Der Müllberg Südostasiens wächst – kann Abfallverbrennung eine Lösung dafür sein?

Japans Müllberge werden stetig größer, vor allem die der Kunststoffabfälle. Bewältigen will das Land dieses Problem durch Müllverbrennungsanlagen – und andere südostasiatische Länder nehmen sich daran ein Beispiel.

Autor RESET :

Übersetzung RESET , 14.11.19

Olympische Medaillen aus recycelten Edelmetallen alter Mobiltelefone, Podeste aus Plastik, das aus dem Meer gefischt wurde, und für die Fackelträger Uniformen aus Plastikflaschen – das sind nur einige Beispiele des Nachhaltigkeitskonzepts, die man bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio erwarten kann.

Tatsächlich ist Japan, abgesehen von solchen Spielereien, ein Land, in dem die Frage der Abfallproblematik, insbesondere der Plastikabfälle, nicht ignoriert werden kann. Japan hat so viel davon, dass man darauf herumlaufen kann; in den 1920er Jahren begann man, ganze künstliche Inseln aus Deponien zu bauen. Eine dieser Inseln, Yumenoshima, ist sogar als Ort für das olympische Bogenschießen vorgesehen. Als Land mit dem weltweit zweitgrößten Pro-Kopf-Verbrauch von Kunststoffabfällen, gepaart mit begrenzter Landmasse, rascher Industrialisierung und hoher Bevölkerungsdichte, steht Japan seit langem vor der Herausforderung, innovative Wege zu finden, um mit all dem, was weggeworfen wird, umzugehen.

Offiziell recycelt Japan 84 Prozent seiner Kunststoffabfälle. Klingt super, oder? Nun ja. Auch wenn einige Regionen Japans sicherlich viel Energie in die Sortierung von Wertstoffen investieren, durchläuft der Großteil dieser Kunststoffabfälle, schätzungsweise 60 Prozent davon, das sogenannte „thermische Verwertung. Hinter diesem Begriff verbirgt sich nichts anderes als die Verbrennung von Abfällen, bei der teils auch Energie als Nebenprodukt anfällt. Japan verfügt derzeit über mehr als 1.000 Verbrennungsanlagen, davon rund 380 Müllheizkraftwerke, in denen also durch die Verbrennung von Abfall Energie erzeugt wird.

Man könnte argumentieren, dass Müllverbrennung nicht immer gleich schlecht ist. Bei richtiger Durchführung – d.h. unter Verwendung moderner „umweltfreundlicher“ Verbrennungstechnologien und Ultrahochtemperaturöfen – entstehen keine schädlichen Nebenprodukte wie Dioxine; Filter können außerdem verhindern, dass Schadstoffe in die Luft gelangen. Und natürlich kann dabei auch Energie gewonnen werden. Aber: Der Verbrennungsprozess erzeugt immer noch klimaschädliche Gase und der bei der Abfallverbrennung erzeugte Strom weist nachweislich deutlich höhere Treibhausgasemissionen auf als Strom, der mit konventionellen Mitteln, wie beispielsweise fossilem Gas, erzeugt wird. Hinzu kommt, dass Japan dadurch, dass es sich auf die Verbrennung seiner Abfälle konzentriert, das Problem praktisch aus den Augen verliert und seine Recyclingquoten künstlich erhöht, anstatt die eigentlichen Ursachen des Problems anzugehen

Südostasiatische und andere Inselstaaten wollen nun japanischen Abfallmanagement-Technologien, einschließlich Müllverbrennungsanlagen, übernehmen, weil sie mit Abfällen überhäuft sind. Diese stammen jedoch nicht nur von ihnen selbst, sondern auch aus Abfall-Importen aus anderen Ländern. Seit dem Inkrafttreten der chinesischen „National Sword“-Politik im Januar 2018, die den Import vieler Kunststoffe und anderer Materialien verbietet, tragen andere Länder Südostasiens die Hauptlast der umgeleiteten Abfälle, darunter Vietnam und Malaysia. Laut Greenpeace stiegen die Importe von Kunststoffabfällen nach Malaysia von 168.500 Tonnen im Jahr 2016 auf 456.000 Tonnen im ersten Halbjahr 2018 – hauptsächlich aus Großbritannien, Deutschland, Spanien, Frankreich, Australien und den USA.

In Ländern wie Singapur und Thailand wurden bereits probeweise Müllverbrennungsanlagen eingeführt, außerdem etwa zehn weitere in den Mitgliedsstaaten des Verbandes Südostasiatischer Nationen (ASEAN).

Und in Japan will man vom eigenen Fachwissen in diesem Bereich zu profitieren: Im Fiskalbudget für das Jahr 2019 wurden knapp 18,6 Millionen US-Dollar für die Entwicklung von Angeboten und Ausschreibungen für Entsorgungsgeschäfte in Südostasien bereitgestellt.

Kann die Verbrennung von Abfällen jemals wirklich nachhaltig sein?

Das Geschäft der Abfallwirtschaft wird in Zukunft nur noch größer werden. Der weltweite Markt für Müllverbrennungsanlagen könnte nach Schätzungen bis 2022 ein Volumen von 80 Milliarden US-Dollar erreichen. Das birgt jedoch auch gefahren: Wenn der Bereich zu schnell wächst, könnte das dazu führen, dass z.B. Abfall nicht richtig sortiert wird und zu viel organisches Material enthält, können nicht ausreichend hohe Temperaturen erreicht werden, was zur Bildung von schädlichen Giftstoffen führt. Dies hat bereits einige lokale Gemeinschaften und Gruppen der Zivilgesellschaft veranlasst, gegen die Umwelt- und Gesundheitsbelange geplanter Waste-to-Energy-Projekte in der Region zu protestieren.

Ja, es gibt ein großes, ein globales Problem der Kunststoffverschmutzung – nicht zuletzt, weil der Westen seinen Müll in andere Länder abschiebt. Dennoch: Kann Müllverbrennung eine nachhaltige Lösung für diese Länder sein? Verbrennungsanlagen mit einem guten Management können für Länder mit einem ständig wachsenden Abfallproblem als praktische Lösung erscheinen, hingegen werden schnell errichtete Anlagen oder Anlagen mit einem schlechten Management nur noch mehr Umweltprobleme verursachen.

Was wir tun müssen – auch im Westen! – ist, uns um eine drastische Reduzierung der Abfallproduktion (insbesondere der Kunststoffabfälle) weltweit zu bemühen. Und wir müssen vor allem die Regierungen und Unternehmen dazu anhalten, ihre Macht zu nutzen, um Abfälle bereits an der Quelle zu reduzieren.

Das Europäische Parlament hat im März dieses Jahres ein Gesetz zum Verbot von Einweg-Kunststoffen bis 2021 verabschiedet. In Japan zeigte man hierfür weniger Motivation. Weder Japan noch die USA haben im vergangenen Jahr die G7-Charta zur Vermeidung von Plastikmüll unterzeichnet, die dazu verpflichtet hätte, bis 2030 mindestens 55 Prozent der Kunststoffverpackungen zu recyceln und wiederzuverwenden und bis 2040 100 Prozent aller Kunststoffe zurückzugewinnen. Stattdessen hat sich die Regierung zu einer weniger ehrgeizigen Reduzierung der Einweg-Kunststoffe um 25 Prozent bis 2030 verpflichtet. Ob das viel hilft? Japanische Verbraucher*innen verwenden derzeit rund 30 Milliarden Plastiktüten pro Jahr. Immerhin scheint langsam ein Bewusstsein für das Problem zu entstehen. Im vergangenen Jahr erklärte sogar der japanische Umweltminister, dass das Land neben der so genannten „Wärmeverwertung“ (ein Euphemismus für „Verbrennung“) auch andere Formen des Recyclings nutzen müsse und äußerte sich besorgt über die wachsende Menge an Kunststoff, die verbrannt werde.

Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Lydia Skrabania. Das Original erschien zuerst auf unserer englischsprachigen Seite.

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