Das weltweit leistungsstärkste Gezeitenkraftwerk soll bald Realität werden

Der Orbital O2 Zwillingsturbinen-Gezeitengenerator soll in Kürze für einen Testlauf vor der Küste von Wales eingesetzt werden.

In den Meeren stecken gewaltige Energieressourcen. Angezapft werden könnten diese schon bald von einer gigantischen Gezeitentechnologieanlage, die vor der walisischen Küste in Betrieb gehen soll.

Autor Tristan Rayner:

Übersetzung Tristan Rayner, 17.01.19

Das schottische Unternehmen Orbital Marine Power will eine Gezeitenturbine installieren, die 1.500 Haushalte mit Strom versorgen kann. Das Ganze wird im Rahmen des Morlais Tidal Project des Not-for-Profit-Unternehmens Menter Môn umgesetzt und durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung teilfinanziert. Ziel ist die Entwicklung einer Reihe von Gezeitenenergietechnologien für den kommerziellen Einsatz.

Bereits 2016 hatte Orbital Marine Power (damals unter dem Namen Scotrenewables Tidal Power) die ähnlich konstruierte SR2000-Turbine entwickelt. Während des zwölfmonatigen Testprogramms produzierte dieser Prototyp mehr als drei Gigawattstunden Strom. Der SR2000-Prototyp hat zwei 16 Meter lange und 500 Tonnen schwere Rotorblätter, die sich in 25 Metern (oder mehr) Wassertiefe mit maximal 16 Umdrehungen pro Minute drehen.

Das neue, im November vorgestellte Design des Orbital O2 besteht aus einem 73 Meter langen schwimmenden Oberbau aus Stahl, der zwei 1-MW-Turbinen trägt. Dies ergibt eine Gesamtleistung von zwei Megawatt bei einer Gezeitenstromgeschwindigkeit von 2,5 Metern pro Sekunde. Bei einem Rotordurchmesser von 20 Metern wird die Anlage über eine 600 Quadratmeter große Rotorfläche verfügen. Damit ist sie wesentlich kleiner als eine Windkraftanlage mit ähnlicher Leistung: Windturbinen können Rotoren haben, die bis zu fünfmal größer sind und viel mehr Luft aufnehmen müssen, um genauso viel Energie zu erzeugen.

Zusätzlich zeichnet sich das neue System gegenüber dem SR2000 durch eine einfachere Stahlkonstruktion sowie eine 360-Grad-Kontrolle des Neigungswinkels der Rotorblätter aus. Dies soll eine dynamische Steuerung der Rotoren der Anlage ermöglichen, um bei Gezeitenbewegungen in beide Richtungen Energie aufnehmen zu können, ohne die Plattform drehen zu müssen. Nach Angaben von Orbital soll diese Anlage die bislang größte sein, die jemals auf einer einzelnen Gezeitenkraftwerksplattform installiert wurde – und bis 2020 sogar die leistungsfähigste der Welt.

„Das Morlais-Projekt eröffnet uns die Sicht auf ein kommerzielles und skalierbares Gezeitenkraftwerk in britischen Gewässern“, erklärte Andrew Scott, der CEO von Orbital Marine Power, in einer Presseerklärung. „Die Konzentration der Gezeitenenergie vor der Küste hier, unterstützt durch eine hervorragende Infrastruktur in Nord-Wales, macht diese Region zu einem idealen Standort für den Aufbau einer neuen maritimen Industrie, die eine neue Nachfrage nach Fachkräften und Dienstleistungen sowohl lokal als auch überregional erzeugen kann.“

Bezüglich der Kosten hält sich Orbital Marine Power noch bedeckt, weder die Projektkosten noch die Einnahmen oder Amortisationszeiträume sind bekannt. Offenbar muss dies alles noch eruiert werden – noch handelt es sich ja um eine frühe Phase des Projekts. Allerdings ist bekannt, dass Orbital Marine in der Vergangenheit erhebliche Investitionen von Partnern wie ABB und TOTAL erhalten hat. Das Unternehmen konnte darüber hinaus jüngst 7 Millionen Pfund über die Plattform Abundance einsammeln, die Fonds für Menschen aufsetzt, die in Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien investieren wollen.

Auf RESET haben wir bereits über vergleichbare Projekte berichtet, die ebenfalls versuchen, die gewaltigen natürlichen Energieressourcen der Meere zu ernten: Minesto Energy, ebenfalls in Wales angesiedelt, will mit „Unterwasserflugzeugen“ Gezeitenenergie gewinnen und Bombora Wave Power entwickelt vor der westaustralischen Küste ein System zum Einfangen der Wellenenergie.

Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Lydia Skrabania. Das Original erschien zuerst auf unserer englischsprachigen Seite.

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