Mit Stromstößen gegen Unkraut, ganz ohne Chemikalien

Die Nutzung von Strom zur Unkrautbekämpfung ist eine skalierbare, nachhaltige Alternative zu herkömmlichen chemischen Herbiziden

Roboter und smarte Technologien werden immer häufiger in der Landwirtschaft eingesetzt, um die zunehmenden Herausforderungen zu bewältigen. Das System des britischen Startups RootWave bietet zum Beispiel eine Alternative zu chemischen Herbiziden.

Autor Tristan Rayner:

Übersetzung Tristan Rayner, 16.04.19

Nach einer 2015 von der United Nations Population Division (UNPD) durchgeführten Studie wird die Weltbevölkerung bis 2030 schätzungsweise auf 8,5 Milliarden Menschen und bis 2050 auf 9,8 Milliarden Menschen ansteigen. Die Landwirtschaft muss ausreichend Nahrung für all diese Menschen bereitstellen können – eine riesige Herausforderung.

Die Beseitigung von Pflanzen, die die Erträge reduzieren und Ernten gefährden, ist seit jeher ein Problem in der Landwirtschaft. Herbizide sind zwar wirkungsvoll, viele chemische Unkrautvernichter haben jedoch fatale Folgen für die Umwelt und den Menschen. Einige davon beginnen wir gerade erst zu verstehen.

Wir haben bei RESET bereits über intelligente Roboter berichtet, die maschinelles Lernen nutzen und durch Bilderkennung und punktgenaues Aufsprühen auf das Unkraut in der Lage sind, 20-mal weniger Herbizide einzusetzen, als dies bei herkömmlichen Methoden der Fall ist. Aber wie wäre es, komplett auf chemische Unkrautvernichter zu verzichten?

Das Konzept und die Theorie der elektrischen Unkrautbekämpfung reichen bis in das Jahr 1800 zurück, das ganze hat jedoch Anforderungen an die Portabilität und Steuerung, die (bisher) nicht im großen Stil gelöst werden konnten. Das britische Agrartech-Startup RootWave will das ändern. Das Unternehmen hat eine die Technologie entwickelt, mit der Unkraut zielgerichtete Stromschläge verpasst und so die problematischen Pflanze von innen heraus vollständig bis zur Wurzel zerstört werden: Mit der richtigen Spannung werden Wasser und Zellen in den Pflanzen sozusagen zum Kochen gebracht.

Angefangen hat das System von RootWave mit einem einfachen, manuellen Unkrautaustecher, der in englischen Parks und Gärten eingesetzt wurde. Mit 1,3 Millionen Euro EU-Mitteln wurde das Projekt zu einer automatisierten Lösung für die Landwirtschaft weiterentwickelt. Entsprechend den zunehmenden Beschränkungen für Pestizide in der EU bietet das Unternehmen eine handgeführte und tragbare Lösung sowie ein Gerät, das für den Einsatz mit Traktoren entwickelt wurde.

Das System leitet den Strom von der Zapfwelle des Traktors über eine Lichtmaschine in eine spezielle Vorrichtung, um die richtige Energiemenge in das Unkraut zu lenken und es so zu zerstören, ohne dabei aber den Boden zu beeinträchtigen. Für das Jahr 2020 ist ein Gerät zum Hinterherziehen geplant, das acht bis zwölf Pflanzenreihen abdecken soll und mithilfe von Kameras und visueller Erkennung Unkräuter in Echtzeit und während der Fahrt mit einer Geschwindigkeit von etwa 4,8 km/h identifizieren soll. Derzeit kann das System nur kleinere Pflanzen behandeln, eine Implementierung für größere Unkräuter ist in Vorbereitung.

Und der Preis für den elektrischen Unkrautvernichter? Andrew Diprose, CEO von RootWave, sagte gegenüber AgProfessional: „Das System startet mit vergleichbaren Kosten wie denen für Herbizide, aber im Laufe der Zeit sinken diese Kosten potenziell im Vergleich zu Chemikalien – denn es gibt grundsätzlich keine anderen Faktoren als die Kapitalabschreibungen.“ Aktuell ist RootWave auf der Suche nach Investoren, um die Weiterentwicklung der Technologie zu ermöglichen.

Dieser Artikel wurde von Lydia Skrabania ins Deutsche übersetzt. Das Original wurde zuerst auf unserer englischsprachigen Seite veröffentlicht.

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