RESET-Dossier: Künstliche Intelligenz – Können wir mit Rechenleistung unseren Planeten retten?

Längst erleichtern Algorithmen und Künstliche Intelligenzen unseren Alltag und lösen komplexe Aufgaben. Doch liefern die intelligenten Computerprogramme auch neue Lösungen für den Umwelt- und Klimaschutz? Dieser Frage gehen wir in den nächsten Wochen mit einem Dossier nach.

Autor*in Sarah-Indra Jungblut, 10.12.19

Es ist ein bekanntes Thema in Science-Fiction-Filmen und Romanen: Maschinen oder Computerprogramme verselbstständigen sich und beginnen, eigenmächtig zu handeln. Meist unterscheiden sich deren Interessen jedoch stark von denen der Menschen – was dazu führt, dass das Fortbestehen der gesamten Menschheit in Gefahr gerät.

Was aktuell vor sich geht, hat jedoch wenig mit den Dystopien aus Kino und Literatur zu tun. Von vielen unbemerkt, greifen Künstliche Intelligenzen (KI) schon längst in unseren Alltag ein; sei es als Übersetzungssystem, Suchmaschine, persönlicher Sprachassistent oder als auf bestimmte Tätigkeiten hin programmierte Roboter.

Ausschlaggebend für die rasanten Entwicklungen in den letzten Jahren im Bereich des maschinellen Lernens sind die schnell gewachsenen Computer-Leistungen – erst diese ermöglichen die Verarbeitung der großen Datenmengen der rasch voranschreitenden  Digitalisierung. Ein Ende dieser Entwicklungen ist nicht in Sicht, denn KI-Systeme werden nach wie vor immer schneller. Die Informatiker Dario Amodei und Danny Hernandez, die beide für OpenAI arbeiten, ein Non-Profit-Forschungsunternehmen, das unter anderem der KI-besorgte Elon Musk gegründet hat, kommen in ihrer Studie zu dem Ergebnis, dass in der Zeit von 2012 bis 2017 eine Steigerung um den Faktor 300.000 statt gefunden hat. Das heißt, dass die neuen KI-Systeme im Moment im Schnitt alle dreieinhalb Monate ihr Tempo verdoppeln und damit immer größere Datenmengen verarbeiten können.

Schlüsseltechnologie oder Sorgenkind?

Dass KI in Zukunft für Wissenschaft, Gesellschaft und insbesondere die Wirtschaft ein enorm wichtiges Erfolgskriterium sein wird, ist mittlerweile hinlänglich akzeptiert“, sagt Kate Saslow, Projektmanagerin für KI und Außenpolitik bei der Stiftung Neue Verantwortung.

Das hat vor allem damit zu tun, dass die potenziellen Anwendungsmöglichkeiten von KI extrem vielseitig sind. „Im Grunde genommen ist die Künstliche Intelligenz eine Querschnittstechnologie, die in allen möglichen Sektoren eingesetzt werden kann“, betont auch Professor Dr. Dirk Messner, Direktor der United Nations University und Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats Globale Umweltveränderungen der Bundesregierung.

Doch diese Entwicklungen werden nicht unkritisch betrachtet, ethische Bedenken, vor allem in Bezug auf Transparenz, Autonomie und Sicherheit von KI und die Sorge um den massenhaften Verlust von Arbeitsplätzen häufen sich. Bei diesen Diskussionen sollten wir jedoch eines nicht vergessen: Auch wenn die Aufgaben immer komplexer werden, die intelligente Computerprogramme für uns lösen, handeln sie noch lange nicht eigenmächtig, sondern sie lösen Aufgaben nach Mustern und Regeln, die wir Menschen ihnen beigebracht haben. Es liegt damit nach wie vor in unserer Hand, welche Aufgaben wir mit diesen künstlichen Superhirnen angehen.

Dazu kommt die Tatsache, dass KI schon längst einen festen Platz in den verschiedensten digitalen Anwendungen und damit auch in unserem Alltag gefunden hat. Damit ist klar: Die Zeit lässt sich nicht mehr zurück drehen und statt in der aktuell gesellschaftlich noch immer verhandelten Frage zu verharren „ob wir KI überhaupt brauchen und wollen“, und so vielleicht die Chance zu verpassen, die Entwicklungen mitzubestimmen, sollten wir nach Antworten auf die Fragen suchen, in welchen Bereichen wir KI einsetzen wollen und wie wir deren Einsatz so gestalten, dass sie dem Wohl der Menschheit dient.

Künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit – ein gutes Team?

Angesichts der Tatsache, dass der digitale Wandel und die Klimakrise für die prägendsten Veränderungsprozessen in nahezu allen gesellschaftlichen Bereichen unserer Zeit verantwortlich sind, sollten wir die Digitalisierung zur Gestaltung umwelt- und klimaverträglicher Lebensweisen für eine zukunftsfähige Gesellschaft deutlich stärker nutzen als bisher. Auch die als Schlüsseltechnologie gehandelte Künstliche Intelligenz sollten wir dabei genauer unter die Lupe nehmen, denn in vielen Anwendungsbereichen steckt ein großes Potenzial:

Bei der Erdbeobachtung können Verfahren des maschinellen Lernens, die Mustererkennung und die Verknüpfung großer Datenmengen dabei behilflich sein, präzise Aussagen über klimatische Veränderungen auf unserem Planeten zu treffen oder die Verursacher von Schadstoffeinträgen in unsere Atmosphäre aufzuspüren. Im Energiesektor kann KI dabei helfen, die wachsende Komplexität der Dezentralisierung des Energiesystems, die mit der Umstellung auf erneuerbare Energieträger einhergeht, zu regeln, als auch die Infrastrukturen effizienter zu nutzen und die Flexibilität des Energiesystems zu erhöhen, indem Energiesysteme (Smart Grids), intelligente Gebäudesteuerung und Energiedatenmanagement intelligent vernetzt werden. Und auch für die umweltfreundlichere Gestaltung des Verkehrssystems oder für die Abfall-und Kreislaufwirtschaft könnten KI-Anwendungen einen Beitrag leisten.

Doch halten die Projekte und Entwicklungen, die wir in diesem Bereichen ausfindig machen konnten, auch einer genaueren Prüfung stand? Leisten sie wirklichen einen Beitrag für unsere drängendsten Herausforderungen? Und wo liegen ihre Grenzen, zum Beispiel in Bezug auf den ökologischen Fußabdruck der digitalen Anwendungen selbst?

In diesem Dossier gehen wir all diesen Fragen nach und zeigen Anwendungsbeispiele und Zukunftsperspektiven von KI im Sinne der Nachhaltigkeit. Natürlich definieren wir zuallererst unser Forschungsfeld: Was ist Künstliche Intelligenz genau? Wie funktioniert maschinelles Lernen, wie wird eine künstliche Intelligenz trainiert und was ist Deep Learning? Woraus setzt sich der ökologische Fußabdruck einer KI zusammen? Dann stellen wir Anwendungsfelder und konkrete Lösungen vor, in denen KI-Technologien und Anwendungen einen entscheidenden Beitrag zu einer nachhaltigen Transformation der Gesellschaft liefern können. Abschließend versuchen wir eine Bewertung über den Status quo, die Potenziale und Risiken und geben Handlungsempfehlungen für Maßnahmen, die den sinnvollen Einsatz von KI unterstützen.

Trends möglichst frühzeitig zu erkennen und differenziert zu betrachten ist eine wichtige Voraussetzung, um die Chance für Umwelt und Klima zu nutzen und ökologische Risiken zu vermeiden. Also, fangen wir an! Alle Artikel des Dossiers findest du hier: Künstliche Intelligenz – Können wir mit Rechenleistung unseren Planeten retten?

Wie kann KI im Umwelt- und Klimaschutz wirkungsvoll eingesetzt werden? Welche spannenden Projekte gibt es? Was sind die sozial-ökologischen Risiken der Technologie und wie sehen Löungen aus? Antworten und konkrete Handlungsempfehlungen geben wir in unserem Greenbook(1) „KI und Nachhaltigkeit – Können wir mit Rechenleistung den Planeten retten?“.

Dieser Artikel ist Teil des Dosssiers „Künstliche Intelligenz – Können wir mit Rechenleistung unseren Planeten retten?“. Alle Artikel des Dossiers findest du hier: Dossier KI

Das Dossier ist Teil der Projekt-Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), in deren Rahmen wir vier Dossiers über zwei Jahre zum Thema „Chancen und Potenziale der Digitalisierung für eine nachhaltige Entwicklung“ erstellen.


Mehr Informationen hier.

 

Künstliche Intelligenz – Können wir mit Rechenleistung unseren Planeten retten?

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