Der Klimawandel heizt unseren Planeten auf. Das stellt auch neue Anforderungen an wichtige Infrastruktur. Wie wir mit Wasser umgehen gehört zum Beispiel dazu. Unsere alten Systeme sind für ein relativ stabiles Klima ausgelegt. Durch zunehmend unvorhersehbares Wetter und Extremwetterereignisse sind sie stärker belastet. Sowohl Überschwemmungen als auch Dürren sind regelmäßig in unseren täglichen Nachrichten zu finden. Daher müssen neue und flexiblere Ansätze für das Wassermanagement entwickelt werden.
Traditionelle Methoden sollten bald der Vergangenheit angehören
Traditionell konzentrierte sich das Wassermanagement auf relativ vorhersehbare Niederschlagsmuster und eine stabile Wassernutzung. Systeme wie Stauseen, Bewässerungskanäle und Abwasser-Netzwerke beruhen auf dieser Vorhersehbarkeit. Typische saisonale Veränderungen konnten meistens mit ihnen bewältigt werden. Die Wasserinfrastruktur wird traditionell auf die erwarteten Regen- und Trockenzeiten ausgelegt. Diese geben Auskunft darüber, wann sich die Stauseen füllen, wann die Pflanzen bewässert werden müssen und wann möglicherweise Einschränkungen bei der Wassernutzung erforderlich sind.
In vielen Regionen verlassen sich die Behörden auf durchschnittliche jährliche Niederschlagsdaten. Auf dieser Basis wird auch die im Laufe des Jahres verfügbare Wassermenge prognostiziert. In Klimazonen mit gleichbleibenden Mustern hat sich dieser Ansatz über die letzten Jahrzehnte bewährt. Ingenieur:innen, Planer:innen und politische Entscheidungsträger:innen konnten die saisonale Wasserverfügbarkeit vorhersagen, Dürrejahre einplanen und langfristige Infrastrukturentscheidungen mit relativer Sicherheit treffen.
Diese traditionellen Modelle basieren jedoch auf der Annahme, dass sich die Muster der Vergangenheit auch in Zukunft fortsetzen. Der Klimawandel stellt dieses Prinzip allerdings infrage. Steigende globale Temperaturen bedeuten, dass es nur wenige Klimazonen mit konstanten Mustern gibt. Die vom Menschen verursachte Erwärmung hat die Niederschlagsvariabilität auf 75 Prozent der Landfläche der Welt erhöht. Diese Variabilität erschwert die Vorhersage, wann und wo Wasser verfügbar sein wird.
In einigen Gebieten führen längere Trockenperioden dazu, dass die Reservoirs erschöpft sind, während in anderen Gebieten plötzliche starke Regenfälle die Infrastruktur überlasten. Gefährliche Überschwemmungen, wie im Oktober 2024 in Valencia, werden zu einem jährlichen Ereignis. Als Reaktion auf die Katastrophe, die über 200 Menschenleben forderte, erklärte Rodriguez Camino, leitender staatlicher Meteorologe und Mitglied der Spanischen Meteorologischen Vereinigung, gegenüber Reuters, dass „Ereignisse dieser Art, die früher in Abständen von vielen Jahrzehnten auftraten, nun immer häufiger auftreten und eine größere Zerstörungskraft haben“.
OurMED: Wassermanagement für das Klima von morgen
Aufgrund dieser Veränderungen ist klar, dass Wassermanagementstrategien, die für das Klima von gestern entwickelt wurden, für die Herausforderungen von morgen nicht funktionieren. Glücklicherweise wird an neuen Systemen gearbeitet, die auf sich schnell ändernde Bedingungen besser reagieren.
OurMED ist ein Forschungsprojekt, das sich mit der Wasserknappheit im Mittelmeerraum befasst. Das Projekt kombiniert lokales Wissen mit modernster digitaler Technologie. Dabei werden „digitale Zwillinge“ der verschiedenen Wassersysteme der Region erstellt. Diese virtuellen Modelle simulieren und prognostizieren Umweltdynamiken. Dazu sind sie auch mit der realen Wasserspeicherung und -verteilung verknüpft.
Das Projekt, das Teil des von der EU unterstützten PRIMA-Programms ist, verfolgt einen kooperativen Ansatz. Acht Pilotstandorte in Mittelmeerländern, darunter Spanien, Griechenland, Jordanien und Tunesien sowie Deutschland als zusätzlicher Standort, dienen als Fallstudien. Methoden wie Renaturierung, Wiederherstellung von Feuchtgebieten und urbane Begrünung werden daraufhin getestet, in wie weit sie die Widerstandsfähigkeit des Ökosystems wiederherstellen können. Neben verschiedenen Datenmodellierungstechniken sind lokales Engagement und Wissensaustausch wesentliche Bestandteile des Projekts.
Während die Datenmodellierung ein umfassendes Bild liefert, stellt das lokale Engagement sicher, dass die Lösungen an die spezifischen Bedingungen jedes Gebiets angepasst werden. Gemeinden verfügen über wertvolles Wissen – wie historische Wassermuster und effektive Schutzpraktiken –, das sowohl die Relevanz als auch die Nachhaltigkeit neuer Strategien des Wassermanagements verbessern kann. Ebenso ist es wahrscheinlicher, dass Gemeinden die Initiativen unterstützen und aufrechterhalten, wenn sie direkt einbezogen werden.
Das OurMED-Projekt, das offiziell im Juni 2023 gestartet wurde, läuft bis Mitte 2026. Angesichts zunehmender extremer Wetterereignisse bietet das Projekt Ansätze für einen proaktiven Umgang mit dem Klimawandel für Regionen weltweit. Die Hoffnung ist, dass diese Strategien den Regionen nicht nur helfen, Klimaschocks zu überstehen, sondern auch mehr Resilienz in einer Zukunft schaffen, in der die einzige Gewissheit der Wandel ist.