CO2-Emissionen beim Video-Streaming: UMTS als Übeltäter

In Zeiten von “Stay home, save lives!” erzielten Netflix, Amazon Prime, Youtube und Co. Rekordzahlen – und haben die CO2-Emissionen in die Höhe getrieben. Erste Forschungen des Umweltbundesamts haben nun ein weiteres für die Emissionen verantwortliches Stück im Streaming-Puzzle entdeckt: die Datenübertragung via UMTS-Mobilfunknetz.

Autor*in RESET , 24.09.20

Seit der Corona-Krise ist die ohnehin große Nachfrage nach Online-Diensten wie Cloud-Gaming oder Video-Streaming noch weiter gestiegen. Im März 2020 wurde der weltweite Rekordwert gemessen: Der Datendurchsatz pro Sekunde am größten Internetknoten der Welt in Frankfurt am Main war so enorm, dass damit mehr als zwei Millionen Personen gleichzeitig HD-Videos hätten streamen können: 9,16 TBit (Terabit) Datendurchsatz pro Sekunde. Damit wächst der CO2-Fußabdruck der Digitalisierung stetig – und das Streaming hat einen nicht unerheblichen Anteil daran.

Doch wie die kürzlich bekannt gegebenen Ergebnisse des Forschungsprojekts „Green Cloud-Computing“ im Auftrag des Umweltbundesamtes zeigen, fallen die CO2-Emissionen beim Streaming je nach Datenübertragung unterschiedlich aus: Via Glasfaser-Anschluss sind die Belastungen mit zwei Gramm CO2 je Stunde am geringsten, eine Kupferkabelverbindung sorgt für vier Gramm je Stunde. Die größte Produktion an Emissionen ergab das Binge-Watching mittels UMTS-Mobilfunknetz: 90 Gramm CO2 je Stunde. Findet die Übertragung hingegen via 5G statt, belaufen sich die Emissionen auf nur fünf Gramm. Auch die Datenverarbeitung in den Rechenzentren erzeugt Emissionen, sie sind mit jeweils 1,5 Gramm CO2 pro Stunde allerdings relativ gering. Der Stromverbrauch des Endgeräts wurde bei der Kalkulation jedoch nicht berücksichtigt.

Laut Bundesumweltministerin Svenja Schulze ist klimafreundlicheres Video-Streaming möglich – mit dem richtigen Weg der Datenübertragung. „Aus Umweltsicht ist es eine gute Idee, mehr öffentliche WLAN Hotspots einzurichten“, so Schulze.
Der Präsident des Umweltbundesamtes, Dirk Messner, geht von stetig wachsenden Datenmengen aus – egal, ob für das Homeoffice oder die private Nutzung. „Aus Klimaschutzsicht ist auch die neue 5G-Überrtagungstechnik vielversprechend.“ Das zeigten erste Ergebnisse der Studie „Green Cloud Computing“, die das Öko-Institut und das Fraunhofer IZM gemeinsam erstellen.

Die Studie „Green Cloud Computing“

Die Studie hat den Anspruch, mit den CO2-Fußabdruck von datenintensiven Anwendungen wie Videostreaming, Video-Konferenzen und Online-Datenspeicherung realitätsnäher als bisher zu ermitteln. Die Studien der letzten Jahre sind zu teilweise sehr unterschiedlichen Ergebnissen gekommen, da sie mit ungleichen Methoden und Daten gearbeitet haben. Die Berechnungen der aktuellen Studie leiten sich aus Daten ab, die in Rechenzentren gemessen wurden und aus technischen Datenblättern stammen. Das Sachbilanzmodell der vorliegenden Studie orientiert sich an dem Indikatoren-Modell KPI4DCE (UBA 2018). Mit diesem Modell lassen sich die Lebensphasen der Herstellung und die Nutzung eines Rechenzentrums bilanzieren. Für die Umweltwirkungsabschätzung des Cloud-Computing-Services eines Rechenzentrums wurde das Indikatoren-Modell KPI4DCI in dem Forschungsvorhaben „Green Cloud-Computing“ erweitert. Die vollständigen Ergebnisse und der Abschlussbericht werden voraussichtlich im Dezember vorliegen.

Streaming-Emissionen selbst reduzieren

Die ersten Ergebnisse der Studie zeigen, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt, die CO2-Bilanz des Streamings zu reduzieren. Und es ist wichtig, dass auf die neuen Erkenntnisse entsprechende politische Richtlinien und Rahmenbedingungen folgen, um den CO2-Fußabdruck der Digitalisierung nicht noch weiter wachsen zu lassen. Erste Schritte finden immerhin schon Erwähnung in der Digitalagenda des BMU.

Doch es gibt schon jetzt Möglichkeiten, wie Nutzer*innen beim Streaming CO2-Emissionen einsparen können. Dazu gehört, Filme mit einer geringeren Auflösung anzuschauen und Musik besser einmal herunterzuladen und zu speichern, anstatt immer wieder zu streamen. Und Webseitenbetreibende können – sofern sie Videos auf ihren Seiten haben – die Autoplay-Funktion standardmäßig auf „Aus“ stellen, um Daten und damit CO2 zu sparen.

Mehr über den digitalen Fußabdruck und wie du diesen verkleinern kannst, findest du in unserem Artikel: Der digitale Fußabdruck – unser Ressourcenverbrauch im Netz.

Autorin: Maren Berthold.

Die Digitalisierung kann nur mit grünen Rechenzentren nachhaltig werden

Eine neue Studie ermittelt den Stromverbrauch und die CO2-Emissionen von Rechenzentren und zeigt, wie diese zentrale Infrastruktur der Digitalisierung klimaschonender betrieben werden kann.

Neue Studie zeigt, wie sich der Corona-Digitalisierungsschub für den Umweltschutz nutzen lässt

Die Einschränkungen der Corona-Pandemie haben sich auch massiv auf Umwelt und Klima ausgewirkt. Eine Kurzstudie des Wuppertal-Instituts und von Ernst & Young (EY) zieht Zwischenbilanz und nennt Maßnahmen, um die positiven Entwicklungen zu erhalten.

Website Carbon Calculator: Wie groß ist der ökologische Fußabdruck deiner Webseite?

Mit dem Internet und digitalen Services sparen wir Ressourcen? Von wegen! Doch es gibt Stellschrauben – schon bei der Wahl des Website-Hosts und der Programmierung. Mit dem Website Carbon Calculator kannst du den ökologischen Fußabdruck deiner Webseite checken und erfahren, wie man nachhaltig programmiert.

logo_dbu
© DBU
Nachhaltigkeit und Digitalisierung im Fokus: RESET.org erhält eine Projekt-Förderung der DBU

Vor wenigen Wochen ist die finale Bestätigung bei uns eingegangen: Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert in den nächsten zwei Jahren unsere Themen-Dossiers fachlich und finanziell. Schon nächste Woche geht's los!

7 Tipps, wie du deinen digitalen Fußabdruck verkleinerst

Suchanfragen, das Streamen von Videos und Musik, Fotos in der Cloud - vor allem unter den alltäglichen Online-Aktivitäten im privaten Bereich befinden sich die größten Stromfresser. Aber: Jede*r einzelne von uns kann etwas dafür tun, den eigenen digitalen Fußabdruck zu verkleinern.

Der digitale Fußabdruck – unser Ressourcenverbrauch im Netz

Jede einzelne Suchanfrage, jedes gestreamte Lied oder Video und jede Art von Cloud-Computing, milliardenfach ausgeführt, überall auf der Welt, ist für einen global immer größer werdenden Strombedarf verantwortlich – und damit auch für steigende CO2-Emissionen. Das digitale Zeitalter stellt uns vor große Herausforderungen.

©
Digitalisierung und Nachhaltigkeit: „Ein großes Potenzial für den Mittelstand“

Die rasante Digitalisierung sinnvoll nutzen und gleichzeitig hohe Ansprüche an Nachhaltigkeit umsetzen – beides stellt kleine und mittelständische Unternehmen vor große Herausforderungen. Die Plattform nachhaltig.digital will dabei unterstützen und hat auf ihrem Jahreskongress jene, die Antworten suchen mit denen zusammengebracht, die Angebote haben.

Doppelte Transformation: Digitalisierung braucht saubere Energie

Der EU kommt eine Schlüsselrolle zu, um die voranschreitende Digitalisierung zugleich nachhaltig zu gestalten und hier auf erneuerbare Energien zu setzen.