Nachhaltigkeit bei Smartphones? Fehlanzeige! Aber es gibt Ausnahmen.

Alle zwei Jahre ein neues Smartphone? Mittlerweile Standard. Aber das macht was – nämlich enorme Schrottberge. Dabei ließe sich da einiges drehen für mehr Pluspunkte auf der Nachhaltigkeitsskala. In einer neuen Studie hat sich die Deutsche Umwelthilfe die Sache genauer angeschaut und gibt Empfehlungen.

Autor*in Sarah-Indra Jungblut, 12.02.18

Laut Angaben der Deutsche Umwelthilfe (DUH) werden jährlich 1,7 Millionen Tonnen neue Elektrogeräte und mehr als 24 Millionen Smartphones verkauft – allein in Deutschland. Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) haben daran einen Anteil von 250.000 Tonnen und sind mitverantwortlich für immer größere Schrottberge und einen steigenden Ressourcenverbrauch.

In einer neuen Studie hat die DUH die IKT-Industrie auf ihre Nachhaltigkeit abgeklopft und dazu 25 Gerätehersteller, Telefonie- und Internetanbieter am Beispiel von Smartphones, Festnetztelefonen und Routern untersucht. Im Fokus der einjährigen Studie standen das Produktdesign, das Vertragsangebot, die Geräteunterstützung, Entsorgungslösungen sowie Marketingstrategien.

Die Ergebnisse sind leider ernüchternd, zeigen sie doch, dass sich bei den meisten Herstellern in den letzten Jahren in Bezug auf Umwelt- und Ressourcenschutz wenig getan hat und z.B. Konzepte der Kreislaufwirtschaft in der IKT-Branche bislang kaum umgesetzt werden. Dass aber nachhaltige Geschäftsmodelle auch schon jetzt möglich sind, zeigen einige positive Beispiele, wie u.a. Shift und Fairphone. Beide Unternehmen sind bemüht, statt einem ressourcenintensiven „Einweg-Smartphone“ eine solides, reparaturfähiges und damit langlebiges Gerät zu entwickeln.

Stellschrauben für eine umweltfreundlichere IKT-Branche

Aus den beobachteten Praktiken der Hersteller leitet die DUH einige sehr konkrete Handlungsempfehlungen ab. Viele Stellschrauben liegen dabei in den Händen der Regierungen:

  • Finanzielle Förderung von umweltfreundlichen Dienstleistungen und Produkten

Um den Ressourcenverbrauch durch kurze Produktzyklen zu reduzieren, sollten Dienstleistungen zum Erhalt von IKT-Geräten steuerlich begünstigt werden, um eine Reparatur günstiger als den Neukauf zu machen. Außerdem sollten besonders umweltfreundliche Geräte, wie zum Beispiel gebrauchte Smartphones, durch finanzielle Anreize für Verbraucher interessanter gemacht werden. Ein weiterer wichtiger Aspekt, um Reparaturen und den Kauf von gebrauchten Geräten zu fördern, wäre eine Verpflichtung der Hersteller von Smartphones und anderen IKT-Geräten, Originalersatzteile zu verhältnismäßigen Kosten anzubieten und kostenlose Reparaturanleitungen und Software-Updates für die erwartete Lebensdauer der IKT-Geräte zur Verfügung zu stellen.

Positive Beispiele hier: Schon jetzt stellen Unternehmen wie Asus, Fairphone, Shift oder Zyxel Reparaturbetrieben und Endnutzern originale Ersatzteile zur Verfügung. Viele andere der untersuchten Unternehmen erschweren jedoch diesen Prozess; Ersatzteile sind, wenn überhaupt, nur zu hohen Kosten und mit langen Lieferzeiten verfügbar.

  • Festlegung von Standards beim Ökodesign

 „Die Bundesregierung muss dringend verbindliche Standards zum Ökodesign festlegen, damit Produkteigenschaften wie Haltbarkeit, Reparierbarkeit, Recyclingfähigkeit und der Einsatz von Recyclingmaterialien im Markt zur Regel werden“, sagt der stellvertretende DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft Philipp Sommer.

Positive Beispiele: Das Fairphone 2 liefert den besten Beweis, dass ein verbraucherfreundliches Ökodesign möglich ist, indem es besonders modular und reparierbar aufgebaut ist. Auch Apple und Samsung verwenden für einige Geräte bereits Recyclingkunststoff. Und die iPhone-Modelle 7 und 7plus verbinden einen Schutz gegen das Eindringen von Feuchtigkeit sogar mit einer akzeptablen Reparierbarkeit.

  • Fokus auf Leasing-Modelle

Was zusätzlich auf ein bessere Ökobilanz einzahlen würde, wäre ein verstärkter Fokus auf Leasingmodelle, denn diese stellen das Nutzen von Dienstleistungen und nicht den Besitz von Geräten in den Vordergrund. Aktuell gibt es in der IKT-Branche wenige Beispiele dafür. Ausnahmen bilden die Unternehmen 1&1 (United Internet), O2 (Telefónica), Telekom, Unitymedia und Vodafone, die immerhin das Leasing von Routern anbieten. Allein bei der Telekom nutzten im Jahr 2016 8,7 Millionen Kunden den Mietservice für Router und Mediareceiver. Alleiniger Leasing-Anbieter bei Smartphones könnte Fairphone werden; deren Leasingmodell wird gerade entwickelt.

  • Verbindliche Zielquoten für die Sammlung und Wiederverwendung

Nach wie vor wird nur ein Bruchteil der ausgedienten Geräte korrekt entsorgt; kostbare  Materialien gehen so verloren und können dem Kreislauf nicht mehr rückgeführt werden. Damit ausgediente Geräte für eine erneute Nutzung aufbereitet oder recycelt werden können, ist es notwendig, dass sie getrennt gesammelt werden. Auch wenn viele der untersuchten Unternehmen ihrer Verpflichtung gerecht werden und eigene Geräte zurücknehmen, setzen sich diese aber nicht aktiv für die Sammlung ausgedienter IKT-Geräte ein. Schätzungen zufolge schlummern in den Schubladen deutscher Verbraucher noch rund 120 Millionen Handys – hier setzen die Handysammlungen von Telefónica, Telekom und Vodafone an, die zurückgenommene Geräte teilweise reparieren und wiederverwenden.

Wegweisend hier: der Ansatz von Shift. Als einziges IKT-Unternehmen erhebt Shift ein Pfand in Höhe von 22 Euro.

Was können wir als Verbraucher schon jetzt tun?

Aspekte der Nachhaltigkeit werden in den wenigsten Unternehmen der IKT-Branche konsequent weitergedacht und in den gesamten Produktzyklus integriert, mit Ausnahme natürlich  von Shift und Fairphone. Das Thema gleicht daher eher einem Flickenteppich, aus dem hier und da positive Beispielen hervorstechen, die zumindest zeigen, was auch bei allen anderen Herstellern möglich wäre. Einen wichtigen Beitrag für die Durchsetzung von mehr Umwelt- und Ressourcenschutz könnte dabei die Politik leisten, in dem sie für alle Hersteller verbindliche Richtlinien festlegt.

Doch schon jetzt gibt es einiges, was auf Seiten der Verbraucher getan werden kann, um positive Impulse zu setzen und den eigenen ökologischen Fußabdruck zu verkleinern:

  • Gebraucht kaufen: Umwelt und Ressourcen schont, wer gebrauchte Geräte kauft, sie möglichst lange nutzt und Schäden zum Beispiel durch Schutzhüllen oder Displayfolien vorbeugt.
  • Defekte Geräte reparieren: Nach Möglichkeit sollten kaputte Geräte repariert und, wenn das nicht mehr möglich ist, bei Händlern oder Wertstoffhöfen abgegeben werden.
  • Umweltfreundliche Geräte bevorzugen: Umweltzeichen wie der „Blaue Engel“ und Produktbewertungen von Prüforganisationen wie Stiftung Warentest oder Öko-Test helfen, besonders umweltfreundliche Geräte zu erkennen.

Mehr dazu auch in unseren Artikeln Wohin mit gebrauchten Mobiltelefonen? und Elektroschrott – Zu wertvoll für die Tonne.

Die Studie der DUH gibt es hier zum Download (pdf): Nachhaltigkeit-IKT-Industrie.pdf

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