Schnitzel aus dem Bioreaktor? SuperMeat!

Israelische Wissenschaftler haben eine Kultivierungsmethode entwickelt, um echtes Fleisch im Labor herzustellen.

Autor*in Simon Dupree, 08.12.16

Klimawandel, voranschreitender Nachhaltigkeitsgedanke und wachsende Weltbevölkerung. Sie alle schreien nach Reform und Innovation. Dies gilt vor allem innerhalb der Fleischindustrie. Massentierhaltung als eine extrem grausame Art der Tieraufzucht, in der mit Fleischmasse pro Quadratmeter gerechnet wird, Treibhausgasemissionen durch Nutztierhaltung und Futterherstellung, virtuelles Wasserdilemma und Antibiotika-Drama. Über diese Thematiken kann Mensch keineswegs weiterhin hinweggesehen.

Ganz klar ist: Wer weiterhin Fleisch essen möchte, der wird es weiterhin tun. Wie schwierig es selbst für überzeugte Vegetarier und Veganer oft ist, auf den Geschmack von Fleisch zu verzichten, sieht man in den Kühlregalen großer Supermarktketten: Der Trend von Produktlinien, die Wurst- und Fleischprodukte aus rein pflanzlichen Zutaten anbieteten, scheint erfolgreich zu sein. Obwohl generell eine gute Alternative, lässt sich über den Gesundheitsgrad und die Nachhaltigkeit jener Produkte bekanntlich auch streiten – aber dies ist ein anderes Thema.

Auch wer Fleisch aus ökologisch nachhaltiger Produktion kauft, muss mit einem Nachteil rechnen: Egal, wie glücklich die Tiere lebten, am Ende müssen auch sie für den menschlichen Genuss sterben.

Ausgerechnet die von vielen Umweltbewussten verpönte Gentechnik soll dabei helfen, den Traum wahr zu machen: Fleischkonsum ohne Tierleiden und Umweltschäden.

 

SuperMeat: Laborfleisch vom Huhn

SuperMeat revolutioniert die Fleischindustrie, indem es die größte Veränderung seit dem Beginn des Industriezeitalters einleitet in der Art, wie Menschen Lebensmittel konsumieren“, so die Unternehmer von SuperMeat. 

SuperMeat ist ein israelisches Startup, das eine Kultivierungsmethode entwickelte, um echtes Fleisch im Labor herzustellen. Der Ansatz, Fleisch zu produzieren ohne all die negativen Effekte der Fleischindustrie, hat großes Potenzial. 

Nach Angaben des Unternehmens soll das Verfahren zunächst nur auf Hühnerfleisch angewendet werden. Konkret gezüchtet werden sollen Hühnerleber, Hackfleisch und Hühnerbrust. Hühnerfleisch hat den großen Vorteil, dass keine Weltreligion dessen Verzehr verbieten würde.

Das SuperMeat-Verfahren beginnt mit einer Gewebe-Probe des Tieres. Hühnern werden dazu vollkommen schmerzfrei einige Zellen entnommen, die dann in einer Nährstofflösung vermehrt werden. Die Zellen formen winzige Muskelgewebe und daraus wächst in einem speziellen Bioreaktor schließlich richtiges Fleisch.  In der „Fleischmaschine“ wird die Biologie beziehungsweise den Lebenskreislauf des Tieres simuliert, sodass am Ende die Zellen sich selbst zu Fleisch entwickeln. Der ganze Prozess soll in kleinen Maschinen stattfinden, die in Restaurants, Supermärkten und Haushalten aufgestellt werden können. Dies würde, im Gegensatz zur heutigen Fleischindustrie, in der wenige Konzerne einen Großteil des Marktes kontrollieren, zu einer dezentraleren und mengenspezifischen Fleischproduktion führen – eben genau da, wo Fleisch gerade nachgefragt wird. 

SuperMeat wirbt allerdings mit weiteren revolutionären Vorteilen: Man erspart unzähligen Tieren Leid und Tod, Treibhausgasemissionen und Wasserverbrauch werden minimiert, es müssen keine Wälder mehr für den Anbau von Tierfutter oder Weideflächen gerodet werden und das entstehende Produkt ist viel gesünder, da der Fettgehalt minimiert und auf Antibiotika verzichtet wird. Zudem soll das Zucht-Fleisch billiger sein als die konventionelle Variante. 

Neu ist die Idee vom Zucht-Fleisch nicht: Mit Hilfe von Gentechnik wurde bereits 2013 der erste „Laborburger“ in Holland hergestellt. Der Hersteller namens Mark Post, überzeugte mit seinem Produkt sogar Restaurantkritiker im Test. Diese waren der festen Überzeugung, dass das Genfleisch von Weiderindern stammt. Damals kostete der Burger 350.000 USD. Bald soll angeblich die 10 USD-Marke pro Zucht-Burger geknackt werden.

Vorbei mit Welthunger und Klimawandel dank SuperMeat?

Obwohl die Crowdfunding-Kampagne von SuperMeat auf Indiegogo bei 220.000 USD liegt, wird mindestens eine halbe Million für eine Machbarkeitsstudie benötigt. Ein Prototyp der Zuchtmaschine kostet weitere zweieinhalb Millionen. Das Projekt befindet sich also noch in den Startlöchern und ob die finale Umsetzung klappt, steht noch nicht fest. 

Die SuperMeat-Vision klingt wahrlich traumhaft und eines ist klar: Nahrungsmittelproduktion, -konsum und -vertrieb müssen reformiert werden. Eine einfach zu erntende und günstige Proteinquelle á la Laborhühnchen klingt vielversprechend. 

Fleisch von einem Tier, das dafür nicht sein Leben lassen muss… das wirft einige philosophische Fragen auf: 

  • Darf dieses Produkt aus ethischer Sicht dann auch von Vegetariern und Veganerinnen gegessen werden?
  • Ist künstlich hergestelltes Fleisch, für dessen Produktion keine Schächtung erforderlich ist, koscher?

In diesem Video adressiert ein Veganer einige dieser offenen Fragen und spricht über Vor- und Nachteile von SuperMeat. Sehenswert!

©
Infografik: Klimawandel – Was können wir tun?

Bald ist die nächste Klimakonferenz, auf der wichtige Entscheidungsträger zusammenkommen und (hoffentlich) zukunftsweisende Klimaschutz-Maßnahmen festlegen. Aber nicht nur die hohen Tiere aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft können sinnvolle Lösungen ausarbeiten. Jeder kann mithelfen, wie die Infografik zeigt.

Fleisch und Klima: Wie wird unsere Umwelt von der Viehzucht beeinflußt?

Klimaforscher und Agrarwissenschaftler beschäftigen sich zur Zeit verstärkt mit der Frage, wie hoch der Anteil der Viehhaltung an der Produktion von Treibhausgasen ist. Dabei werden zwei Aspekte von Emissionen betrachtet: zum einen der Methangas-Ausstoß der Tiere bei der Verdauung und zum anderen alle weiteren Quellen von Treibhausgasen wie etwa Düngung, Betrieb von Apparaturen, Futtertransport und ähnliches. Dabei kommen die Forscher zu unterschiedlichen Ergebnissen.

Die Hungerkrise ist lösbar – wenn man will!

Im Moment ist das Thema immer wieder in den Medien: Wir haben ein "Welt-Ernährungs-Problem", das dazu führt, dass fast eine Milliarde Menschen weltweit hungern. Und das, obwohl viele Experten der Meinung sind, dass theoretisch genug Nahrung für alle da ist. Der Greenpeace-Experte für nachhaltigen Konsum, Jürgen Knirsch, nennt die Hauptgründe für diese Schiefage und bietet Lösungen an.