TATENDRANG: Ökogas für alle! Polarstern im Interview

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Von hier in die Welt, so die Mission von Polarstern. Der junge Ökoenergieversorger setzt sich mit Ökostrom und Ökogas für die komplette und weltweite Energiewende ein und verbindet dieses Ziel mit direkter Entwicklungszusammenarbeit. Wir sprachen mit Florian Henle über das Engagement von Polarstern in Kambodscha.

Autor*in Sarah-Indra Jungblut, 12.06.12

Von hier in die Welt, so die Mission von Polarstern. Der junge Ökoenergieversorger setzt sich mit Ökostrom und Ökogas für die komplette und weltweite Energiewende ein und verbindet dieses Ziel mit direkter Entwicklungszusammenarbeit. Wir sprachen mit Florian Henle über das Engagement von Polarstern in Kambodscha.

Private Haushalte in ganz Deutschland können mit Polarstern komplett auf erneuerbare Energien umsteigen. 100% Ökostrom aus Wasserkraft, 100% Ökogas aus Reststoffen. Von jeder verkauften Kilowattstunde Ökoenergie wird ein Teil beiseite gelegt für den Ausbau neuer Anlagen in Deutschland.

Außerdem wird mit jedem Kunden in Deutschland einer Familie in einem Entwicklungsland der Umstieg auf erneuerbare Energien ermöglicht, Schritt für Schritt: Zuerst eine eigene kleine Biogasanlage, dann einen Gasherd, Gaslampen, sanitäre Anlagen und schließlich Dünger für ihre Felder – hergestellt aus den Gär-Resten. In Kambodscha fängt Polarstern an, danach sollen Nepal und Laos folgen. Der Partner vor Ort ist das renommierte National Biodigester Programme.

Warum engagiert ihr euch als Energieversorger in der Entwicklungshilfe?

Wir wollen die Energiewende sinnvoll voranbringen. Dazu gehört für uns ein weltweites Denken und Handeln. Klimatische und ökologische Folgen eines steigenden CO2-Ausstoßes machen nicht an den Landesgrenzen halt. Wir müssen den Entwicklungs- und Schwellenländer helfen, nicht die gleichen Fehler zu machen wie wir. Sie sollen nicht den Umweg über Kohle und Atom gehen müssen, sondern direkt auf erneuerbare Energien setzen. Deshalb unterstützen wir mit Polarstern Familien in Entwicklungsländern, wie zum Beispiel Kambodscha, beim Zugang zu sauberer Energie. Mit einem kleinen Beitrag können wir dort sehr viel bewirken.

Und was war zuerst da – die Idee, Menschen in Deutschland mit erneuerbarer Energie zu versorgen oder einen Beitrag dazu zu leisten, dass Menschen in ärmeren Ländern Zugang zu sauberer Energie erhalten?

Wir haben uns im Vorfeld der Firmengründung intensiv mit dem Energiemarkt beschäftigt. Ein Ergebnis daraus ist der von uns entwickelte neue Ansatz im Biogasmarkt.
Als wir basierend auf diesem neuen Ansatz ein Ökogasprodukt auf den Markt bringen wollten, fehlte uns noch etwas. Wir waren der Meinung, dass wir mit dem Ökogasprodukt zwar den Ausbau erneuerbarer Energien in Europa vorantreiben, aber dass das nicht reicht. Im Energiemarkt müssen wir weltweit denken und handeln, wenn wir etwas bewirken wollen. Und so entstand letztlich die Idee, dass wir für jeden unserer Kunden eine Familie in einem Entwicklungsland unterstützen, sauberer Energie zu nutzen.

Warum engagiert ihr euch gerade Kambodscha?

Bei der Suche nach einem geeigneten Energieprojekt ging es uns vor allem um einen größtmöglichen Beitrag zur Energiewende. Die durch uns und unsere Kunden unterstützten Familien in Kambodscha erhalten Hilfe beim Bau einer eigenen Mikro-Biogasanlage. Das fördert dort direkt den kompletten Umstieg auf alternative Energien. Genauso reduziert es Schmutz, Gestank und Krankheiten und verbessert den Lebensstandard der Familien.

Bei unserer Entscheidung für das derzeitige Energieprojekt in Kambodscha waren außerdem die Qualität und die Reputation des Projektpartners, das National Biodgester Programme, ausschlaggebend. Es wurde im vergangenen Jahr auch mit dem Energy for Life Best Practice Award 2011 ausgezeichnet.

Habt ihr die Projekte schon selbst besucht?

Ja. Auf Youtube und Facebook sind Videos von unseren Eindrücken aus Kambodscha zu finden. Und wir stehen regelmäßig in einem engen Kontakt zu unserem Projektpartner vor Ort und den Familien. In Briefen und mit Bildern erzählen sie uns von ihren Erfahrungen und ihrem Leben mit der eigenen Mikro-Biogasanlage. Unsere Kunden können sich einen guten Eindruck vom Projekt auf unserer Webseite machen.

Welches Land kommt als nächstes?

Mit dem Wachstum von Polarstern weiten wir unser Engagement aus. Es ist geplant, dass wir uns in anderen Entwicklungsländern wie zum Beispiel Nepal engagieren.

Was sind/ waren die größten Schwierigkeiten, den Vertrieb von Ökostrom und -gas mit Entwicklungshilfe zu verknüpfen?

Eine der größten Herausforderungen liegt sicherlich in der Kommunikation unseres Ökoenergieangebots. Zu erklären, warum wir die Energiewende weltweit vorantreiben und uns nicht auf den heimischen Markt beschränken. Gerade weil wir damit der erste Ökoenergieversorger am Markt sind und alle anderen sich auf Projekte in Deutschland konzentrieren, ist hier Aufklärungsarbeit wichtig. Allgemein gewinnt ein weltweites Denken und Handeln stark an Popularität. Das ist eine großartige Entwicklung, schließlich lassen sich viele Themen im Klima- und Umweltschutz letztlich nur global lösen.

Um den Verbrauchern zu zeigen, wie wichtig ein weltweites Engagement in Sachen Energie ist, berichten wir ganz offen, transparent und anschaulich über Polarstern. Wer wir sind, was wir machen und wieso. Wir sind kein großer unbekannter Konzern, sondern drei Gründer, die sich ehrlich über den direkten Kontakt zu Kunden und Interessierten freuen und ihn forcieren.

Was hat euch besonders geholfen bei der Umsetzung der Idee und von welcher Seite hättet ihr euch erwartet bzw. erwartet ihr euch mehr Unterstützung?

Wir freuen uns über eine Vielzahl an Unterstützern, Partnern, Botschaftern, Freunden und Bekannten und Familien, die uns unterstützen, weil sie genauso wie wir fest an diesen Weg der weltweiten Energiewende glauben.

Mehr erwartet haben wir uns von Verbandsseite. Hier gibt es viele eingefahrene, starre Strukturen, die, obwohl wir das gleiche Ziel vor Augen haben, die Energiewende, sehr zögerlich sind. Mein Lieblingssatz dazu ist „Wissen Sie, wir gehen mit der Zeit, nicht vor der Zeit.“… Dabei waren es früher zu ihren Gründungszeiten einmal wegweisende Verbände…

Seht ihr eure Idee auch auf andere Bereiche übertragbar?

Im Grunde verfolgen wir bei Polarstern einen Fair Trade-Ansatz im Energiemarkt. Fair bedeutet für uns im Energiemarkt, dass keiner mit seinem Energiebezug und -verbrauch auf Kosten von anderen lebt. In diesem Zusammenhang finden wir es auch wichtig, Schwächeren und Benachteiligten zu helfen, ihren Weg zu erneuerbaren Energien zu finden.

Eine gewisse Ähnlichkeit haben wir auch mit dem Ansatz von TOMS Schuhe: One for one. Das heißt für jedes Paar TOMS Schuhe erhalten bedürftige Kinder ebenfalls ein paar Schuhe. Bei uns geht das so: Unsere Kunden beziehen selbst Ökoenergie und unterstützen Familien in Entwicklungsländern selbst auch Ökoenergie zu nutzen.

Wie kommt Polarstern in Deutschland an?

Wir haben mit Polarstern bereits eine beachtliche Aufmerksamkeit und Reichweite erzielt, die wir weiter ausbauen. Die Zeichen sind sehr positiv, auch wenn wir uns nicht vormachen, dass es ein leichter Weg sein wird, die starren Strukturen des Energiemarktes „zu lösen“. Viel Potenzial sehen wir unter anderem im Gasmarkt, weil es bisher kein vergleichbares 100 Prozent Ökogasprodukt am Markt gibt. Außerdem fördern die steigenden Heizkosten mit fossilen Rohstoffen die Nachfrage nach erneuerbaren Energien.

Mit Polarstern wollen wir weiter möglichst viele Menschen für die weltweite Energiewende begeistern. Einfach mal anfangen und nicht den Kopf in den Sand stecken oder wegschauen, das ist der erste und wichtigste Schritt, zu dem wir motivieren. Denn jede gute Idee ist eine Bewegung… Ist sie angeschoben, kann die weltweite Energiewende funktionieren.

Familie Sokhol, Dorf Pun Pranat

TATENDRANG ist das neue Interviewformat von RESET. Wir wollen wissen, wie unsere Interviewpartner zu ihren spannenden, innovativen und einzigartigen Projekten und Ideen aus den Bereichen Umwelt und Humanität kamen, warum sie sich für genau das Thema einsetzen und wie schwer oder einfach sich das Projekt durchführen ließ. Damit wollen wir Ideen streuen, Projekte präsentieren und zu Aktionen anregen. Wir denken: Die Welt verändern kann jeder!

MARKIERT MIT
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