Cop4SDGs: Monitoring der UN-Nachhaltigkeitsziele mit Satelliten

Aufnahme des Lenadeltas, des größten Flussdeltas in der Arktis (Copernicus Sentinel-1 Mission).

Vor fünf Jahren haben die Vereinten Nationen die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung verabschiedet. Kann deren Umsetzung mithilfe von Satelliten sichergestellt werden?

Autor*in Leonie Asendorpf, 13.08.20

Übersetzung Leonie Asendorpf:

Keine Armut, kein Hunger, sauberes Wasser und Sanitäranlagen, nachhaltige Städte und Gemeinden, Klimaschutz und nachhaltiges Konsumieren und Produzieren – das sind nur einige der insgesamt 17 Ziele, auf die sich die Mitglieder der Vereinten Nationen geeinigt haben. Im September 2015 wurden die Sustainable Development Goals, kurz SDGs, auf dem UN- Nachhaltigkeitsgipfel in New York in der „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ festgehalten. Die SDGs berücksichtigen erstmals gleichermaßen alle drei Dimensionen von Nachhaltigkeit: Soziales, Umwelt und Wirtschaft.

Der Beschluss liegt nun fünf Jahre zurück. Um den bisherigen Zielfortschritt messen und bewerten zu können, wurde ein Indikatorenset erarbeitet. Die aktuell 232 Indikatoren werden zum großen Teil auf der Basis von demographischen und statistischen Daten sowie unter der Verwendung von Daten aus Umweltbeobachtungsnetzen, Modellen und Umfragen erhoben. Eine der Methoden zur Umweltbeobachtung ist die Satellitenfernkunde. In Kombination mit weiteren Geo- sowie statistischen Daten sollen mit dieser Methode Veränderungen in der Umwelt und Gesellschaft erfasst werden.

Copernicus-Daten zur Verifizierung der Nachhaltigkeitsziele

Welche der 232 Nachhaltigkeitsindikatoren mithilfe von Satellitenfernerkundung erfasst und besser verifiziert werden können, das untersuchen Forschende des Bundesamtes für Kartographie und Geodäsie im Rahmen des Projekts Cop4SDGs. Hierfür nutzen sie die Satellitendaten des europäischen Erdbeobachtungsprogramms Copernicus. Das Cop4SDGs-Projekt wird vom Förderprogramm Ressortforschungsplan des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit unterstützt und wird im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) durchgeführt. Die Ergebnisse aus dem Cop4SDGs-Projekt sollen Aufschluss darüber geben, inwieweit die entwickelten Methoden für andere politische Maßnahmen wie die Anpassung des Klimaplans für 2050 verwendet werden können. Außerdem liefert das Projekt einen nationalen Beitrag zur Initiative „EO4SDG“, sowie zum Euro-GEO-Projekt. Diese unterstützen die Integration von Erdbeobachtungs- und Geodaten bei der Verifizierung der SGDs auf internationaler und europäischer Ebene.

Luftverschmutzung und Wasserökosysteme lassen sich gut mit Satellitenbildern erfassen

Die insgesamt 232 Indikatoren für nachhaltige Entwicklung lassen sich natürlich nicht allesamt mithilfe von Satelliten- oder Fernerkundungsdaten verifizieren – für soziale Ziele wie beispielsweise Geschlechtergleichheit (Nachhaltigkeitsziel 5) benötigt man andere Monitoring-Maßnahmen.

Die Forschenden des Cop4SDGs-Projekts konnten aber 14 vielversprechende Indikatoren ermitteln. Zwei davon wurden bisher genauer untersucht: Sterblichkeit durch Luftverschmutzung und Ausdehnung des Wasserökosystems. Die 232 Nachhaltigkeitsindikatoren sind jeweils einem der 17 SDGs sowie einem der 169 Unterziele zugeordnet. Der Indikator Ausdehnung des Wasserökosystems gehört beispielsweise zum UN-Nachhaltigkeitsziel Nummer 6: „sauberes Wasser und Sanitäranlagen“ und wird somit auch mit einer 6 am Anfang nummeriert – so ergibt sich die Nummer 661. Beim Indikator Nummer 661 geht es um das Verhältnis zwischen Land- und Wasserfläche und wie sich dieses verändert. Durch die Luftaufnahme von großen Landflächen hat sich herausgestellt, dass die Arbeit mit Satelliten hier eine gute Methode darstellt, um das Unterziel des SDGS zu verifizieren. Auch beim Unterindikator Sterblichkeit durch Luftverschmutzung des SDG Nummer 3: „Gesundheit und Wohlergehen“ helfen Satellitendaten, da sie in großem Rahmen die Luftqualität messen können.

Die Methoden wurden vom UN-Umweltprogramm (United Nations Environment Programme, UNEP) festgelegt. „Zur Bestimmung von Ökosystemen, wie bei Indikator 661, sollen beispielsweise Daten zur flächigen Ausdehnung von Feuchtgebieten und künstlichen und nicht-künstlichen Seen verwendet werden“, erklärt Patrick Knöfel, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bundesamt für Kartographie und Geodäsie. Neben Copernicus-Daten greifen die Forschenden auch auf Datensätze aus der Fernerkundung, genauer der Landoberflächenklassifikation, zurück. Mit den gesammelten Daten kann dann der entsprechende Indikatorwert berechnet werden. Dieser sagt aus, inwiefern die Zielanforderungen erfüllt werden.

Der Vorteil bei den Satellitenbildern der Copernicus ist, dass diese sehr aktuell sind, da alle drei Tage neue Bilder frei zur Verfügung gestellt werden. Die Auflösung der Satelliten-Bilder hingegen sei, so der Projektleiter Michael Hovenbitzer, nur gering. Außerdem können Wolken den Blick aus dem All auf die Erde einschränken. Aus diesem Grund arbeiten die Forschenden immer mit einer Kombination aus Satelliten- und anderen (kostenpflichtigen) Fernerkundungsdaten. Letztere haben eine größere Auflösung, die besonders für die Klassifizierung von Landnutzung wichtig ist, sind jedoch meist nicht so aktuell wie die Satellitendaten.

Landbedeckungsmodell gibt Aufschluss über Landbedeckung und -nutzung

Neben dem Cop4SDGS-Projekt arbeitet das Bundesamt für Kartografie und Geodäsie auch an einem „Landbedeckungsmodell“. Bei diesem werden mit Hilfe von Fernerkundungsdaten, inklusive Datensätzen der Copernicus-Satelliten, Informationen zur Landbedeckung und -nutzung in Deutschland gesammelt und klassifiziert. Diese dienen den Forschenden des Bundesamtes für Kartographie und Geodäsie wiederum für das Cop4SDGs-Projekt. Außerdem werden die Daten den deutschen Umweltbehörden zur Verfügung gestellt und alle sechs Jahre an die europäische Umweltagentur weitergegeben. Das Modell stellt zudem den nationalen Beitrag zum europaweiten Projekt CORINE Land Cover (CLC) dar. CORINE steht dabei für das Projekt „Coordination of Information on the Environment“ der Europäischen Union.

Die Forschung dazu, welche Indikatoren sich nun mit welchen Methoden am besten überprüfen lassen, ist noch in vollem Gange. Besonders in den Bereichen Umwelt und Veränderung des Klimas und der Ökosysteme bietet die Arbeit mit Satelliten viele Möglichkeiten, da sie Aufschluss über verschiedenste Informationen gibt und somit einen wichtigen Beitrag zur Verifizierung der 17 SDGs der UN auf dem Weg hin zu einer nachhaltigeren Zukunft leisten kann.

Dieser Artikel ist Teil des Dosssiers „Satelliten und Drohnen – Wertvolle Helfer für eine nachhaltige Entwicklung“. Alle Artikel des Dossiers findest du hier: Dossier Satelliten und Drohnen

Das Dossier ist Teil der Projekt-Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), in deren Rahmen wir vier Dossiers über zwei Jahre zum Thema „Chancen und Potenziale der Digitalisierung für eine nachhaltige Entwicklung“ erstellen.


Mehr Informationen hier.

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