Delta Chat: Unser Nachhaltigkeits-Favorit unter den Messengern – dezentral, effizient und ohne Lock-In-Effekt

Der Messenger Delta Chat auf dem Bildschirm
Benjamin Lucks/ RESET

Der Messenger Delta Chat ist besonders energiesparend – und hat noch weitere Besonderheiten, die ihn zu einer echten Alternative zu WhatsApp und Co. machen.

Autor*in Sarah-Indra Jungblut, 21.04.25

Übersetzung Lana O'Sullivan:

WhatsApp ist nach wie vor der Platzhirsch unter den Messengern. Mehr als zwei Milliarden Menschen weltweit haben die App auf ihrem Smartphone installiert, täglich werden darüber Milliarden Nachrichten, Bilder und Videos rund um den Globus geschickt. Aus Nachhaltigkeitsperspektive ist die Popularität jedoch schwierig. WhatsApp erhebt, verarbeitet und teilt teilweise sensible personenbezogene Metadaten, was sich neben Bedenken zum Datenschutz auch negativ auf die Energiebilanz und damit die CO2-Emissionen des Messengers auswirkt. Mehr dazu in diesem Artikel: Open Source und Ende-zu-Ende-verschlüsselt – Das sind die sicheren Alternativen zu WhatsApp

Konkrete Zahlen zu den tatsächlichen CO2-Emissionen von WhatsApp sind nicht verfügbar, da das Unternehmen diese nicht kommuniziert. Dennoch lässt sich sagen: Je mehr Daten erhoben und gespeichert werden, desto höher ist auch der Energieverbrauch einer Anwendung. Denn die Daten müssen alle durch Netze geschickt und in Rechenzentren verarbeitet werden. Zudem ist klar, dass die CO2-Emissionen von WhatsApp – wie auch in allen anderen Anwendungen von Meta – noch weiter steigen werden. Der Konzern setzt neuerdings KI in dem Messenger ein. Und diese Technologie bewirkt vor allem eines: Sie lässt die Datenmengen, die durch’s Netz geschickt werden, weiter steigen – und damit auch den Bedarf an Energie.

Ein guter Zeitpunkt also, sich nach nachhaltigen Alternativen umzuschauen. Zum Glück gibt es diese schon. Wir haben bereits die Messenger Signal und Threema vorgestellt und nennen Vorteile von Open-Source-Anwendungen.

Doch es gibt noch einen weiteren kostenlosen Messenger, der aus verschiedenen Gründen einzigartig ist: Delta Chat. Der Instant Messenger ist dezentral organisiert, erlaubt die Kommunikation nach „außen“ und ist besonders datensparsam.

Der Messenger ohne Lock-In Effekt

Delta Chat kann eigentlich alles, was andere Instant Messenger auch können. Das Besondere ist seine technische Struktur. Anders als Signal und Co. schickt Delta Chat Nachrichten nicht über eigene Server, sondern nutzt dafür die Infrastruktur bestehender E-Mail-Adressen. Jede Person, die über eine E-Mail-Adresse verfügt, kann sich damit in der App anmelden und über ein Chat-Fenster Nachrichten verschicken. Welcher E-Mail-Dienst genutzt wird, ist dabei egal.

Damit ist der Dienst dezentral – und das hat für Nutzer:innen Vorteile. Mit allen anderen zentral organisierten Messengern kannst du nur Menschen innerhalb der jeweiligen App erreichen. Bei Delta Chat ist das anders. Nutzen die Empfänger:innen ebenfalls den Messenger, werden die Nachrichten automatisch Ende-zu-Ende-verschlüsselt übertragen. Die Nachricht erscheint in der App als Chatnachricht. Nur die allererste Nachricht wird unverschlüsselt gesendet, da darin die Informationen für die Verschlüsselung zwischen den beiden Chattenden ausgetauscht werden. Nachrichten an Empfänger:innen, die den Messenger nicht nutzen, werden diesen als E-Mail in ihrem Posteingang angezeigt. Hierauf kann direkt per E-Mail antworten. Die Antwort erscheint wiederum als Chatnachricht in der App.

Screenshot des Chat-Fensters von Delta Chat.
© Delta Chat
Screenshot des Chat-Fensters von Delta Chat.

Allerdings gibt es dabei eine wichtige Einschränkung: Wird zwischen der Delta Chat-App und regulären E-Mail-Postfächern kommuniziert, sind die Nachrichten nicht Ende-zu-Ende-, sondern nur transportverschlüsselt. Eine Ausnahme sind hier Mail-Apps, die eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung unterstützen, wie zum Beispiel ProtonMail oder Tutanota.

Delta Chat ist nahezu unbegrenzt erweiterbar

Delta Chat wurde Anfang 2019 von der Merlinux GmbH aus Freiburg ins Leben gerufen und aus EU-Fördermitteln finanziert, u. a. aus Mitteln des Open Technology Fund. Seitdem wird die App von einer Open-Source-Community weiterentwickelt. Der Quellcode ist Open Source und auf GitHub einsehbar. „Grundsätzlich sind unsere Entwicklungen sehr community-basiert, d.h. viele entscheidende Dinge passieren nicht durch Geld, sondern durch Interesse und Kapazitäten von friends-of-the-project“, berichtet Holger Krekel, der für Delta Chat die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten koordiniert.

Die Bedienung des Messengers ist intuitiv, in der Funktionalität gibt es nur eine Einschränkung: In der App sind keine Audio- und Videochats möglich. Allerdings können einfach externe Videochat-Instanzen – wie zum Beispiel die Open-Source-Anwendung Jitsi Meet – eingebunden werden. Durch das offene Konzept kann Delta Chat zusätzlich um nahezu unbegrenzte Funktionen erweitert werden, so Krekel.

Seit Veröffentlichung wurde die App im Google Play Store über 100.000 mal heruntergeladen (Stand April 2025).

Nachhaltigkeit: „Nur eine kleine, vergessliche Nachrichten-Weiterleitungsmaschine.“

Da Delta Chat auf die Infrastruktur von E-Mail-Diensten aufsetzt und die Ende-zu-Ende-verschlüsselte Nachrichten nur lokal auf den verwendeten Geräten gespeichert werden, braucht die App keine eigenen Server. Das hat den Vorteil, dass die Nutzer:innen unabhängig von einem zentralen Dienstanbieter bleiben, der seine Nutzungsbedingungen und den Umgang mit Daten willkürlich ändern könnte. Damit das auch so bleibt, soll es im Sommer 2025 eine tiefgreifende Neuerung geben, die die Zentralisierung des Messengers nachhaltig verhindert.

nachhaltige Digitalisierung

Wie sieht eine grüne digitale Zukunft aus?

Elektroschrott, CO2-Emissionen durch KI, Wasserverbrauch von Rechenzentren – aktuell scheint  die ungezügelte Digitalisierung nicht mit einem gesunden Planeten vereinbar. Doch es gibt viele Lösungen für eine ökologische und faire Digitalisierung – wir haben sie recherchiert:

Mit der Wahl des E-Mail-Anbieters, über den Delta Chat genutzt wird, lässt sich zudem Einfluss auf die Nachhaltigkeit deiner Chat-Kommunikation nehmen. Nutzt du einen Anbieter, dessen Server auf Ökostrom laufen – wie zum Beispiel Posteo –, tut das auch deine Kommunikation innerhalb der App.

Außerdem ist Delta Chat insgesamt ressourcenschonend. „Grundsätzlich sind Chatmail Relay Server extrem energiesparend im Verhältnis zu klassischen E-Mail-Servern. Sie halten Chatnachrichten nur für den Transport vor, bis sie an Geräte ausgeliefert sind. In der Regel ist das nicht länger als 40 Tage“, sagt Holger Krekel. Und Delta Chat nutzt die „Chatmail Core“ Bibliothek. „Diese implementiert alle Netzwerk- und Serverinteraktionen in der Programmiersprache Rust, die auf allen Endgeräten sehr effizient und ressourcenschonend läuft.“

Weil Delta Chat also eigentlich nichts weiter tut, als auf deinem Gerät die Nachrichten zu verschlüsseln und darzustellen, fallen bei dem Messengerdienst keine Metadaten an. „Es ist nur eine kleine vergessliche Nachrichten-Weiterleitungsmaschine, die mit effizienter und erprobter Software läuft“, so Holger Krekel. Das macht den Dienst extrem datensparsam – und damit auch sehr energiesparend.

Der Betrieb von Delta Chat sei daher auch günstig, sagt Krekel. Rund 100.000 Nutzer:innen verursachen Kosten von lediglich ca. 500 EUR pro Jahr. Der Default-Server nine.testrun.org läuft mit Ökostrom.

Zum Schluss hat uns Holger Krekel noch einen Tipp mitgegeben: „Wir empfehlen fürs Chatten mit Delta Chat immer, sich eine separate E-Mail-Adresse zu holen, da das Mischen von regulärer E-Mail-Kommunikation mit Instant-Chat-Kommunikation verwirrend ist.“

Du bist überzeugt? Die aktuellen Installationspakete kannst du im Google Play Store (Android), F-Droid (Android), Huawei AppGallery (Android), App Store (iOS), Mac App Store, Microsoft Store (Windows) sowie über die Entwicklerwebseite (Android, Linux, Windows und macOS) kostenlos herunterladen. Mit allen Downloads lässt sich ein direkt ein Profil anlegen, ohne dass eine E-Mailaddresse bereits vorhanden sein muss.

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Dieser Artikel ist Teil des Dossiers „Digital und grün – Lösungen für eine nachhaltige Digitalisierung“, in dessen Rahmen wir Lösungen für eine ökologische und faire Digitalisierung vorstellen. Wir danken der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) für die Projektförderung!

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