Bündnis „Bits & Bäume“ fordert von Politik: Digitalisierung muss sozial-ökologischem Wandel dienen

Bits & Bäume

Anlässlich der „Bits & Bäume“-Konferenz 2022 haben heute 13 Organisationen Forderungen für eine nachhaltige Digitalisierung veröffentlicht.

Autor*in Sarah-Indra Jungblut, 05.09.22

In wenigen Wochen, vom 31. September bis zum 2. Oktober, findet die „Bits & Bäume“-Konferenz in Berlin statt. Bei der Konferenz dreht sich, wie es der Name schon nahelegt, alles um die Themen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Schon heute haben die 13 beteiligten Organisationen aus Umwelt,- Klima- und Naturschutz, Digitalpolitik, Entwicklungszusammenarbeit und Wissenschaft ihre Forderungen an die Bundesregierung, die Europäische Union und politische Akteure weltweit vorgelegt. Das zentrale Anliegen des Appells: Endlich aktiv eine Digitalisierung voranzutreiben, die dem sozial-ökologischen Wandel dient.

„Die aktuellen Krisen haben noch deutlicher gemacht: Wir müssen unsere Gesellschaft grundlegend umbauen. Die Digitalisierung muss dazu aktiv so gestaltet werden, dass sie nachhaltig und ressourcenschonend wirkt und dass dabei Datenschutz nicht als Hemmschuh missverstanden, sondern genau wie IT-Sicherheit immer mitgedacht wird“, sagt Constanze Kurz, Sprecherin des Chaos Computer Clubs. Anstatt also weiterhin die mangelnde Teilhabe vor allem des Globalen Südens und existierende Krisen durch einen explodierenden Energiebedarf und Ressourcenverbrauch noch weiter zu verschärfen, gehe es darum, mithilfe digitaler Technologien zu einer gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe innerhalb der planetaren Grenzen beizutragen.

Dazu sei die digitale Wirtschaft gefordert, ökologische und soziale Verantwortung entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu übernehmen. „Digitalunternehmen müssen in die Pflicht genommen werden, Informationstechnologien und -infrastrukturen ohne Kompensation klimaneutral und an einer Kreislaufwirtschaft orientiert herzustellen und zu betreiben“, sagt Thomas Korbun, wissenschaftlicher Geschäftsführer am Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW)

Gleichzeitig müsse die Digitalisierung ein weltweit faires Wirtschaftssystem unterstützen, das dem Globalen Süden eine gerechte und wirtschaftliche Teilhabe ermöglicht. Dazu gehöre auch, lokale Gemeinschaften, zivilgesellschaftliche Gruppen und indigene Völker in die Gestaltung der globalen Digitalwirtschaft und -politik aktiv einzubeziehen. Hier ist an erster Stelle die Poltik gefragt, die strategischen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit sich die Digitalisierung in Zukunft am Natur-, Klima- und Ressourcenschutz sowie am Erhalt der Biodiversität ausrichtet.

Auch in der Landwirtschaft spiele die Digitalisierung eine entscheidende Rolle, da sie hier allzu oft im Dienst von Plattform-, Saatgut- und Landmaschinenkonzernen steht, nicht aber an den Bedürfnissen einer bäuerlich-ökologischen Landwirtschaft orientiert ist. „Gerade in Zeiten von Ernährungs- und Agrarkrisen braucht es einen umfassenden Rechtsrahmen, damit die Digitalisierung einen positiven Einfluss auf eine nachhaltige Landwirtschaft entwickeln und auf die Verwirklichung der globalen Ernährungssouveränität hinwirken kann“, so DNR-Geschäftsführer Florian Schöne.

Aus Nachhaltigkeitsperspektive werden auch die immer weiter verbreiteten automatisierten Entscheidungssysteme kritisch betrachtet. Daher fordern die 13 Organisationen des Bündnis, dass Mitbestimmungs- und Grundrechte in den Daten und Algorithmen gewahrt werden, die der Entscheidungsfindung zugrunde liegen. Auflagen zu formulieren und Nichteinhaltung zu sanktionieren solle dabei die Aufgabe von Prüfkommissionen unter zivilgesellschaftlicher Aufsicht sein.
Die Forderungen des Bündnis „Bits & Bäume“ gehen damit weit über die Ansätze der jüngst beschlossenen Digitalstrategie der Bundesregierung hinaus. „So verstehen wir auch den Forderungskatalog des Bündnisses: als klaren Auftrag an die Regierung und als Update zu ihrer unzureichenden Digitalstrategie“, betont daher Constanze Kurz.

„Bits & Bäume“ ist das größte deutschlandweite zivilgesellschaftliche Bündnis an der Schnittstelle zwischen Digitalisierung und Nachhaltigkeit – und die Community wächst weiter. Seinen Auftakt hatte „Bits & Bäume“ mit der ersten bundesweiten Konferenz 2018 und findet seine Fortsetzung in wenigen Wochen. Das Programm der diesjährigen „Bits & Bäume“–Konferenz steht bereits fest, die Themen reichen von vernetzter Mobilität über den Rohstoff- und Strombedarf digitaler Geräte, Datensuffizienz und kooperativen Plattformökonomien bis hin zu smarten Energienetzen oder Monopolisierungstendenzen in der digitalen Ökonomie.

Die vollständigen Forderungen gibt es hier zum Nachlesen: Forderungen Bits & Bäume 2022

Der Ticketverkauf läuft bereits – sei dabei! Jetzt Ticket sichern.

Hier findest du das vollständige Programm: Bits & Bäume 2022

Wir freuen uns, mit RESET als Medienpartner dabei zu sein – wir sehen uns auf der Konferenz!

Torge Peters
Agrarwende: Welche Rolle spielt die Digitalisierung bei der nachhaltigen Landwirtschaft von morgen?

Klimawandel und Artenverlust stellen die Landwirtschaft vor große Herausforderungen. Hier geben wir einen Überblick - und fragen nach der Bedeutung der Digitalisierung auf Feldern und Höfen.

Dieses Logistik-Tool verbessert die humanitäre Hilfe und senkt die Kosten für das Internationale Rote Kreuz drastisch

Das Internationale Rote Kreuz versorgt Menschen in Not mit lebenswichtigen medizinischen Gütern. Ein Logistik-Tool verbessert ihre komplizierte Arbeit.

„Die Landwirtschaft kann so viel mehr als Lebensmittel produzieren.“ Interview mit Sonoko Bellingrath-Kimura (ZALF)

In der Landwirtschaft werden vor allem Lebensmittel produziert. Sie kann aber auch zum Schutz von Klima und Natur beitragen. Welche Rolle der Digitalisierung dabei zukommt, darüber haben wir mit Prof. Dr. Sonoko Dorothea Bellingrath-Kimura gesprochen.

Joseph Maina
Joseph Maina
Interview mit Joseph Maina, RESETs Stimme aus Kenia

Joseph Maina ist freiberuflicher Journalist und lebt in der kenianischen Stadt Naivasha – und er schreibt für RESET über Nachhaltigkeit und Digitalisierung in Kenia.

Nachhaltige Software: Wie freie Lizenzen helfen, unsere Ressourcen zu erhalten

Software ist eine systemrelevante Ressource unserer Gesellschaft geworden. Freie Lizenzen garantieren ihre langfristige Verfügbarkeit. Darüber hinaus kann der Einsatz freier Software auch direkt und indirekt natürliche Ressourcen schonen.

Das Berkeley-Protokoll setzt internationale Standards für digitale Open-Source-Untersuchungen

Untersuchungen auf Basis von Social-Media-Beiträgen und anderen frei zugänglichen Daten können eine wichtige Rolle bei der Aufdeckung von Menschenrechtsverletzungen oder Umweltskandalen spielen. Das Berkeley-Protokoll will deren Zuverlässigkeit erhöhen.

Wie viel Geld fließt tatsächlich in Klimamaßnahmen? Ein neues Modell gibt Antworten

ETH-Forschende haben ein neues Modell vorgestellt, das mithilfe von maschinellem Lernen Ungenauigkeiten in der globalen Klimafinanzierung aufdeckt.

Umweltproblem Mobiltelefon

Die Verlockung ist groß, sich regelmäßig das neueste Mobiltelefon zu besorgen, weil es noch ein paar mehr Funktionen hat oder einfach die Optik gefällt. Welche Probleme bringt das mit sich?