Bluebloqs: Biofilter-System gegen Überschwemmung und Wassermangel

Urbane Gebiete sind wegen des Klimawandels zunehmend von Extremwetterereignissen wie Starkregen oder Dürreperioden betroffen. Das niederländische Projekt Bluebloqs hat einen Lösungsansatz für dieses Problem – und setzt dabei auf natürliche Ressourcen.

Autor*in Leonie Asendorpf, 30.06.20

Übersetzung Leonie Asendorpf:

Die Auswirkungen des Klimawandels sind längst sicht- und spürbar. Auch in unseren Breiten werden Wetterveränderungen, die durch den Klimawandel verursacht werden, immer häufiger. Vor allem Extremwetterbedingungen wie Sturzfluten aufgrund heftiger Niederschläge oder Hitzephasen werden zunehmend zum Problem. Dabei werden nicht nur die Gesundheit der Menschen, sondern auch die Infrastruktur, die Natur und unsere Ökosysteme belastet. Wie kann eine Lösung aussehen, in der natürliche Ressourcen genutzt werden, um Extremwetterbedingungen abzufedern?

Das niederländische Unternehmen Field Factors ist spezialisiert auf die Entwicklung von Wasseraufbereitungslösungen im städtischen Raum und hat ein Biofilter-System mit dem Namen Blueboqs entwickelt, mit dem Regenwasser gespeichert, gefiltert und somit für Dürrephasen wiederverwendet werden kann. Auf diese Weise können städtische Abwassersysteme bei Starkregenereignissen entlastet und große Flächen im privaten oder öffentlichen Raum in Hitzephasen gekühlt werden. „Wir haben gesehen, dass grüne Lösungen in Starkregenphasen viel besser in der Lage sind, Wasserüberfluss abzuleiten“, berichtet Wilrik Kok, verantwortlich für Partner- und Geschäftsbeziehungen bei Field Factors.

Auffangen, filtern, speichern, wiederverwenden 

Und so funktioniert das System: In Starkregenphasen wird das Wasser kontrolliert von Straßen oder anderen Oberflächen abgeleitet. Anschließend fließt das aufgefangene Regenwasser durch einen Biofilter, wo es durch einen Sandfilter und eine natürliche Pflanzenkläranlage geleitet wird. So werden Sedimente, Schwermetalle und organische Schadstoffe aus dem Wasser gefiltert. Sowohl der Sandfilter als auch die Pflanzenkläranlage kommen komplett ohne Chemikalien aus und nutzen die natürlichen Filterfunktionen der Natur. Nach der Filterung wird das Wasser unter der Erde in sogenannten Infiltrationsbrunnen gespeichert. Insgesamt kann das Bluebloqs-System nach Angaben von Field Factors bis zu 95 Prozent des aufgefangenen Regenwassers nach der Filterung speichern, um es in trockeneren Phasen wieder einsetzen zu können. „Bei einem jährlichen Niederschlag von 800 Liter pro Quadratmeter und einer Projektfläche von drei Hektar können 16.000 Kubikmeter hochwertiges Wasser für Bewässerung, Springbrunnen, Reinigung, Spülung verwendet werden“, so Kok.

Aktuell wird das erste funktionierende Prototypensystem im „Green Village“ in Delft, einer niederländischen Kleinstadt zwischen Den Haag und Rotterdam, getestet. Das „Green Village“ ist eine vom europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) finanzierte Initiative der Technischen Universität Delft und bietet Wissenschaftler*innen, Ingenieur*innen und Unternehmen einen Ort, um innovative und nachhaltige Ideen zu entwickeln, zu testen und am Ende der Öffentlichkeit zu präsentieren. 

„Derzeit experimentieren wir mit neuen Konfigurationen unseres Systems, die uns wertvolle Einblicke in die Behandlungseffizienz bestimmter Schadstoffe wie Metalle, Nährstoffe und Krankheitserreger geben“, so Kok. Außerdem werden mit dem Prototyp verschiedene Filtermethoden und Pflanzenarten getestet und analysiert.

Das Bluebloqs-System wird durch ein Förderprogramm der EU finanziert. Es wurde im Rahmen des BRIGAID-Projekts entwickelt, das unter dem Dach des EU-Förderprogramms Horizon2020 steht. BRIGAID ist ein auf vier Jahre (2016 bis 2020) angelegtes Projekt, das darauf abzielt, Innovator*innen und Endnutzer*innen bezüglich der Widerstandsfähigkeit gegen Überschwemmungen, Dürren und Extremwetter zusammenzubringen und finanziell auf dem Weg von einer Idee bis hin zur Vermarktung von nachhaltigen Innovationen zu unterstützen.

Pro Quadratmeter Projektfläche soll das System, wenn es nach den Tests zum Verkauf steht, zwischen acht und zwanzig Euro kosten. Eine 30.000 Quadratmeter große Fläche soll beispielsweise insgesamt 420.000 Euro kosten und eine Lebensdauer von mindestens 20 Jahren haben. Die Kosten sollen dabei die gesamte Herstellung, die Produktlieferung sowie die technischen Installationen umfassen. 

RESET hatte bereits über ein anderes niederländisches Projekt berichtet: Das Amsterdamer Modelprojekt RESILIO will dem Problem der zunehmenden Extremwetterereignisse in urbanen Räumen mit Wasserspeichern auf Häuserdächern begegnen, in die intelligente Sensoren und ein Kommunikationsnetzwerk integriert sind.

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