Bluefield: Methan-Lecks mit Satelliten erkennen

Durch Lecks in Erdgas-Pipelines gerät Methan oft unentdeckt in die Atmosphäre und befeuert dort den Klimawandel. Mit Satelliten und optischen Sensoren kann das Unternehmen Bluefield diese Lecks aus dem All aufspüren.

Autor*in Jasmina Schmidt, 05.05.20

Übersetzung Jasmina Schmidt:

Methan (CH4) ist ein Treibhausgas, dem im Klimawandel– Diskurs weniger Bedeutung beigemessen wird als Kohlendioxid. Das mag daran liegen, dass prozentual gesehen weniger Methan-Emissionen verursacht werden und es eine kürzere Lebenszeit in der Atmosphäre aufweist als CO2. Dennoch sollten die Auswirkungen von Methan auf unser globales Klima nicht übersehen werden: Methan ist etwa 25-mal so wirksam für den Treibhauseffekt wie CO2.

Wenn über den Klimawandel und Methan gesprochen wird, geschieht das häufig im Zusammenhang mit Viehhaltung und speziell mit Rindern. Hier entsteht das Gas während des Gärungsprozesses im Magen der Wiederkäuer und wird dabei freigesetzt. Doch auch in anderen Bereichen kommt es zu Emissionen von Methan. Erdgas zum Beispiel besteht hauptsächlich aus Methan. Bei der Verbrennung von Erdgas entsteht zwar CO2, weshalb diese Art der Energiegewinnung ohnehin nicht klimafreundlich ist, jedoch vor allem bei der Gewinnung und dem Transport von Erdgas kann Methan in die Atmosphäre entweichen. Ein häufiger Grund dafür sind Lecks in den Pipelines. Das große Problem dieser Lecks: Sie werden oftmals nicht oder erst nach einiger Zeit entdeckt und das Gas entweicht währenddessen ungehindert in die Atmosphäre.

Das US-Unternehmen Bluefield hat nun eine Technologie entwickelt, die solche Lecks entdeckt, indem sie Satellitentechnik und optische Verfahren vereint. Dafür werden etwa rucksackgroße Satelliten mit optischen Sensoren ausgestattet, um weltweit die Daten von Methanemissionen zu erfassen. Wenn Sonnenlicht auf die Erde trifft, wird es mit Lichtgeschwindigkeit wieder zurück in den Weltraum gespiegelt. Trifft es dabei eine Stelle, die Methan emittiert, blockiert das Methan einen Teil des Lichtspektrums und hinterlässt eine einzigartige spektrale Signatur. Der mikrosatellitengestützte Sensor von Bluefield fängt das vom Boden reflektierte Licht ein und erkennt mit Hilfe modernster optischer Verfahren den spektralen Fingerabdruck des Methans. Das Design des Sensors ermöglicht es, über 20.000 Spektrallinien zu erkennen, die zusammen einen Methan-„Fingerabdruck“ ergeben. Dies macht es möglich, die Stellen, an denen Methan austritt, identifizieren zu können. Im Anschluss werden Algorithmen der maschinellen Bildverarbeitung verwendet, um die Daten weiter zu verbessern. Dabei nutzt Bluefield eine optische Technik, die sich bei bisher zwölf Weltraummissionen der NASA bewiesen hat, in einer verkleinerten Version.

In Deutschland entfallen nach Zahlen des Umweltbundesamtes 88,2 Prozent der Freisetzung von Treibhausgasen auf Kohlendioxid. Methan liegt mit 6 Prozent an zweiter Stelle, gefolgt von Lachgas mit 4,2 Prozent und weiteren Treibhausgasen mit rund 1,7 Prozent. Die größten Methan-Emissionen in Deutschland entstehen in den Sektoren Landwirtschaft (insbesondere in der Viehhaltung), Abfallwirtschaft und Energie. Europaweit wird der Verlust von Erdgas aus Lecks und somit Methanemissionen von einer Studie der Europäischen Kommission zwischen 0,5 und 1,5 Prozent geschätzt. Die größten Produzenten von Erdgas – die USA, Russland und Länder im Mittleren Osten – werden in dieser Studie nicht berücksichtigt. Außerdem handelt es sich nur um Schätzungen und die Dunkelziffer liegt höchstwahrscheinlich sehr viel höher.

Der Einsatz neuer Technologien wie der von Bluefield kann zu einer genaueren Analyse und einer Reduktion der Emissionen beitragen. Laut der IEA (International Energy Agency) stützte sich die Lecksuche bisher hauptsächlich auf den Einsatz von tragbaren Wärmekameras zur Identifizierung von Emissionsquellen, was langwierig und umständlich ist. Satelliten und andere Luftmessverfahren, wie Drohnen oder Flugzeuge, können daher einen viel schnelleren und umfassenderen Überblick liefern.

Dieser Artikel ist Teil des Dosssiers „Satelliten und Drohnen – Wertvolle Helfer für eine nachhaltige Entwicklung“. Alle Artikel des Dossiers findest du hier: Dossier Satelliten und Drohnen

Das Dossier ist Teil der Projekt-Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), in deren Rahmen wir vier Dossiers über zwei Jahre zum Thema „Chancen und Potenziale der Digitalisierung für eine nachhaltige Entwicklung“ erstellen.


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