Deutschland wird nachhaltig. Wirklich? 2030 Watch gibt Antworten

Im September 2015 beschlossen die UN-Mitgliedsstaaten die nachhaltigen Entwicklungsziele. Das Besondere: Im Gegensatz zu den ausgelaufenen Milleniumsentwicklungszielen betreffen die Ziele dieses Mal alle Staaten. Ob Deutschland auf einem guten Weg ist, beobachtet das Projekt 2030 Watch.

Autor*in Marius Hasenheit, 25.04.16

Die neuen 17 Ziele umfassen mit ihren 169 Unterzielen so ziemlich alles – von nachhaltiger Landwirtschaft zum Müllaufkommen bis hin zu sozialer Ungleichheit. In Deutschland sollen diese nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) in der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie verankert werden. Doch mit welchen Indikatoren können  die  Ziele gemessen werden – wird Deutschland wirklich nachhaltiger?

2030 Watch hat bei weitem keinen leichten Job. Das Team recherchierte unzählige Datensätze wie zum Beispiel die der EU-Statistikbehörde Eurostat, der Weltbank und der Weltgesundheitsorganisation WHO, suchte die Passendsten aus, bereitete sie auf  und visualisierte die Daten auf einer Homepage. Die Frage, wie jeweils der Trend aussieht, ist meist leicht zu beantworten: Entweder die Kurve mit dem Anteil der Recyclingrate, der Biomasseverbrauch oder die Jugendarbeitslosigkeit steigt oder fällt ab.

Aber was sind eigentlich die genauen Zielmarken? Sind 5,4 Prozent Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland (das ist der momentane Stand) schon „gut“? Um ambitionierte und zugleich realistische Zielsetzungen zu ermitteln, wühlt sich das 2030 Watch-Team durch internationale und nationale Abkommen und Zielsetzungen. Die gibt es zum Beispiel im Feld der Stromerzeugung, dank der Energiewende, durchaus. Bei Indikatoren, die beispielsweise den Anteil der Übergewichtigen messen, wird es schon schwieriger – wir müssen uns fragen: Wieviel „schlecht“ ist schon „gut“ und was nehmen wir uns als Gesellschaft zum Ziel?

Das Besondere an der Herangehensweise von 2030 Watch ist, dass sie nicht nur Licht in den Dschungel der Indikatoren und Ziele bringen, sondern auch Transparenz. Ihre gesamte Arbeit, inklusive der aufgearbeiteten Datensätze sind auf der Plattform Github veröffentlicht. Doch man muss sich nicht die Datensätze selber anschauen, um einige Überraschungen zu erleben, die Visualisierungen auf der 2030 Watch-Homepage reichen völlig aus. Zwar gilt Deutschland als umweltpolitischer Vorreiter und engagiert in der Entwicklungszusammenarbeit, doch die Indikatoren zeigen auch die Schatten. So liegt das Müllaufkommen pro Kopf in Deutschland beispielsweise bei 614 Kilogramm pro Kopf und Jahr – das ist etwa 140 Kilogramm über dem europäischen Mittel. Auch werden immer mehr Waffen aus Deutschland geliefert und  die soziale Ungleichheit hat sich verschärft.

Die Indikatoren zeigen jeweils, dass es meist schlechter, aber auch wesentlich besser geht. So veröffentlichen derzeit beispielsweise nur 18 von den 27 EU-Staaten Berichte zu ihren Waffenexporten – dabei verpflichteten sich alle Staaten 2008 dazu. Da Waffenexporte auf dem diplomatischen Parkett ein sehr sensibles Thema sind, wurden die Zahlen dazu nicht in den offiziellen Indikatorenkatalog der SDGs aufgenommen. 2030 Watch gibt die Zahlen aber dennoch als ergänzenden Indikatoren an. Hier zeigen sich die Vorteile, dass das Projekt als Teil einer Nichtregierungsorganisation unabhängig ist und auch Themen, die gern ausgelassen werden, angehen kann.

Die Organisation hinter 2030 Watch, die Open Knowledge Foundation Deutschland, ist ein gemeinnütziger Verein, der sich für die Verbreitung von freiem Wissen in der Gesellschaft einsetzt. Ihre Projekte unterstützen oftmals Bürger, Journalisten und Organisationen dabei, an Informationen zu kommen und sich zu beteiligen. Ihre Erfahrungen und ihr Netzwerk sind für die Arbeit von 2030 Watch sehr wertvoll.

Bleibt zu hoffen, dass das Projekt bis 2030 vor allem positive Nachrichten über den Stand in Deutschland bezüglich der nachhaltigen Entwicklungsziele berichten kann. Wer die Entwicklungen genauer beobachten oder Ideen, Erfahrungen oder Feedback einbringen möchte, kann sich gerne bei dem Team melden!
 

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