MotorLeaf: Eine Agrar-KI kurbelt das Indoor Farming an

Die KI von MotorLeaf nutzt eine Reihe drahtloser Geräte, um die Ernte zu überwachen.

Können Indoor-Farmen den wachsenden Lebensmittelbedarf der Zukunft decken? Künstliche Intelligenzen könnten helfen, dies zu erreichen.

Autor Mark Newton:

Übersetzung Mark Newton, 28.05.18

Die zunehmende Ausbreitung von High-Tech im Agrarsektor hat längst nichts mehr mit wogenden grünen Feldern und der romantisierten Vorstellung von einstiger Landwirtschaft zu tun. Auf RESET haben wir kürzlich zum Beispiel über AeroFarms berichtet, ein US-Unternehmen, das ein weitreichendes Konzept von Vertical Farmings in der Stadt erprobt. Und in den Niederlanden wird ein System für Gewächshäuser entwickelt, dass unabhängig von bestehenden Stromnetzen ist und sich selbst mit erneuerbaren Energien versorgt.

Auch MotorLeaf ist aktiv auf diesem Markt: Das kanadische Entwickler-Unternehmen hat eine Künstliche Intelligenz (KI) entwickelt, die urbanen und Indoor-Erzeugern dabei helfen soll, ihre Ernten zu überwachen und Probleme in Echtzeit zu erkennen. Die KI-Software Agronomist nutzt datengesteuertes maschinelles Lernen, um Indoor-Farm-Betriebe mit umfassenden Einblicken zu versorgen, zum Beispiel mit Wetterdaten und deren Effekte auf potenzielle Erträge oder sogar Vorhersagen zu Pflanzenkrankheiten. Die Daten können dabei helfen, Ernteverluste zu reduzieren – was im Hinblick auf den zunehmenden Druck auf den Landwirtschaftssektor durch den steigenden Nahrungsmittelbedarf der wachsenden Weltbevölkerung sowie durch den Klimawandel verursachte extreme Wetterbedingungen immer wichtiger wird.

Viele der Dienste der KI-Software können einzeln oder gebündelt mit dem sogenannten HEART-System genutzt werden, einer Hardware, die als größerer KI-Manager für Indoor-Farmen oder Gewächshäuser fungiert. Alle vier Sekunden erhält die Künstliche Intelligenz von einer Reihe von drahtlos verbundenen Geräten Informationen zu Faktoren wie dem Lichtspektrum, Lichtintensität, CO2-Gehalt, Feuchtigkeit, Lufttemperatur, Wasserverbrauch und chemischer Zusammensetzung. In jüngsten Versuchen, die in Kalifornien durchgeführt wurden, konnte eine 50-prozentige Fehlerverringerung bei der Ertragsprognose von Tomaten erreicht werden. Mit einer kürzlich gesicherten Finanzierung will MotorLeaf sein Produkt nun auf weitere Anbaukulturen ausweiten.

Künstliche Intelligenz und Umweltschutz

Derzeit wird das System des kanadischen Unternehmens vor allem in entwickelten Ländern von hochtechnisierten Indoor-Farmen mit vergleichsweise geringen Erträgen genutzt – und das wird voraussichtlich auch noch eine Weile so bleiben. Das Ziel von MotorLeaf scheint zu sein, solche Unternehmungen profitabler und kosteneffizienter zu gestalten. Umweltschutzinteressen stehen dabei wohl eher im Hintergrund – obwohl sich beides nicht gegenseitig ausschließen muss.

Abgesehen davon können Technologien wie Agromost oder ähnliche Programme auch bedeutende Auswirkungen auf landwirtschaftliche Betriebe und Gewächshäuser in sich entwickelnden Ländern haben. Zwar ist der derzeitige Kostenaufwand und das für die Software nötige technische Know-how für die meisten Landwirte im Globalen Süden wohl nicht erschwinglich – aber die Möglichkeit, Katastrophen vorherzusagen und Ernten besser überwachen zu können könnte sich irgendwann zu einem wertvollen Werkzeug im Kampf gegen Hungersnöte, Ernteausfälle und Wetterextreme entwickeln.

Wenn KI künftig ein solches Werkzeug wird, dann sollte es auch breit eingesetzt werden, um denen zu helfen, die es am meisten brauchen. Denn solange solche Tools weiterhin nur von wohlhabenden Ländern eingesetzt werden, würde dies die Ungleichheiten und wirtschaftliche Kluft zwischen Ländern wohl nur verschärfen. Wenn KI jedoch günstiger und dadurch eine breitere Nutzung möglich wird, kann sie ein wichtiger Akteur bei der Unterstützung des Landwirtschaftssektors werden, damit die Weltbevölkerung nachhaltig ernährt werden kann. Abgesehen davon gibt es beim Thema KI noch jede Menge weiteren Diskussionsbedarf: vom sozialen Standpunkt aus und auch in Hinsicht auf ihre potenziellen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt.

Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Lydia Skrabania. Das Original erschien auf unserer englischsprachigen Seite.

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