RePack: Wiederverwendbare Verpackungen für den Onlinehandel

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© RePack
Nach Erhalt der bestellten Sendung kann man die Repack-Verpackung einfach zur nächsten Post bringen.

Ein finnisches Startup hat ein Pfandsystem für Versandverpackungen entwickelt. Wir haben mit Christine Braun von RePack über die Herausforderungen des Markts gesprochen.

Autor*in Lydia Skrabania, 12.11.18

Übersetzung Lydia Skrabania:

Der Onlinehandel boomt – leider auf Kosten der Umwelt. Je mehr Produkte wir uns einfach nach Hause liefern lassen, desto mehr wachsen leider auch die Müllberge an. Denn bei jedem Versand oder Rückversand braucht es natürlich auch Verpackungen. Ein finnisches Startup hat den Flaschenpfand auf den Onlinehandel übertragen, um so den Verpackungsmüll deutlich zu reduzieren: Die Verpackungen aus recycelten Materialien von RePack sollen mindestens zwanzigmal wiederverwendet werden können. Das Gründungsteam – Juha Mäkelä, Petri Piirainen und Jonne Hellgren – arbeitete bereits in einer kleinen Agentur für nachhaltige Industrie-Designs zusammen, 2011 starteten sie dann gemeinsam  RePack.

© Christine Braun / RePack Christine Braun kam vor drei Jahren als Klima-Pionierin nach Helsinki.

RESET hat mit Christine Braun über das finnische Verpackungs-Mehrwegsystem gesprochen. Christine studierte ‚International Cultural and Business Studies‘ und kam vor drei Jahren im Rahmen des europäischen Weiterbildungsprogramms ‚Pioneers into Practice‘ von Climate KIC nach Helsinki, wo sie RePack kennenlernte. Seitdem unterstützt sie das finnische Unternehmen im Business Development – inzwischen allerdings aus Frankfurt am Main.

Christine, wie ist die Idee zu RePack entstanden? Und was wollt ihr damit bewirken?

Die Idee zu RePack basiert auf dem in den nordischen Ländern wie auch in Deutschland fest verankerten System des Flaschenpfands. Als Student in Kopenhagen erkannte unser Chef-Designer Juha Mäkelä schon in den 90er Jahren einen echten Wert in der Rückgabe von wiederverwendbaren Verpackungen, als er sich für drei zurückgegebene leere Flaschen eine neue volle leisten konnte. Nachdem er im Jahr 2011 auch seinen Kollegen Petri Piirainen und Jonne Hellgren von der Idee überzeugen konnte, mit einem Pfandsystem den Verpackungsmüll aus dem Onlinehandel zu beseitigen, war RePack gegründet.

Und wie funktioniert das RePack-Mehrwegsystem?

Um zu funktionieren, muss das System für Onlineshops wie für Kunden gleichermaßen einfach und interessant gestaltet sein. Als Kundin wähle ich RePack beim Onlinekauf als meine gewünschte Verpackung aus oder der entsprechende Onlineshop nutzt RePack sowieso als einzige Verpackungsoption. Nach dem Erhalt meiner Ware kann ich die leere Verpackung ganz einfach und kostenfrei als Briefsendung über jeden Postkasten auf der ganzen Welt zurückschicken. Durch das integrierte Rücksende-Etikett findet die Verpackung ihren Weg zurück in den Kreislauf. Ist die leere Verpackung an ihrem Bestimmungsort angekommen, erhalte ich als Belohnung einen Gutschein, der in jedem Onlineshop, der RePack als Verpackungsalternative anbietet, eingelöst werden kann.

Woraus sind die Verpackungen? Wie oft lassen sie sich wiederverwenden?

Als Unternehmen, das sich einer Welt ohne weiteren Müll und damit der Kreislaufwirtschaft verschrieben hat, braucht es für die RePacks ein haltbares und dabei günstiges Material, das unsere Anforderungen erfüllt, auf Briefformat gefaltet und mindestens 20 Mal wiederverwendet werden zu können. Am besten eignet sich dafür aktuell recyceltes Polypropylen, ähnlich den allseits bekannten IKEA-Taschen. Natürlich sind, beispielsweise für andere Produktgruppen, auch andere Materialien und Designs erforderlich – die Kreativität unserer Designer kennt hier, vielleicht abgesehen vom Platz für die entsprechenden Prototypen, keine Grenzen.

© Repack

Okay, und was passiert mit den Verpackungen, wenn sie nicht mehr wiederverwendbar sind?

Zum Glück haben wir unsere eben erwähnten überaus kreativen Designer, die die bisher noch sehr überschaubaren aussortierten RePacks nutzen, um Prototypen für neue Designs zu entwerfen. Und ganz im Sinne des Upcyclings gibt es bereits unzählige Ideen, oft auch inspiriert von RePack-Nutzerinnen und Nutzern, aus dem Material neue Produkte wie Geldbeutel oder Taschen zu machen. Ihr dürft also gespannt bleiben…

Wie verdient ihr mit RePack Geld? Könntest Du das Geschäftsmodell erläutern?

RePack ist nicht nur eine Verpackung, sondern funktioniert als Service und wir verdienen ganz einfach pro Nutzung – womit wir ein echtes Interesse daran haben, dass die Verpackung so oft wie möglich wiederverwendet wird. Das ist gleichzeitig unser Umwelt- und Kundenversprechen.  

Welche Unternehmen sprecht ihr mit eurem Service an?

Aktuell arbeiten wir vor allem mit Händlern aus der Textilbranche, aus zwei Gründen: es ist eine der wichtigsten Branchen im Online-Handel und die Produkte sind verhältnismäßig unempfindlich. Dadurch erzielen wir mit aktuell drei verschiedenen Größen unserer Verpackung eine möglichst große Reichweite und Wirkung. Mit der Nutzung von RePack lassen sich im Vergleich zu herkömmlicher Verpackung nicht nur bis zu 80 Prozent an CO2-Emissionen einsparen. Die Online-Händler können mit RePack auch ein klares Signal in Richtung Umweltbewusstsein setzen und gleichzeitig durch das verbesserte Einkauf- und Auspack-Erlebnis etwas für ihre Kundenzufriedenheit tun – wie unsere Umfragen ganz deutlich zeigen. 

Wo ist euer Mehrwegsystem schon im Einsatz? Wo wollt ihr noch hin?

RePack hat in Finnland gestartet und sich schnell auf die anderen nordischen Länder ausgeweitet. Mittlerweile gibt es etwa 40 Onlineshops in zehn europäischen Ländern, die RePack anbieten und viele weitere Interessierte. In diesen Tagen starten wir außerdem einen ersten Piloten in den USA gemeinsam mit der Outdoor-Marke 686. Im November kommen dann ein paar erste Shops in Australien dazu und für UK bereiten wir gerade alles für den Launch Anfang 2019 vor.

Unser Ziel ist natürlich die Weltherrschaft – zunächst konzentrieren wir uns aber weiterhin auf die Textilbranche und die bestehenden Märkte, hier ist noch immer viel zu tun. Weitere interessante und interessierte Branchen im Onlinehandel sind Schmuck, Kosmetik und Lebensmittel, mit jeweils ganz eigenen Anforderungen an ihre Verpackungen…

Welche Herausforderungen seht ihr dabei bzw. welche habt ihr schon gemeistert?

Jeder Markt und jedes Land hat seine eigenen Vorgaben, genauso wie jede Branche und jedes Unternehmen spezielle Vorstellungen hat – ihnen allen gerecht zu werden, ist nicht nur herausfordernd, sondern vor allem auch zeitintensiv. Und Zeit haben wir als Startup nur bedingt oder könnten sie uns nur mit viel Geld von Investoren kaufen. Wir haben mit RePack zwar bereits einige wichtige Märkte erschlossen und in der Textilbranche ein Zeichen gesetzt. Was es aber braucht, ist ein Umdenken in der Gesellschaft und noch mehr mutige Menschen wie Unternehmen als Pioniere für eine Welt ohne Müll.

Danke für das Interview!

Dieser Beitrag ist Teil unserer Reihe Nachhaltiges Wirtschaften und Umweltschutz mit Circular Economy, welche von der BMW Foundation unterstützt wird.

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