Rank a Brand: Bei welchen Handy-Marken klingelts grün?

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Jedes Jahr gibt es unzählige neue Handy-Modelle. Aber welche Marken achten auf Umwelt und Menschenrechte? Ein Überblick.

Autor*in Sarah-Indra Jungblut, 13.04.11

Inzwischen hat fast jeder in Deutschland ein Handy zur Verfügung. Das mobile Telefon ist mehr als ein Gebrauchsgegenstand; es dient der Unterhaltung, der Informationen, es ist Accessoire und Ausdruck des eigenen Trendbewusstseins. Was meist nicht zählt sind Langlebigkeit und Robustheit. Wer up to date sein möchte, der muss sich regelmässig das neueste Handy mit noch mehr Funktionen und dem ultimativen Design zulegen.

Auch die Mobilfunkanbieter tragen ihren Teil dazu bei, dass Handys nur eine kurze Lebensdauer haben: Nach 2 Jahren wird den Kunden ein neues Handy angeboten, unabhängig davon, ob das bisherige Telefon noch einwandfrei funktioniert. Das alles führt dazu, dass die durchschnittliche Lebensdauer eines Mobiltelefons heute zwischen 18 und 24 Monaten liegt.

Wer macht sich bei einem Neukauf schon Gedanken darüber, aus welchen Bestandteilen sich das Gerät zusammensetzt und welche ökologischen und sozialen Probleme durch jeden Kauf verursacht werden? Für die Produktion von Handys werden wertvolle Ressourcen verbraucht, deren Gewinnung unter ökologisch und humanitär problematischen Bedingungen geschieht. Ausserdem werden in der Produktion giftige Substanzen eingesetzt, die für Arbeiter und Käufer gesundheitsbelastend sind. Und während Apple 2010 die 4. Generation iPhones auf den Markt bringt, titeln die Medien über Selbstmordfälle unter den Arbeitern der Foxconn Fabrik in China, einem Zulieferer von Apple. Ausbeuterische Arbeitsverhältnisse, die Menschen trotz Arbeit in Armut leben lassen oder sogar in den Freitod treiben, sind auch im IT-Bereich leider keine Seltenheit.

Deine Kaufentscheidung zählt

Bislang existiert keine glaubhafte Zertifizierung für Computer und andere IT-Produkte, die eine faire und umweltgerechte Herstellung bescheinigt. Solange noch keine verantwortlich produzierten Alternativen angeboten werden, gibt es nur die Möglichkeit, die Hersteller unter Druck setzen, damit diese endlich tätig werden. Deine Entscheidung für Telefone, die unter besseren Bedingungen hergestellt werden, ist ein wichtiger Schritt dahin.

Bei Rank a Brand werden die verschiedenen Hersteller je nach ihrer Performance in punkto CO2-Emissionen, Umweltschutz und Arbeitsbedingungen bewertet. Der Check ist sehr ausführlich und die Kriterien und Quellen sind für jeden einsehbar.

Wo klingelt’s grün?

Von den bewerteten Herstellern erhält keiner die Topnote. Einigermaßen empfehlenswert sind Nokia und Sony Ericcson, gerade so noch Philips. Alle anderen rücken weit davon ab, die Schlusslichter bilden Mitel Networks, HTC und Kenwood.

Volle Punktzahl erhält Nokia im Bereich Klimaschutz. Das Unternehmen arbeitet mit dem WWF zusammen und hat das Bali Communique unterzeichnet. Damit verpflichtet sich Nokia, auf das Ziel einer CO2-Reduktion um 50% bis 2050 hinzuarbeiten. Nokia dokumentiert direkte und indirekte Emissionen und den Lebenszyklus eines typischen Nokia Telefons. Ausserdem erfüllen alle neuen Adapter die Kriterien des Energy Star. Beim Umweltschutz müssen einige Abstriche gemacht werden: Zwar sind PVCs und Phthalate gebannt und es werden viele Orte angeboten, an denen alte Handys zum Recyceln zurückgenommen werden, aber nicht beseitigt sind die verdächtigen Chemikalien Beryllium und Antimon in allen neuen Produkten.

Leider lässt Nokia im Bereich der Arbeitsbedingungen einiges zu wünschen übrig: Nokia hat zwar einem Verhaltenskodex zugestimmt, in dem Zwangs- oder Sklavenarbeit, Kinderarbeit und Diskriminierung jeglicher Art abgelehnt sowie ein sicherer und hygienischer Arbeitsplatz gewährleistet wird, aber über grundlegende Arbeitsrechte wie angemessene Bezahlung, Mindestarbeitszeiten und Strategien zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen liegen keine Informationen vor.

Sony Ericsson steht beim Klimaschutz nicht ganz schlecht da: Das Unternehmen hat die Kopenhagener Vereinbarung unterzeichnet und sich damit verpflichtet, die CO2-Emissionen mindestens um 50 % bis 2050 zu reduzieren. Tatsächlich hat der Hersteller 2008-09 seine Emissionen um 25 % reduziert, das meiste davon bei den Geschäftsreisen. Und alle neuen Modelle entsprechen zumindest den Energy Star-Anforderungen.

Beim Umweltschutz bekommt Sony Ericsson 5 von 7 Punkten. Alle neuen Modelle sind PVC und BFR frei, die verdächtigen Chemikalien Beryllium, Antimon und Phthalat sind auch nicht mehr enthalten. Abzug gibt es allerdings beim Recycling: Es gibt mehr als 500 Recycling-Points, aber es wird nicht klar, in welchen Ländern die Recycling-Programme durchgeführt werden. In manchen Produkten ist ein hoher Anteil an recycelten Materialien enthalten, doch nicht in allen. Im Bereich der Arbeitsrechte schneidet das Unternehmen mittelmäßig ab. Sony Ericcson hat wie auch Nokia einen Verhaltenskodex unterzeichnet, in dem gewisse Mindest-Standards enthalten sind. Eine Strategie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen wird jedoch nicht genannt.

Im unteren Mittelfeld findet sich z.B. Toshiba. Jeweils einen Punkt in den 3 Kategorien bekommt der Hersteller dafür, dass er das Ziel unterstützt, CO2-Emisionen um 50 % bis 2050 einzusparen. Alle Toshiba Produkte ab 2009 erfüllen die Energy Star-Kriterien. Das Unternehmen unterstützt das Prinzip der Eigenverantwortung der Hersteller (Individual Producer Responsibility, IPR), also das Konzept, dass Marken für den kompletten Lebenszyklus ihrer Produkte verantwortlich sind – eingeschlossen Rücknahme und Recycling. Toshiba hat zwar einen Verhaltenskodex zu den grundlegenden Menschenrechten. Wie diese umgesetzt werden, darüber findet sich jedoch nichts. Auch andere klima- oder umweltrelevante Aktionen werden nicht erwähnt.

Über die Performance der anderen Mobiltelefon-Hersteller kannst du Dich bei Rank A Brand in einem Überblick informieren.

Es bleibt noch viel zu tun

Festhalten lässt sich, dass sich im Bereich der Mobiltelefon-Hersteller noch viel tun muss, um diese Branche umwelt- und menschenfreundlich zu machen. Einzelne grüne Vorzeige-Modelle reichen nicht aus. Wichtig ist, dass die Unternehmen ihre gesamte Produktpalette als auch den gesamten Produktskreislauf samt Entsorgung und Wiederverwertung sozial- und umweltverträglich umgestalten. Dafür setzt sich z.B. auch die Kampagne Make IT fair ein.

Doch liegt die Verantwortung hier nicht nur bei den Herstellern, sondern auch beim Endverbraucher, der über sein Konsumverhalten den Produktzyklus beeinflusst und bspw. an Recycling denkt. Viele Hersteller nehmen gebrauchte Handys wieder zurück und gewinnen daraus wertvolle Rohstoffe. Wenn schon ein neues Handy sein muss, dann sollte das alte Modell auf jeden Fall richtig entsorgt werden.

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