Von Autos und Algen: Green Venture Summit 2010

Auf dem Green Venture Summit in Berlin trafen sich grüne Gründer mit umweltbewussten Investoren. RESET war dabei und hat zwischen Mikroalgen und Elektroautos einen Blick auf die Zukunft der Green Economy erhascht.

Autor*in Helge Peters, 11.05.10

Einen Fahrradständer gab es zwar nicht, dafür stand ein sportlicher Tesla Roadster vor dem wiedereröffneten Kongresszentrum MOSKAU in Berlin. Damit war die Richtung klar: Um klimafreundliche Innovationen ging es auf dem ersten Green Venture Summit in Berlin. Die Organisatoren Jan Michael Hess und Sarik Weber, bekannt in der deutschen Gründerszene, hatten ein dicht gepacktes  Programm aus Präsentationen und Panels aufgestellt.

Ein erstes Highlight war die Vision für den Flughafen Tegel des Architekten Manfred von Gerkan.  Der 1969 von ihm entworfene Flughafen wird nächstes Jahr wegen des neuen Hauptstadtflughafens BBI Schönefeld schließen. Nach dem Willen von Gerkans soll auf der 60 Hektar großen Fläche mit dem Projekt TXL+ eine nachhaltige Stadt entstehen. Die alten Gebäude sollen durch Solarpanels aktiviert und zu Showrooms und Büros für Startups der deutschen  Umwelttechnologie umgebaut werden. Langfristig soll mit einer dichten Mischbebbauung aus Leben und Arbeiten in Tegel eine Energie-Plus-Stadt entstehen. Sogar für die alten Fluggastbrücken hatte von Gerkan noch eine Idee: Sie sollen als mobile Infocontainer auf Reisen durch die Welt gehen und TXL+ promoten.

Zentraler Punkt auf der Agenda des Green Venture Summit waren natürlich die Pitch Sessions, bei denen Gründer mit grünen Geschäftsideen jeweils sieben Minuten Zeit hatten, potentielle Investoren zu begeistern:

Die Sustain GmbH will eine Softwarelösung anbieten, die es Unternehmen erlaubt, die Datenmengen zu managen, die es braucht, um Nachhaltigkeitsberichte für einzelne Produkte zu erstellen. Die Kooperationspartner WeGreen kümmern sich dann um die Kommunikation mit dem Verbraucher.

Holger Giebel von TimberTower möchte die Türme von Windkraftanlagen aus Holz errichten. Das sei wegen des stark schwankenden Stahlpreises kosteneffizienter, außerdem CO2-neutral machbar und die Türme seien einfach zu recyclen.

Die Firma Govecs stellte ihre Elektroscooter vor, von denen auch schon drei Stück vor dem Konferenzzentrum zum Probefahren bereitstanden.

Für Elektrofahrzeuge braucht es Ladestationen. Hans-Harjung von e-moove möchte Stadtmöbel aufstellen, die als Ladestationen für alle Typen von Elektroautos genutzt werden können. Betrieben werden sollen die Stationen mit Ökostrom. Kommunen sollen die Ladesäulen kostenlos bekommen, die dann durch Werbung finanziert werden.

Prof. Dr. Stefan Rill von phytolutions will die Kraft der Algen nutzen: Mikroalgen wachsen 20 mal schneller als Landpflanzen und speichern sehr viel Energie. Momentan hat phytolutions eine Kooperation mit RWE, dessen CO2-Ausstoß eines Kohlekraftwerks sie für das Algenwachstum umnutzen. Kurzfristig können die Algen schon als Tierfutter genutzt werden, langfristig sollen sie als Biomasse für Treibstoffe zum Einsatz kommen.

Nach der ersten Pitch Session enterte Craig Davis von Tesla Motors die Bühne. Er verglich die Tesla-Sportwagen mit dem Sputnik auf dem Dach des MOSKAU: Man würde ihnen ihre disruptive Technologie nicht ansehen, die meisten Leute wüssten gar nicht, dass da ein Elektroauto vor ihnen steht … „we like that“. Ohne klassische Werbung, nur mit Online-Mundpropaganda und Presseberichterstattung hätten sie bereits 11.000 Sportwagen verkauft, davon 70 in Deutschland, wo in Frankfurt/Main und Hamburg demnächst Tesla-Shops eröffnet werden sollen. Als nächstes wollten sie auch ihren Käufern mehr ins Bewusstsein bringen, dass die ihre Autos dann auch nur mit Ökostrom auftanken. Mit den Worten „go green and go fast“ lud Davis die Gäste zur Probefahrt auf der Karl-Marx-Allee ein.

Die nächste Pitch-Runde brachte Nikolaus Starzacher von Discovergy auf die Bühne. Das Startup bietet Smart Metering an: Ein intelligenter Stromzähler misst genau, wann von welchem Gerät wieviel Strom im Haushalt verbraucht wird, so dass man seine Stromfresser fest im Griff hat, günstige Tarife auswählen neben dem Strom auch noch Geld sparen kann. Sollte man mal vergessen haben, das Licht auszuschalten, kann einem Discovergy auch eine Erinnerungs-SMS schicken.

Beleuchtung macht bis zu 50 Prozent des Energieverbrauchs in Gebäuden aus. Die Firma Cogilux will LED-Leuchtstoffröhren auf den Markt bringen, die bis zur Hälfte des Stroms für gängige Leuchtstoffröhren einsparen und außerdem keinen giftigen Müll produzieren.

Dem Flächenfraß von Windkraftparks will Philipp Wagner von WindCube mit einer Kombination von „wind power components and sophisticated engineering“ begegnen. Mit Kabelkonstruktionen stabilisiert sollen bis zu 600 Meter hohe Windräder entstehen. Die verbrauchen weniger Fläche und sollen aus einer Megawatttechnologie Gigawattleistungen rausholen.

Ein Kurier holt 20 Autos von der Straße, deshalb sei ein Lieferservice grüner als das individuelle Einkaufen mit dem Auto. So die Argumentation von Michael Loehr, der mit tiramizoo Kunden, Händler und Kurierservices miteinander vernetzen möchte.

Als letzter der Session suchte Prof. Dr. Achim Kampker von der RWTH Aachen Investoren für seinen StreetScooter, der als besonder ökonomischer und effizienter Elektro-Kleinwagen für die Stadt gedacht ist und mit 5.000 Euro besonders erschwinglich sein soll.

Beim Verlassen des Green Venture Summit konnte man seriöse Herren mit flatternder Krawatte und seligem Lächeln auf nahezu lautlosen Elektroscootern ihre Proberunden drehen sehen. Spaß an sauberer Technologie mit einem guten Gewissen: Die grüne Wirtschaft hat Zukunft.

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