Norsepower: High-Tech-Segel für eine grünere Schifffahrtsindustrie?

Ein finnisches Unternehmen hat ein Rotorsegel entwickelt, das saubere Energie erzeugt und so zugleich Treibstoff spart.

Autor Mark Newton:

Übersetzung Mark Newton, 24.01.19

Jahrhundertelang gondelten sie über die Weltmeere: Fregatten, Brigantinen, Pinassen, Galeonen – alle angetrieben von der Kraft des Windes. Doch nach seiner langen Vorherrschaft musste das Segelschiff in der Industrialisierung dem Schadstoff verursachenden Dampfschiff weichen. Heute sind vor allem Passagier- und Frachtschiffe auf den Weltmeeren unterwegs – und schleudern Unmengen an Schadstoffen in die Luft. Die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (IMO) der Vereinten Nationen schlägt deshalb Alarm: Rund eine Milliarde Tonnen Kohlenstoff verursacht die globale Schifffahrtsindustrie jährlich. Dies entspricht etwa zwei bis drei Prozent der globalen Gesamtmenge.

Vor allem in internationalen Gewässern, wo internationale Klimaabkommen nicht greifen, ist der Schadstoffausstoß fatal, denn hier können die Handelsschiffe ungehindert mit dem billigen und schmutzigen Marinediesel fahren. Außerdem kontrollieren mächtige Logistikunternehmen die Schifffahrtsbranche und können dabei auch Einfluss auf nationale Regierungen nehmen. Nachhaltige Veränderungen werden aus Kostengründen vonseiten der Schifffahrtsunternehmen möglichst ausgebremst oder verhindert.

Doch das könnte sich schon bald ändern: Mehrere maritime Technologieentwickler haben begonnen, wieder mit Windenergie zu experimentieren, der Naturgewalt, die einst mächtige Handels- und Kriegsflotten über die Meere schob.

Das Rotorsegel von Norsepower

Ein führender Anbieter im Bereich der Nutzung von Windkraft ist Norsepower. Das finnische Unternehmen, gegründet 2012, ist mittlerweile Marktführer wenn es darum geht, große Schiffe mit High-Tech-Segeln auszurüsten. Nach Unternehmensangaben kann das eigenentwickelte Rotorsegel den Treibstoffverbrauch von Schiffen um bis zu 20 Prozent senken, was wiederum Geld spart und gleichzeitig die Umwelt schont.

Das Rotorsegel nutzt den sogenannten Magnus-Effekt, die Querkraftwirkung, die dazu führt, dass ein rotierender Körper von einer geraden Bahn abgelenkt wird. Ein Beispiel für dieses Phänomen ist die „Bananenflanke“, bei der Fußballer den Ball mit gekrümmter Flugbahn vor das gegnerische Tor schießen. Im Falle des Rotorsegels von Norsepower trifft der Wind auf einen Zylinder und die Differenz des Luftdrucks auf beiden Seiten bringt die Zylindersäule zum Rotieren, wodurch Strom erzeugt wird. Das wiederum ermöglicht es, Treibstoff zu sparen ohne dabei an Geschwindigkeit zu verlieren. Die Idee hinter dem modernen Segel von Norsepower ist dabei nicht ganz neu, denn das Konzept wurde bereits in den 1920er Jahren vom finnischen Erfinder Sigurd Savonius und dem deutschen Ingenieur Anton Flettner erprobt.

Das Rotorsegel von Norsepower ist zwischen 14 und 30 Metern hoch, wird auf dem Deck des Schiffes installiert und dann mit dem elektrischen System des Schiffes verbunden. Der Kapitän kann das Segel per Knopfdruck an- und ausschalten, während die dem Segel eigene automatische Steuerung für eine optimale Leistung sorgt, wodurch das das High-Tech-Segel weniger Aufmerksamkeit von der Crew benötigt als ein herkömmliches Segel. Nicht zuletzt ist das Norsepower-Segel deutlich effizienter als ein gewöhnliches, da das Zylinderdesign bis zu zehnmal mehr Schub bei einer deutlich kleineren Oberfläche bietet.

Globale Schifffahrtsperspektiven

Norsepower hat bereits Segel auf drei großen Schiffen installiert, darunter vor kurzem der Maersk-Tanker Pelican. Zwar liefern die Segel derzeit noch nicht genügend Energie, um ein großes Schiff allein anzutreiben, aber ihre Eigenschaft, den Treibstoffverbrauch zu senken, könnte ein wichtiger Schritt sein, um den Bedarf der globalen Schifffahrtsindustrie an fossilem Treibstoff zu verringern.

Bisher war die Schifffahrtsindustrie in ihrer Reaktion auf den globalen Klimawandel etwas träge. Doch Konzepte wie das Rotorsegel könnten vor dem Hintergrund der Treibstoffersparnis bald auf größere Aufmerksamkeit innerhalb der Schifffahrtsindustrie stoßen. Die IMO hofft, dass der durch die Schifffahrt ausgestoßene Kohlenstoff bis 2050 halbiert werden kann. Ein gutes Signal kommt dabei ausgerechnet von Logistikriese A.P. Moller-Maersk: Das Unternehmen gibt als Ziel aus, bis 2050 vollständig klimaneutral operieren zu wollen.

Geld mit sauberer Technologie zu sparen könnte also helfen, den gesamten Schifffahrtssektor umzukrempeln. Und wer weiß, vielleicht gibt es ja wieder Aufwind für Segel…?

Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Thorge Jans. Das Original erschien zuerst auf unserer englischsprachigen Seite.

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