Shiftphone: Ein faires Smartphone aus Hessen

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Mit dem Fairphone gab es vor zwei Jahren das erste "faire" Smartphone. Nun gibt es ein neues faires Gerät auf dem Handymarkt - das Shiftphone. Doch hält der Hersteller aus Hessen, was er verspricht?

Autor*in Marius Hasenheit, 13.10.15

Das kleine Familienunternehmen Shiftphone aus der Region Frankfurt am Main will nicht nur faire, sondern auch sehr günstige Handymodelle herstellen. Das Unternehmen bietet Smartphones und Phablets (eine Mischung aus Smartphone und Tablet) mit unterschiedlichen technischen Ausstattungen an. Wie auch bei dem Fairphone, lässt sich das Smartphone öffnen und der Akku austauschen. Die Hülle des Gerätes ist mit standardisierten Schrauben verschlossen und das Unternehmen verzichtet auf unnötige Klebungen, um die Reperaturfähigkeit zu erhöhen. Wer das Gerät öffnet oder rootet um beispielsweise Googledienste auszuschalten, behält dabei den Garantieanspruch. Auch bietet Shiftphone ebenso wie Fairphone Tutorialvideos und Ersatzteile für Reparaturen an.

Der große Unterschied zu Fairphone:
Während Fairphone auf konfliktfreies Coltan setzt, mit dessen Abbau keine bewaffneten Konflikte finanziert werden, kommt Shiftphone laut eigenen Angaben komplett ohne Coltan aus. Doch nicht nur beim Preis und dem Verzicht von Coltan, auch bei den Produktionsbedingungen hebt sich Shiftphone ab. Die Produzenten haben einen Acht-Stunden-Tag und verdienen überdurchschnittlich.

Was ist eigentlich fair?

An dieser Stelle wird klar, worum es eigentlich geht: „fair“ kann, solange es keine eindeutigen Regularien und Standards gibt, unterschiedlich interpretiert werden. Während Shiftphone wesentlich höhere Löhne bietet, setzt Fairphone vor allem auf verbesserte Arbeitszeiten, der Sicherheit am Arbeitsplatz und nur ein wenig auf bessere Löhne. Dafür etablierten sie einen “Workers Fund”, über welchen beispielsweise Geld für Weiterbildungsmaßnahmen und Arbeitsplatzsicherheit bereit gestellt wird. Auch die Mitbestimmung der Produzenten wird von Fairphone forciert.

Transparenz!?

Shiftphone listet die Kostenanteile pro Gerät: Die Hälfte des Geldes werde benötigt, um die Produktionskosten und den Transport zu decken. Ein Viertel des Erlöses wird für die Entwicklungskosten benötigt, weitere sechs Prozent für Projektabwicklung, Zertifizierungen  sowie Gewährleistungen – der Rest ist Steuer.

Shiftphone-Gründer Carsten Waldeck sammelte auf der Crowdfundingplattform Startnext Mitte vergangenen Jahres über 101.000 Euro ein, um das “Phablet” zu realisieren. Doch eigentlich ist er bereits länger Crowdfundingprofi: Bereits 2012 sammelte er über 100.000 Euro, um einen Kamerakran für Mobilgeräte zu realisieren. Auch für das fünf Zoll große Smartphone sammelte er noch einmal kapp 60.000 Euro. Das Smartphones und das Phablets von Shiftphone können inzwischen über deren Webshop gekauft werden.

Fazit:

Die Ansprüche von Shiftphone klingen amibitioniert und beeindruckend – aber gleichzeitig auch fast schon „zu gut um wahr zu sein“. Die Frage warum nicht bereits andere Smartphoneproduzenten komplett auf Coltan verzichten, wenn es machbar ist, drängt sich auf. Andererseits wird Coltan vor allem in Kondensatoren genutzt und die Nutzung von Alternativmaterialien ist grundsätzlich möglich. Auch fehlen unabhängige Gutachten und Einschätzungen am Produktionsort, um die faire Produktionsweise bescheinigen zu können.

Jedoch ist es mehr als verständlich, dass in der Anfangsphase solche Kontrollen nur schwerlich zu finanzieren sind. Zudem ist es allgemein sehr herausfordernd, eine komplett faire Lieferkette aufzubauen und zu kontrollieren. Dies fällt bereits Nager-IT mit dem Anspruch, eine faire Maus zu bauen, nicht leicht – dabei hat eine Computermaus viel weniger Bestandteile.

Doch trotz aller natürlichen Herausforderungen zum Start: Es ist Bewegung gekommen in den fairen Smartphonemarkt!

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