CrowdFarming: Ein digitaler Markt für Lebensmittel direkt von der Quelle

Die CrowdFarming-Website bietet 13 verschiedene Produkte an, von Merinowolle über Granatäpfel bis hin zu Mandeln und Orangen.

Die Online-Plattform CrowdFarming will die Lieferkette vom Landwirt zum Konsumenten direkter und transparenter machen: Man adoptiert hier eine Anbaueinheit oder ein Tier.

Autor Tristan Rayner:

Übersetzung Tristan Rayner, 26.12.18

Eine Familie von Orangenbauern in Valencia, Spanien hatte genug von der mangelnden Transparenz bei der Verteilung und dem Anbau von Lebensmitteln, und auch von den niedrigen Preisen, die ihnen die großen Supermärkte aufzwangen. Daraus entstand die Idee für Crowdfarming. Der Plan der Landwirte war es, die Lieferkette zu revolutionieren und zu vereinfachen. Dabei sollte eine direkte Verbindung zwischen Landwirten und Konsumenten geschaffen werden, indem sie Letztere zu sogenannten „Crowdfarmern“ machen. Für die Umsetzung des Projektes wurde eine Crowdfunding-Kampagne gestartet.

Was kann man kaufen und woher?

Inzwischen gibt es die Plattform CrowdFarming, die Farmer aus verschiedenen Regionen Spaniens, aber auch aus anderen Teilen der Erde einbindet. Um hier zum Crowdfarmer zu werden, muss man sich lediglich auf der Website anmelden, den Baum, die Pflanze oder das Schaf auswählen, das man „adoptieren“ möchte, und angeben, wie viel Ertrag man gerne hätte. Wer möchte, kann sich zuvor genauer über seinen Landwirt informieren, denn alle Produkte halten eine Geschichte, Fotos und Videos zur Farm bereit. Dazu zählt auch, wie der Betrieb entstanden ist und welche landwirtschaftlichen Methoden verwendet werden. Auf diese Weise wird eine persönliche Verbindung zum Landwirt aufgebaut. Außerdem kann man seiner Produktionseinheit einen Namen geben. Wenn die Erntezeit hereinbricht, bekommt man Orangen, Nüsse, Merinowolle etc. direkt an die Haustür geliefert. Dieses Video in englischer Sprache zeigt den Vorgang Schritt für Schritt: 

Im Moment bietet die Website 13 verschiedene Produkte an, von Merinowolle über Granatäpfel hin zu Mandeln, jeweils aus Spanien. Es wird aber beispielsweise auch Schokolade von den Philippinen und Kaffee aus Kolumbien angeboten. Das Beispiel der Mandeln zeigt, wie es funktioniert: Verbraucher können die Farm Almendras Chirlata in Granada unterstützen. Bei der Adoption eines Mandelbaums werden etwa zwei Kilo des Produkts für rund 20 bis 40 Euro – je nach Standort – an die eigene Haustür geliefert. In Deutschland lag der Preis für eine kleine Box bei 44 Euro. Eine große Box mit Lieferung zu einer deutschen Adresse würde rund 80 Euro kosten. Eine kurze Internetrecherche zu Bio-Mandeln von vergleichbaren Online-Vertreibern ergibt einen ähnlichen Preis, etwa 25 Euro pro Kilogramm. 

Gibt es einen Haken?

Einen Haken an sich hat das Ganze nicht. Ein System, das von natürlichen Kreisläufen und Jahreszeiten geprägt ist, bringt allerdings Wartezeiten mit sich. Landwirtschaft ist langsam – quasi das Gegenteil vom Internet, bei dem wir erwarten, dass alles sofort passiert und Bestellungen so schnell wie möglich bei uns sind. Die Adoption eines Baums erfordert Geduld, solange bis die Saison beginnt, bis der Baum Früchte produziert und schließlich bis das Endprodukt verpackt und verschickt wird. Wenn man heute also einen Mandelbaum adoptiert, muss man bis Dezember 2019 warten – zwölf Monate bis man seine Bestellung erhält. Der Kauf von Produkten kurz vor der Erntezeit führt natürlich viel schneller zu einer Gegenleistung.

Doch die Vorteile eines solchen Systems liegen auf der Hand. Die Arbeit des Farmers wird besser wertgeschätzt und fairer entlohnt als das beim Einkauf im Supermarkt der Fall ist. Verbraucher erfahren mehr darüber, woher ihre Nahrungsmittel stammen und wie sie produziert werden. Bei Produkten, die ohnehin nicht in unseren Klimaten angebaut werden können, kann man hier sicher sein, dass sie unter nachhaltigen Bedingungen erzeugt werden. Dadurch, dass über die Website im Voraus bestellt wird, können die Landwirte ihre Ernte besser planen, pflanzen nur so viel an wie nötig und vermeiden Lebensmittelverschwendung. Und für in Großstädten lebende Menschen ist es auch ein schönes Gefühl, irgendwo einen eigenen Baum, ein eigenes Stück Natur zu haben.

Natürlich ist die Verbindung zwischen Erzeuger und Konsument noch direkter, wenn man als Verbraucher auf regionale Produkte zurückgreift. Auch dabei kann man auf digitale Modelle ohne Zwischenhändler setzen: Die Plattform Marktschwärmer verfolgt beispielsweise einen sehr ähnlichen Ansatz wie CrowdFarming, allerdings wird hier stark auf regionale und saisonale Produkte gesetzt. Wir haben über das Projekt, damals noch unter dem Namen Food Assembly, hier sehr ausführlich berichtet

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