Der Verkehrssektor ist derzeit für etwa ein Viertel der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich – bis 2035 wird er voraussichtlich die größte Quelle von Treibhausgasen sein. Kein Wunder also, dass die Dekarbonisierung des Verkehrssektors eine der obersten Prioritäten in Sachen Klima- und Umweltschutz hat.
Der Übergang zu einem umweltfreundlicheren Verkehrswesen stellt jedoch sowohl die Politik als auch die Industrie und die Verbraucher*innen vor große Herausforderungen. Während sich batteriebetriebene Elektrofahrzeuge für Kurzstreckenfahrten in städtischen Gebieten bewährt haben, sind sie für Langstreckenfahrten derzeit noch nicht überall praktikabel.
Aktuell gewinnt eine innovative Lösung – die mobile Kohlenstoffabscheidung – an Bedeutung. Forschenden zufolge, könnte diese Technologie die Emissionsreduzierung bei Lkws, Zügen, Flugzeugen und Booten revolutionieren, indem sie den Kohlenstoff an der Quelle abscheidet.
Wie funktioniert die mobile Kohlenstoffabscheidung?
Einfach ausgedrückt bezeichnet die mobile Kohlenstoffabscheidung den Prozess der Abscheidung von CO2 am Ort der Emission – nämlich innerhalb des Fahrzeugs während der Fahrt – bevor es in die Atmosphäre gelangt. Die Systeme können in verschiedene mobile Plattformen integriert werden. Während der Fahrt kann das abgeschiedene CO2 zwischengelagert und dann später entweder in industriellen Prozessen genutzt oder durch Kohlenstoffsequestrierung dauerhaft in unterirdischen geologischen Formationen gespeichert werden.
Prototyp fängt 40 Prozent des Kohlenstoffs eines Sattelschleppers auf
Im November 2022 wurden erste Ergebnisse einer neuen 165-kW-Anlage im Pilotmaßstab zur mobilen Kohlenstoffabscheidung, die in das Heck eines Sattelschleppers integriert wurde, veröffentlicht. Die Wissenschaftler*innen waren in der Lage, das thermische Absorptionsverfahren, das üblicherweise in großen, stationären Kohlenstoffabscheidungssystemen verwendet wird, im Raum zwischen Lkw-Zugmaschine und Anhänger zu integrieren. Der gesamte Prozess der CO2-Absorption – CO2-Kompression und -Lagerung sowie Lösungsmittelreinigung – fand während der Fahrt statt.
Die Ergebnisse waren vielversprechend. Bei einer Motorlast von 50 Prozent erreichte das System eine maximale Abscheidungsrate von 42 Prozent und übertraf damit die CO2-Reduktion, die mit einer früheren Technologie erreicht wurde. Außerdem benötigte das neue System ausschließlich die Abwärme des Auspuffs, um den Abscheidungsprozess anzutreiben.
Rasante Verbesserungen von Mobilen-Kohlenstoffabscheidungs-Technologien
Vor kurzem haben Forschende an der King Abdullah University of Science and Technology in Saudi-Arabien ein noch effizienteres System entwickelt. Um die Energie-, Platz- und Prozessbeschränkungen zu minimieren, nutzten sie verschiedene Materialien mit poröser Konsistenz und käfigartigen Strukturen, die als metallorganische Gerüstverbindungen bezeichnet werden. Diese Verbindungen eignen sich besonders für die Abscheidung von Kohlenstoffdioxid, da sie das CO2 ohne chemische Reaktionen speichern können und so eine einfache Trennung unter geringem Energieverbrauch ermöglichen.
Das Team entwickelte zwei verschiedene Systeme zur mobilen Kohlenstoffabscheidung. Das erste System fing CO2 aus Gasgemischen ab – sogar unter feuchten Bedingungen – und das zweite System speicherte das abgeschiedene CO2 effizient. Auch hier wurde die Abwärme genutzt, um den Prozess anzutreiben. Die Wissenschaftler*innen berechneten den optimalen Druck- und Leistungsbedarf auf Grundlage von typischen, alltäglichen Fahrtbedingungen von Sattelschleppern.
Bemerkenswert ist, dass das System 50 Prozent des ausgestoßenen CO2 mit einer Reinheit von 96 Prozent auffängt, nur 7,6 Prozent zusätzliche Motorleistung benötigt und in ein kompaktes Volumen von weniger als 1,5 Kubikmetern passt.
Mobile Kohlenstoffabscheidung: Der Weg in die Zukunft?
Da die Technologie und die Forschung auf diesem Gebiet weiter voranschreiten, hat die mobile Kohlenstoffabscheidung das Potenzial, eine entscheidende Rolle bei der tiefgreifenden Dekarbonisierung des Verkehrssektors zu spielen.
Weitere Entwicklungen sind jedoch notwendig, um Effizienz, Skalierbarkeit und Kosteneffizienz zu verbessern. Dabei spielt das Gleichgewicht zwischen dem Energie- und Leistungsbedarf und einer effektiven CO2-Abscheidung eine wichtige Rolle, ebenso wie die Entwicklung der Infrastruktur für die CO2-Verteilung und -Speicherung. Weitere kritische Schritte sind die Überwindung von Gewichts- und Platzbeschränkungen bei der Integration in kleineren Fahrzeugen sowie die Gewährleistung wettbewerbsfähiger Kosten.
Dennoch gilt es zu beachten, dass diese Technologie – wie effizient sie auch werden sollte – vor allem in Bereichen sinnvoll ist, in denen der Umstieg auf alternative Antriebe schwierig ist. Dazu zählt beispielsweise die Luftfahrt. Lkws mit Verbrennungsmotor sollten zukünftig möglichst reduziert werden und durch nachhaltigeren Güterverkehr wie den Schienenverkehr oder die Elektromobilität ersetzt werden. Denn grundlegend gilt es, die Verwendung von fossilen Brennstoffen sowie die Ausscheidung von anderen Schadstoffen durch Verbrennungsmotoren für eine erfolgreiche Mobilitätswende und letztlich auch einen erfolgreichen Klimaschutz zu vermeiden.