36C3: Was haben Hacken und Computer mit dem Klimawandel zu tun?

Beim Chaos Communication Congress (36C3) im Dezember, dem größten Hackertreffen in Europa, drehte sich wie immer alles um IT, Netze und Sicherheit. Gleichzeitig macht sich aber auch noch ein weiteres Thema breit: Der Zusammenhang von Computern und Hacken mit dem Klimawandel. Wir haben uns umgeschaut und empfehlen spannende Vorträge.

Autor*in Sarah-Indra Jungblut, 09.01.20

Zum 36. Mal haben sich Ende Dezember die Hacker des Chaos Computer Clubs (CCC) zwischen Weihnachten und Neujahr zu ihrer jährlichen Konferenz und Hackerparty, dem Chaos Communication Congress (36C3), in Leipzig getroffen. Über vier Tage kamen dabei rund 17.000 Hacker*innen, Technikfreaks, Bastler*innen, Künstler*innen, Utopisten oder einfach Interessierte zusammen. Im Mittelpunkt der größten europäischen Zusammenkunft der Hackerszene stehen Themen rund um Informationstechnologien, Netze und Sicherheit und der kritisch-schöpferische Umgang mit Technologie und deren Auswirkungen auf unsere Gesellschaft.

In den 30 Jahren ihres Bestehens sorgte die Hackervereinigung immer wieder für Schlagzeilen, indem sie auf Missstände beim Datenschutz aufmerksam machte und mit gezielten Hackerangriffen Sicherheitslücken in IT-Systemen aufdeckte. Beim 36C3 diagnostizierte der CCC Schwachstellen im deutschen Gesundheitsnetzwerk: Hackern des Chaos Computer Clubs ist es gelungen, sich Zugangsberechtigungen für das sogenannte Telematik-Netzwerk zu verschaffen. An das Netz sind über 115.000 Praxen angeschlossen; in naher Zukunft sollen über das System verpflichtend digitale Patientendaten und elektronische Rezepte ausgetauscht werden.

Das Motto dieses Jahr: „Resource Exhaustion“

Neben diesen Themen ist bei den Hackern in den letzten Jahren aber auch die zunehmende Bedrohung durch den Klimawandel angekommen: Schon beim 34C3 vor zwei Jahren widmete der CCC dem Klimawandel einen eigenen Tag im Programm und 2018 haben sich die Hacker*innen gemeinsam mit anderen NGOs aus der Bürgerrechts- und Umweltbewegung an der Konferenz Bits&Bäume beteiligt. Beim 36. Kongress ist jetzt das Thema wirklich in den Fokus gerückt: Unter dem Motto „Resource Exhaustion“ haben die Hacker*innen unter anderem die Auswirkungen von IT-Systemen auf unseren Planeten in den Blick genommen. Denn, so ist auf der Webseite zu lesen, das „Erschöpfen von Ressourcen (ist) eine Form des Angriffs auf IT-Systeme, die als plump und destruktiv gilt.“ Klar, dass wir uns das mit RESET mal angeschaut haben.

Vor allem im Track „Resilience & Sustainability standen einige Sessions im Programm, die sich mit Themen auseinandersetzen, die unseren Planeten länger lebenswert erhalten: Klimaforschende haben über neueste Erkenntnisse und Analysetools berichtet, Lobbyist*innen sind für ein Recht auf Basteln und Reparieren eingetreten und Programmierende haben gezeigt, wie durch Optimierung von Software und Protokollen der Energie-Fußabdruck von Systemen reduziert werden kann.

Besonders empfehlenswert und absolut Einsteiger-tauglich sind diese Sessions, die es im Stream zum Nachhören gibt:

In dieser Lecture haben Marina Köhn (Umweltbundesamt) und Dr. Eva Kern (Umwelt-Campus Birkenfeld) ein bereits 2012 gestartetes Forschungsprojekt des Umweltbundesamt (UBA) vorgestellt, dass nach der Umweltrelevanz von Software forschte und die gegenseitige Beeinflussung von Hard- und Software erfasst und bewertet und geeignete Maßnahmen entwickelt hat, um den Ressourcenverbrauch durch Software zu reduzieren. Auf dieser Basis wird aktuell ein Umweltzeichen für Software entwickelt. Ein spannender Vortrag, der zeigt, dass unser digitaler Fußabdruck nicht nur davon beeinflusst wird, was wir online tun, sondern auch mit welcher Software und wie wir diese energieeffizienter machen können! Hier geht´s zum Stream.

Beim Design einer Website oder Web-App denken die wenigsten an CO2-Emissionen. Doch wie ein nachhaltigeres Web aussehen könnte und wie wir das in unserem Alltag umsetzen, darüber berichtet Niklas Jordan in seinem Vortrag. Wie sieht ein verantwortungsvoller Ressourcenverbrauch beim Konzipieren, Entwickeln, Designen oder Managen einer Website oder App aus? Was sind die Anforderungen an moderne Websites und Apps, damit sie nicht zu Lasten unserer Umwelt gehen? Die Antworten sind nicht nur interessant für Entwickler*innen! Hier geht´s zum Stream.

P.S.: Es gibt die Möglichkeit, statt Ton und Bild nur eine Audio-Version der Vorträge abzuspielen – das spart Ressourcen!

Es bleibt dabei: Wir haben noch viel zu tun!

Nach zwei Tagen auf dem Kongress hatte ich das Gefühl, dass einerseits auch hier Aufbruchsstimmung herrscht und unsere planetaren Grenzen endlich auch in einem Bereich stärker ins Blickfeld geraten, der einerseits maßgeblich an einem steigenden Ressourcenverbrauch beteiligt ist, der andererseits aber auch einen großen Einfluss auf ein nachhaltiges Netz und sparsame IT-Systeme haben könnte. Doch dafür, dass das Thema das erklärte Motto war, hatte ich eine tiefere inhaltliche Durchdringung von weitaus mehr Talks und Sessions, ja, des gesamten Kongresses erwartet.

Gleichzeitig hat das Programm des Kongresses aber noch etwas anderes gezeigt, nämlich dass das Wissen der Teilnehmenden um den Zusammenhang von Digitalisierung und Klimawandel weit auseinanderklafft. Während einerseits in vielen Köpfen überhaupt erst die Erkenntnis anzukommen scheint, dass Computer und Hacken etwas mit dem Klimawandel zu tun hat, basteln andere bereits an neuen Lösungen. Doch damit ist der 36C3 nur ein Abbild unserer Gesellschaft als Ganzes – es bleibt noch viel zu tun, wollen wir ein nachhaltiges Netz schaffen. Die möglichen Stellschrauben, um unseren digitalen Fußabdruck zu reduzieren, werden aber immer deutlicher.

So verkleinerst du deinen digitalen Fußabdruck

Unsere digitale Welt hat einen enormen Fußabdruck. Jede Suchanfrage, jedes gestreamte Video und jedes in der Cloud abgelegte Foto verbraucht Energie – und ist damit für steigende CO2-Emissionen verantwortlich. Doch auch online kannst du mit kleinem Fußabdruck unterwegs sein.

„Wir brauchen eine Neujustierung der Nachhaltigkeitspolitik im digitalen Zeitalter“

Wie können wir die Digitalisierung nachhaltig gestalten? Damit hat sich der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) in diesem Jahr in einem Bericht ausführlich beschäftigt. Wir sprachen mit Dr. Benno Pilardeaux, Pressesprecher und Mitverfasser des Berichts.

logo_dbu
© DBU
Nachhaltigkeit und Digitalisierung im Fokus: RESET.org erhält eine Projekt-Förderung der DBU

Vor wenigen Wochen ist die finale Bestätigung bei uns eingegangen: Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert in den nächsten zwei Jahren unsere Themen-Dossiers fachlich und finanziell. Schon nächste Woche geht's los!

7 Tipps, wie du deinen digitalen Fußabdruck verkleinerst

Suchanfragen, das Streamen von Videos und Musik, Fotos in der Cloud - vor allem unter den alltäglichen Online-Aktivitäten im privaten Bereich befinden sich die größten Stromfresser. Aber: Jede*r einzelne von uns kann etwas dafür tun, den eigenen digitalen Fußabdruck zu verkleinern.

Der digitale Fußabdruck – unser Ressourcenverbrauch im Netz

Jede einzelne Suchanfrage, jedes gestreamte Lied oder Video und jede Art von Cloud-Computing, milliardenfach ausgeführt, überall auf der Welt, ist für einen global immer größer werdenden Strombedarf verantwortlich – und damit auch für steigende CO2-Emissionen. Das digitale Zeitalter stellt uns vor große Herausforderungen.

Doppelte Transformation: Digitalisierung braucht saubere Energie

Der EU kommt eine Schlüsselrolle zu, um die voranschreitende Digitalisierung zugleich nachhaltig zu gestalten und hier auf erneuerbare Energien zu setzen.