Der größte Windpark der Welt könnte eine künstliche Insel benötigen – und das aus folgendem Grund

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Windkraft ist einer der Eckpfeiler der erneuerbaren Energien. Mit einer künstlichen Insel möchte ein niederländisches Projekt deren Möglichkeiten ausweiten.

Autor*in Tristan Rayner, 16.01.18

Wir haben in jüngster Zeit immer wieder Innovationen auf dem Gebiet der Windenergie gesehen, von Taifun-Turbinen, die die Wucht von Stürmen nutzen, bis hin zu vietnamesischen Dorfbewohnern, die aus Plastikabfällen DIY-Windkraftanlagen bauen. Das neueste Windkraftprojekt unter der Leitung von TenneT, dem Betreiber des niederländischen Stromnetzes, will einen gewagten Offshore-Windpark in mehr als 100 km Entfernung zur Küste bauen, der etwa acht mal so groß ist wie Manhattan. Mit dem Projekt soll eine Stromerzeugungskapazität von bis zu 30 Gigawatt Strom geschaffen werden – eine enorme Menge, denn das wäre mehr als das Doppelte der Leistung aller derzeit auf dem Meer installierten Windkraftanlagen Europas zusammen.

Es ist ein Megaprojekt der erneuerbaren Energien, doch wenn alles glatt läuft, könnte es schon 2027 in Betrieb sein.

TenneT untersucht zur Zeit die Möglichkeit, das in den Niederlanden vorhandene Wissen zu nutzen, wie Land aus dem Meer gewonnen werden kann, um in einer als Dogger Bank bekannten Gegend eine künstliche Insel zu errichten. In diesem flachen Bereich der Nordsee würde sie Aufgaben erfüllen, die bisher schwimmende Plattformen leisten.

Ausgestattet mit Hafen- und Wartungseinrichtungen wäre die Insel wesentlich praktischer als eine schwimmende Anlage und vereinfacht zudem den Bau und die Instandhaltung des Windparks. Darüber hinaus könnte möglicherweise eine „WindConnector“-Leitung nach Großbritannien errichtet werden, die als Verbindungsleitung für verschiedene Netze in der Nordsee dient.

Weshalb hat man das nicht schon früher versucht und was macht es jetzt zu einer guten Idee?

Dazu muss man betrachten, wie der Wind weht. Offshore-Winde sind weitaus zuverlässiger als die an Land – Studien zeigen, dass der Wind auf See um 40 Prozent konstanter weht, und je weiter draußen im Meer, desto besser. Aber es ist viel einfacher und billiger, Turbinen an Land zu bauen, deren maximale Wirkungsgrade dort aber erheblich niedriger sind. Zu den schwierigen Abwägungen kommt hinzu, dass Windfarmen auf dem Land bei Anwohnern auch auf Widerstand stoßen können.

In der Europäischen Union erzeugen On- und Offshore-Windparks fast die doppelte Menge Strom im Vergleich zu Solaranlagen und sind der am schnellsten wachsende Sektor in der Stromgewinnung. Offshore-Windenergie aus Küstennähe boomt in Nordeuropa. Hier finden sich alle großen Offshore-Windparks – vor allem in der Nähe Großbritanniens und Deutschlands (das 630 MW London Array in Großbritannien ist der größte Offshore-Windpark der Welt, 20 km vor der Küste).

Das wachsende Problem für Offshore-Windparks ist, dass die Möglichkeiten in Küstennähe irgendwann ausgereizt sind. Die am zugänglichsten Orte mit den besten Winden wurden bereits bebaut, was dazu führte, dass man weiter draußen im Meer bauen musste. Vorteilhaft sind die dort stärkeren Winde, aber es gibt viele Nachteile hinsichtlich der Installations- und Wartungskosten.

Und es gibt auch physikalische Einschränkungen: Windparks erzeugen ihre Energie als Wechselstrom (AC), den wir auch zuhause aus dem Stromnetz beziehen und mit dem unsere Haushaltsgeräte arbeiten. Tatsächlich ist es einer der Vorteile der Windenergie, dass keine komplexe Stromwandlung erforderlich ist, sondern nur Transformatoren, die den Strom in höhere Spannungen für die Übertragung umwandeln, so wie es auch bei traditionellen Kraftwerken funktioniert.

Das Problem für Fern-Offshore-Windparks ist die Leitung über Unterwasserkabel. Wechselstromübertragungen über lange Distanzen – wie die 100 km von der geplanten TenneT-Windfarm zum niederländischen Festland (oder in andere Länder, wie Norwegen, Deutschland und Großbritannien) – ist problematischer und kostspieliger als die Übertragung von Gleichstrom (DC). Um die Windparkproduktion von Wechselstrom in Gleichstrom umzuwandeln, bedarf es jedoch beträchtlicher Anlagen, die dann der Natur des Ozeans und den dortigen Wetter- bzw. Strömungsverhältnissen ausgesetzt wären.

Daher die Idee der künstlichen Insel: dort könnten AC/DC-Stromwandler zusammen mit möglichen Interkonnektoren untergebracht werden.

Aber kann das funktionieren? Unabhängige Experten sind dem gegenüber offen eingestellt und halten die Idee für plausibel, sind sich aber nicht sicher. Peter Atherton, ein Energieanalyst bei Cornwall Insight, sagte The Guardian, dass es ein sehr teurer Plan sei:

„Es wird teuer im Vergleich zu dem, was sie vor Ort [in Windparks in der Nähe der Küste] produzieren“, sagte er. „Es klingt nach einer sehr interessanten Idee […] da die Branche wächst, hofft man sehr, dass über den Tellerrand hinaus geblickt wird. Ob sich die Wirtschaft so entwickelt, dass man den Nordseewind wirklich auf den Kontinent verkaufen kann, ist fraglich.“

Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Julian Furtkamp und erschien zuerst auf unserer englischsprachigen Website.

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