Statistisch gesehen haben in Kenia etwa drei von vier Haushalten immer noch keinen Zugang zu Strom. Dabei fand eine Studie der Weltbank heraus, dass über 80% von Kenias Einwohnern Mobiltelefone besitzen. Handys werden dabei nicht mehr nur zum Telefonieren oder Nachrichten schreiben benutzt, sondern vermehrt für Geldtransfers und andere mobile Transaktionen. Tatsächlich werden heutzutage über 25% des kenianischen Bruttoinlandsprodukts über das größte mobile Geldsystem namens „M-Pesa“ gehandelt.
SteamaCo, ein in Kenia ansässiges Unternehmen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien, wagte nun den Schritt in die aufblühende Handykultur des Landes und entwickelte ein bargeldloses System, welches auch der nahezu mittellosen, ländlichen Bevölkerung den Zugang zu elektrischem Strom gewährleistet.
Elektrizität wird hierbei durch Solar-Mikronetze erzeugt. Wichtig: Diese Minikraftwerke funktionieren unabhängig von den Hauptstromnetzen und zeichnen sich durch wesentlich geringere Anschlussgebühren als die der lokalen, größeren Strombetreiber aus – falls es für die Zielgruppe der neuen Mininetze überhaupt Anschlussmöglichkeiten zu den Hauptstromnetzen geben sollte.
Doch welche Bedeutung haben Handys bei alledem?
Die Besitzer und Betreiber der Mikro-Stromnetze benutzen die von der SteamaCo bereitgestellte Hardware, um deren technische und finanzielle Transaktionen zu überwachen. Die Idee des Konzepts ist denkbar einfach: Sobald Kunden eine Zahlung tätigen, wird der Strom freigeschaltet und der Benutzer verfügt über einen flexiblen Zugang. Wenn das Stromkonto nach einiger Zeit leer ist, schaltet sich der Strom automatisch ab. Es gibt dabei keine Vertragsbindung und die Kunden bezahlen für den Strom in sehr kleinen Raten – vergleichbar mit denen einer Mobilfunkkarte, die man immer wieder aufladen muss, um neues Gesprächsguthaben zu erhalten. Es gibt zudem weder Stromrechnungen, noch Stromzähler-Messungen. Kunden bezahlen für den Strom also nur dann, wenn sie ihn auch tatsächlich benutzen. Alle Informationen über verfügbare Stromeinheiten und Zahlungen werden via SMS versendet. Da es in den meisten Regionen Kenias Netzempfang gibt, kann dieses praktische System daher auch von abgelegenen, ländlichen Gemeinden ganz ohne Einschränkungen genutzt werden.
Seit dem ersten Benutzer im Jahr 2013, stieg der SteamaCo-Kundestamm stetig. Die Firma versorgt heute ca. 1000 Haushalte und kleine Unternehmen in großen Teilen Kenias. Der Erfolg des Systems bestätigt, dass auch ländliche Bevölkerungsgruppen in Entwicklungsländern derartig komplexe High-Tech-Lösungen problemlos nutzen können. Prinzipiell erwies sich das Konzept sogar als perfekt zugeschnitten auf die dortigen Umstände und bringt völlig neue Chancen mit sich.
In einer Welt, in der es über einer Mrd. Menschen immer noch an Zugang zu Elektrizität fehlt, könnten derartige „Pay as you go“-Systeme als vielversprechende Lösungen für nachhaltige Entwicklung angesehen werden. Mithilfe verlässlicher Stromquellen, könnten lokale Kleinunternehmer ihre Geschäfte länger geöffnet lassen und Kinder auch nach Sonnenuntergang noch für die Schule lernen. Zudem können völlig neue Geschäftsideen, die von einem Stromzugang abhängig sind, entwickelt und realisiert werden. Seit Durchführung des SteamaCo-Konzepts wurden viele Handwerksbetriebe wie z.B. Schweißereien und Frisörläden in vorher stromlosen Regionen eröffnet. Wie genau das SteamaCo-System funktioniert und welche Verbesserungen es für kenianische Bürger und Kleinstädte mit sich bringt, seht ihr im Video.
Die original englische Fassung des Artikels von Marisa erschien auf RESET International.
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