Conflictfood: vom Krisenessen, das vielleicht bald keines mehr sein muss

Die Afghanistan Box mit dem Conflictfood Safran

Die Gründer des Startups „Conflictfood“ reisen in Krisenregionen der Welt, um vor Ort landestypische Agrarprodukte zu finden und einen direkten Handel mit Kleinbauern anzustoßen. So sollen lokale Strukturen gestärkt und Fluchtursachen bekämpft werden.

Autor*in Laura Wagener, 06.09.17

Übersetzung Laura Wagener:

Afghanistan, Jemen, Palästina – wer die Namen dieser Länder hört, denkt in erster Linie an große politische Konflikte. Per Zufall entdeckten die heutigen Geschäftspartner Salem El-Mogaddedi und Gernot Würtenberger bei einer Reise durch Afghanistan, dass die Menschen vor Ort natürlich auch von anderen Problemen dominiert werden: dem Überleben durch den möglichst wirtschaftlichen Anbau und Verkauf von Agrargütern. Sie stießen auf ein selbst organisiertes Frauenkollektiv, welches sich mit dem Anbau eines sehr speziellen und lukrativen Produkts von der sonst gängigen Opiumproduktion lösen könnte: mit dem Anbau von Safran. Safran gehört zu den kostbarsten und teuersten Gewürzen der

© Conflictfood | Gernot Würtenberger Safranernte in Afghanistan

Welt – ein Gramm der würzigen roten Fäden gehen für 10 bis 30 Euro über den Ladentisch. Das liegt zum einen an der aufwändigen Art der Ernte (nur wenige Faden pro Safranblüte) und den vielen Zwischenhändlern, die ihre Marge auf den Preis aufschlagen.

El-Mogaddedi und Gernot Würtenberger verlassen Afghanistan 2015 mit zwei Kilo Safran im Gepäck und dem Wunsch, Projekte wie das Safran-Frauenkollektiv unterstützen zu wollen. Aus dem Wunsch wird das Start-Up „Conflictfood“, über das sie nun spezielle Lebensmittel aus Krisenregionen fair gehandelt und auf Augenhöhe mit den Produzenten vertreiben. Über den Verkauf der in Krisenregionen angebauten Produkten sollen lokale Wirtschaftsstrukturen gestärkt werden, neue Perspektiven eröffnet sowie ein Grundstein für soziale Entwicklung gelegt werden und so Fluchtursachen obsolet machen.

Conflictfood – Online-Shop mit moralischem Manifest

Ihr erstes Produkt, die Afghanistan-Box, enthält nicht nur zwei oder vier Gramm feinsten fair gehandelten Safran, sondern auch Rezepte und eine von den Gründern selbst geschriebene Zeitung mit Informationen über Land und Leute. So soll Bewusstsein für die Zivilgesellschaft in Krisenregionen geweckt werden.

Ihre nächste Reise führte die beiden Gründer nach Palästina, von wo die beiden ein für das Land typisches und hierzulande noch fast unbekanntes Lebensmittel mitbrachten: Freekeh. Frekeeh ist eine Getreideart, die ähnlich wie Weizenschrot oder Couscous zubereitet werden kann, und nussig schmeckt. Und Würtenberger und El-Mogaddedi haben schon neue landestypische Agrarprodukte im Visier, die sie in das Sortiment aufnehmen möchten: in der nächsten Instanz sollen Kaffeebauern im Jemen, Dattelbauern in Palästina und Salzkooperativen in Äthiopien unterstützt werden. Vertrieben werden die Produkte dann wie ihre Vorgänger über den Online-Shop der Conflictfood-Webseite, auf der die Gründer auch per Blog von ihren Reisen und den Bedingungen vor Ort sowie über die verschiedenen Produkte berichten.

Die Würtenberger und El-Mogaddedi haben sich zum Ziel gesetzt, langfristig sozial und nachhaltig zu handeln, ohne sich eventuellen wirtschaftlichen Anreizen zu ergeben. Um das abzusichern, haben sie unumstößliche Imperative für ihre Arbeitsweise festgelegt, die unter folgenden Schlagworten in einem Manifest niedergeschrieben wurden:

  • Direkter Handel
  • Nur das Beste aus der Region
  • Verantwortung für Nachhaltigkeit
  • Absolute Transparenz
  • Eine andere Geschichte erzählen
  • In Bildung investieren
  • Genuß macht Freude!

Was hat das Ganze mit Bildung zu tun? Neben dem Handel auf Augenhöhe mit lokalen Kleinbauern wollen die sozialen Gründer langfristigen Wandel anstoßen: „Wir sind überzeugt, dass Bildung ein wichtiger Schlüssel für Frieden ist. Beim Kauf jedes Produktes geht ein Teil des Erlöses an eine Bildungseinrichtung des Herkunftslandes. Diese Bildungseinrichtungen besuchen wir persönlich und der Geldfluss wird transparent […] dokumentiert.“

Und Nachhaltigkeit ist übrigens auch hier vor Ort die geltende Devise: Die Verpackungen der Lebensmittel werden im Berliner Stadtteil Kreuzberg von Menschen mit Handicap hergestellt.
 

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