Klimagipfel: Wenn nichts mehr geht

Ole Seidenberg bloggt live vom UN-Klimagipfel in Kopenhagen. Mehr Infos zur Reihe am Ende des Beitrags. Das Ende naht. Das Ende von sechs Monaten Durchhalteparolen, Strategietreffen, Kampagnen, mutigen, heiteren, traurigen und erfolgreichen Phasen des Trackerdaseins.

Autor*in RESET , 17.12.09

„Es ist zwei Uhr nachts und ich sitze noch immer im Bella Centre, dem Konferenzzentrum des COP15 in Kopenhagen. Heute war wieder einer dieser Tage, an denen meine Stimmung nicht in Worte zu fassen, ja, die Frage nach dem “Und wie läuft’s?” eigentlich nicht zu beantworten war. Was soll ich schon sagen? Und was spielt es noch für eine Rolle?

Für mich persönlich hat die Reise als Tracker viel gebracht, das ist wohl klar. Auch heute wieder: Ein schönes Interview mit Hermann Ott von den Grünen, ein paar interessante Gespräche am Rande, ein bißchen Planung für Aktionen in Deutschland und eine fast nächtliche Teilnahme beim COP – Meeting, das heute sage und schreibe bis auf 21:30 Uhr verschoben wurde. Nach einem privaten Skype Call dann zum Abschied noch eine Portion Sitzstreik im Flur und: Fertig ist der Tracker-Tag. Doch das, was hier so romantisch und nach jugendlich-naivem Aktivismus klingen mag, ist alles andere als Anlass zum Spaßen. In den Inhalten meiner heutigen Gespräche verbag sich mal wieder das, was mich hier tagtäglich zum Grübeln bringt.

Ilka von der deutschen Delegation sagte mir übrigens gegen 21 Uhr dann unser Gespräch endgültig ab… schlafen hätte man endlich können, so Ilka, wenn man doch nur gewusst hätte, dass heute wieder viele Stunden nur mit Warten verbracht würden…. So geht es auch mir. Und vielen anderen hier. Jan von Oxfam sitzt zu dieser Minute noch immer im Bella Centre und spekuliert darauf, dass er morgen noch drin sein darf (denn auch er hat kein Badge für morgen), wenn er einfach sitzen bleibt, die Nacht hier verbringt und dann morgen auf einem der Sofas hier wieder erwacht. Vielleicht, so die klitzekleine Chance, schmeißt ihn tatsächlich keiner raus. Doch uns ist klar: Die Security hat uns alle im Computer gespeichert, beim Verlassen des Gebäudes wird noch einmal ausgecheckt. So einfach ist das hier nicht. Auch der Sitzstreik der Jugendlichen wird mit gemischten Gefühlen betrachtet. Miliband, der britische Außen- und offenbar auch Umweltminister (oder zumindest verkauft er sich wohl auch als solchen) kam gerade noch vorbei und hielt ein Pläuschchen mit Anna, unserer britischen Trackerin.

Auf der anderen Seite wartet hingegen leicht angespannt David, der Direktor von CAN International. Er hat die ganze Zeit für den Zugang weniger CAN Vertreter (sprich von CAN Mitgliedsorganisationen) gekämpft…seine wohl berechtigte Sorge: Wenn nun Jugendliche einiger Mitgliedsorganisationen hier protestieren und den Sicherheitsleuten Widerstand leisten, werden auch diese wenigen morgen nicht mehr reingelassen… So weit so gut, doch damit sind wir noch immer nicht beim eigentlichen inhaltlichen Teil des heutigen Verhandlungstages. Aber genau das vermittelt Euch einen Eindruck, wie man viel erzählen kann, ohne eigentlich etwas auszusagen. Und genau das passierte auch heute wieder in den Sitzungen.

Während im großen Plenarsaal sämtliche Staatschefs rhetorisch gefeilte Reden von sich gaben, wurde die COP (Conference of the Parties) erneut verschoben – dann wieder eröffnet um 21:30 Uhr, nur um festzustellen, dass keiner mit dem Text zufrieden ist, der auf dem Tisch liegt und der dänische Premier nun doch nochmals in private Konsultationen gehen muss.

“He is actually consulting on how to consult and with whom to consult on how to proceed”, so in etwa die Aussage der Madame Chair, … Mauritius hingegen bat ernsthaft um Schlaf und viele schlossen sich an. Auf dem Weg nach draußen dann traf ich, einsam und allein auf dem Flur ausgerechnet den Mann, der noch letzte Nacht erneut viele Klammern und Veränderungen in den Verhandlungstext einzufügen wusste. Jene Klammern, die heute für die vielen Verzögerungen (unter anderem) gesorgt haben, weil wieder nichts klar und alles zweideutig war: Jonathan Pershing, der Chef-Unterhändler der USA. Doch auch er ist offenbar nur ein Mensch mit dem Bedürfnis nach Schlaf. So drehte er sich beim Hören meiner Schritte um und warf mir ein freundliches Lächeln zu. “Good night buddy.”

Vielleicht sind einige unserer von Menschen gemachten Differenzen ja doch zu überbrücken, wenn wir uns darauf zurück besinnen. Auf die uns allen gemeinsamen Bedürfnisse.“

In Kopenhagen beraten die Vereinten Nationen derzeit über ein globales Klimaschutzabkommen. Im Rahmen der Aktion Adopt a negotiator bloggt Ole Seidenberg live von den Verhandlungen. Alle Beiträge von Ole kannst du hier lesen. Du willst dich für ein faires Klimaschutzabkommen stark machen? Bei TckTckTck.org findest du viele Möglichkeiten, wie du dich jetzt engagieren kannst. RESET ist offizieller Partner von TckTckTck.

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