwierigere Fälle zu konzentrieren und zudem durch die von Aim gesammelten Patientendaten bessere Rückschlüsse auf mögliche Krankheitsursachen ziehen können. Bei wechselnden Ärzten wäre zudem die lückenlose Kommunikation der Krankengeschichte unproblematisch möglich.

Aim: Vision der Zukunft

Da die Umstellung auf ein solches System ein hohes Investitionsvolumen verlangen würde, ist das Konzept bis dato eindeutig als Zukunftsmusik zu verstehen. Auch wäre zu überprüfen, wie beispielsweise alternative Therapieformen zur Schulmedizin und die Unabhängigkeit von der Pharmaindustrie gewährleistet werden könnten. Wenn derart sensible Daten bezüglich des Gesundheitszustands einer Person permanent erhoben werden stellt sich zudem die Frage, wie sichergestellt wird, dass diese nicht in falsche Hände geraten.

Dennoch wäre eine Konzept wie jenes der Artefact Group interessant dafür, medizinische Versorgung auch für diejenigen zugänglich zu machen, die den Gang zum Arzt nicht antreten können oder wollen. Mit Scan-Funktionen, Blutwertmessgeräten etc. ausgestattet, könnte eine mobile Klinik auch gesellschaftlich entlegene Bereiche erreichen. Es lohnt sich also in jedem Fall, künstliche Intelligenz im medizinischen Bereich weiter zu denken und man darf gespannt auf die Implementierung neuer Technologien im medizinischen Sektor warten.
Wie kann KI im Umwelt- und Klimaschutz wirkungsvoll eingesetzt werden? Welche spannenden Projekte gibt es? Was sind die sozial-ökologischen Risiken der Technologie und wie sehen Löungen aus? Antworten und konkrete Handlungsempfehlungen geben wir in unserem Greenbook(1) „KI und Nachhaltigkeit – Können wir mit Rechenleistung den Planeten retten?“.

Mit künstlicher Intelligenz die nächste Epidemie vorhersagen

AIME ist ein Startup, das seine KI mit gesundheitsrelevanten Daten füttert, um so den Ausbruch von Epidemien im Voraus zu erkennen. Und das recht punktgenau: im Falle von Dengue in einem Radius von 400 Metern.

Die Berliner NGO CADUS schickt ein mobiles Krankenhaus nach Syrien

In vielen Gegenden Syriens sind fast alle Krankenhäuser zerstört. Und dem Wiederaufbau steht die schwierige politische Lage im Weg. Um trotzdem möglichst schnell medizinische Hilfe zu leisten hat CADUS ein Krankenhaus auf Rädern entwickelt – in wenigen Wochen geht die Reise los.

CorrelAid: Big Data mal ganz sozial

Du magst Daten? Toll! Bei CorrelAid bekommst du kostbare Berufserfahrung und setzt dich zugleich für gemeinnützige Zwecke ein. Datenanalyse für einen guten Zweck sozusagen.

Philippinen: mit Tablet für eine bessere Gesundheitsversorgung

Eines der Millenium-Entwicklungsziele der Philippinen ist die Verbesserung der Gesundheit von Müttern und Kindern. Zwar ist in den letzten Jahren die Zahl der Müttersterblichkeit zurückgegangen, doch reicht dies lange nicht aus, um das Ziel zu erreichen. Community Health Teams nutzen jetzt Tablets, um ihre Gesundheitsversorgung zu verbessern und zuverlässiger zu machen - dank e-AKap.

Gesundheitsversorgung per Handy: Jaroka Tele-Healthcare hilft Pakistans kranker Landbevölkerung

7,4 Prozent der Bevölkerung Pakistans sind mit Hepatitis Typ A oder E infiziert. Ein großer Teil der Menschen lebt in abgelegenen Regionen und hat so nur sehr schwer - wenn überhaupt - Zugang zur Gesundheitsversorgung. Jaroka Tele-HealthCare verbindet Landärzte per IKT mit Experten weltweit und ermöglicht Erkrankten bestmögliche medizinische Versorgung. 

Big Data

Wenn Google entscheidet, welche Seiten wir sehen sollen und Amazon Artikel verschicken will, schon bevor sie bestellt wurden, dann kann man sich sicher sein, dass Big Data im Spiel ist. Doch woher kommen diese als Big Data bezeichneten Daten eigentlich, was bedeuten sie für uns und können sie sinnvoll eingesetzt werden?