Ölfressende Bakterien sollen das Nigerdelta reinigen

Im Nigerdelta, am Golf von Guinea am Atlantik, kommt es jährlich zu rund 300 Ölunfällen.

Ein nigerianischer Unternehmer hat ein Programm gestartet, um eines der am stärksten mit Öl verseuchten Gebiete Afrikas zu dekontaminieren.

Autor Mark Newton:

Übersetzung Mark Newton, 06.05.19

Nigeria fördert rund 2,5 Millionen Barrel Öl pro Tag, davon rund 60 Prozent in der Region des Nigerdeltas. Diese 70.000 Quadratkilometer große Fläche macht jedoch nur 7,5 Prozent der Landmasse Nigerias aus. Für den nigerianischen Staat ist die Ölförderung eine wichtige Einnahmequelle, fast alle Exporterlöse werden damit erwirtschaftet. Die Konzentration von meist kleinen, unorganisierten Ölfeldern und Raffinerien in einem diversen und fragilen Ökosystem hat jedoch zu großen ökologischen Schäden geführt.

2016 startete die nigerianische Regierung zwar eine Reinigungsaktion im Wert von einer Milliarde US-Dollar, diese wurde jedoch durch Untätigkeit, Korruption und mangelnde Sicherheit in der Region behindert. Chinyere Nnadi, ein nigerianischer Unternehmer mit Sitz in den USA, gründete daraufhin das Programm Sustainability International, um eine wirksame Lösung für die Dekontamination zu finden.

Mit Bakterien und der Blockchain gegen Ölverseuchung und Korruption

Das Konzept von Nnadi basiert auf Forschungen seiner Mutter, Dr. Fidelia Nnadi, Professorin an der University of Central Florida School of Engineering. Ihr Team hat die organische, ungiftige, bakterienbasierte Technologie Bioclean entwickelt, mit der Gebiete mit Ölverschmutzungen in etwa 30 Tagen gereinigt werden können. Dabei werden verschiedene Enzymverbindungen und nicht-pathogene Bakterien eingesetzt, um die Kohlenwasserstoffe des Öls auf molekularer Ebene zu zerstören. Auf diese Weise wird das Öl sozusagen „getötet“. Zurück bleiben Nährstoffe, die helfen, den gereinigten Bereich wieder aufzubauen. Bioclean wurde bereits 2012 erfolgreich in dem kolumbianischen Dorf Chinácota eingesetzt, nachdem es in diesem Gebiet eine Ölverseuchung gab.

Die Beseitigung von Ölverschmutzungen ist jedoch nur ein Teil der Herausforderung. Auch die institutionelle Korruption in Nigeria behindert die Reinigungsaktionen erheblich, da es an Transparenz und Vertrauen zwischen den Akteuren mangelt, was die Dekontaminierungsmaßnahmen verzögert und oft unwirksam macht. Um dem entgegenzuwirken, setzt Nnadi in der Region die Blockchain-Technologie des Unternehmens Sela Labs ein. Ziel des 2017 gegründeten Sela Labs ist es, Kryptowährungen und die Vorteile der Blockchain zu nutzen, um die Rechenschaftspflicht im Nigerdelta zu verbessern. Unterstützt wird das Unternehmen von ConsenSys, einem in Brooklyn ansässigen Blockchain-Venture-Unternehmen, und dessen Blockchain for Social Impact Coalition. Mit Sela wird ein verteiltes digitales Hauptbuch erstellt, das eine transparente, unveränderliche Aufzeichnung der Zahlungsvorgänge ermöglicht. Auf der Grundlage dieser Informationen können Sustainability International und dessen Partner die Korruption eindämmen und sicherstellen, dass die Gelder tatsächlich dorthin fließen, wo sie gebraucht werden.

Laut einem UN-Bericht aus dem Jahr 2011 soll es rund 30 Jahre dauern, bis die Ölverschmutzung im Nigerdelta beseitigt werden kann. Mit Bioclean könnte dies nun möglicherweise beschleunigt werden. Sustainability International betont außerdem, dass es nicht nur die Umwelt reinigt, sondern auch Arbeitsplätze für die lokale Bevölkerung schafft und damit die Sicherheit in der Region erhöht. Außerdem behauptet Bioclean, dass die bakterienbasierte Lösung nicht mit den gesundheitlichen Bedenken anderer Ölreinigungsmittel wie Corexit einhergeht, einer Substanz, die in großen Mengen während der Deepwater-Horizon-Ölkatastrophe im Jahr 2010 verwendet wurde.

Sustainability International plant, die Dekontamination systematisch anzugehen und ein Dorf nach dem anderen im Delta zu reinigen. Das Bitcoin-unterstützte System wurde bereits 2018 im Dorf K-Dere getestet, nun sollen die Aktivitäten über das Delta ausgeweitet werden.

Wie viele Ölunfälle gibt es im Nigerdelta?

Zwischen 1976 und 2014 zählte das Journal of Health and Pollution mehr als 12.000 Ölunfälle in Nigeria, die meisten davon innerhalb des Deltas. Pannen bei Öltankern und die Korrosion von Rohrleitungen waren die Hauptursache der meisten Lecks, aber auch Sabotage durch militante Gruppen und Öldiebstahl von Einheimischen trugen dazu bei.

Insgesamt hat dies zu einer Ölkatastrophe im Nigerdelta geführt, wobei die wichtigen Mangrovensümpfe der Region besonders anfällig für Ölkontaminationen sind (siehe Foto oben). In den letzten 50 Jahren sind rund zehn Prozent dieser Sümpfe, die die Grundlage für das gesamte Ökosystem und das lokale Einkommen bilden, verloren gegangen.

Diese Umweltauswirkungen haben auch zu Todesfällen von Menschen geführt. Ein Bericht der Weltgesundheitsorganisation besagt, dass das Trinkwasser im Nigerdelta das 900-fache der empfohlenen Benzolwerte aufweist, was dazu führt, dass die Bewohner des Nigerdeltas 24 Prozent anfälliger für Unterernährung und Säuglingstod sind als der Rest des Landes.

Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Lydia Skrabania. Das Original wurde zuerst auf unserer englischsprachigen Seite veröffentlicht.

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