Jedes Jahr erstellt Reporter ohne Grenzen (ROG) eine Rangliste der Pressefreiheit. Die diesjährige Bilanz gibt Grund zur Sorge: Nach Angaben von ROG hat sich in keiner anderen Weltregion die Lage der Pressefreiheit im vergangenen Jahr so stark verschlechtert wie in Europa. Journalisten seien vermehrt einer medienfeindlichen Hetze durch Regierungen oder führende Politiker ausgesetzt gewesen. Damit ist die Hetze gegen Medien und Journalisten nicht mehr nur auf repressive Regime wie in der Türkei oder Ägypten beschränkt, wo kritischer Journalismus diffamiert und verfolgt wird, sondern auch demokratisch gewählte Staats- und Regierungschefs behandeln kritische Medien unverhohlen als Feinde, wie z. B. in Ungarn und Polen.
„Demokratien leben von öffentlicher Debatte und Kritik. Wer gegen unbequeme Journalistinnen und Journalisten polemisiert oder gar hetzt und die Glaubwürdigkeit der Medien pauschal in Zweifel zieht, zerstört bewusst die Grundlagen einer demokratischen Gesellschaft“, sagte ROG-Vorstandssprecherin Katja Gloger.
Fake News: Verzerrte Realitäten
Neben der Unterdrückung von kritischen Stimmen haben wir es verstärkt auch mit der bewussten Streuung von Falschmeldungen zu tun. Rund um den Globus nehmen Fake-News massiven Einfluss auf die öffentliche Meinung. So sollen falsche Fakten auf Facebook die Entscheidung für Brexit beeinflusst haben, Clinton soll Trump wegen der massiven Verbreitung von diffamierenden und leider unbestätigten Fake-News Trump unterlegen gewesen sein und auch der philippinische Präsident Rodrigo Duterte soll vor zwei Jahren auf einer Welle von Falschinformationen an die Macht gehoben worden sein.
Beispiele wie diese finden sich noch viele, das jüngste und sehr lesenswerte Dossier auf der Webseite Entwicklung und Zusammenarbeit „Weltweit bedrohlich: News, Digitale Propaganda und aggressive Trolls“ gibt einen guten Überblick. Klar, mit Falschmeldungen haben wir schon immer zu tun. Gerade in Zeiten, in denen die Informationsquellen noch nicht so breit gestreut waren wie heute, war es schwer und vor allem zeitintensiv, Nachrichten auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Doch die zunehmende Digitalisierung macht es ungleich leichter, massenhaft falsche Informationen zu streuen. Vor allem über Soziale Medien wie Facebook können Einzelpersonen und Trolle als auch automatisierte Bots massive Meinungsmache auf Grundlage falscher Aussagen betreiben.
Beide Entwicklungen, die zunehmende Unterdrückung der Pressefreiheit als auch die zielgerichtete Streuung von Fake-News, bereiten mehr als ein leichtes Unwohlsein. Denn wem kann eigentlich noch vertraut werden? Wie finde ich heraus, wer der Urheber der Nachrichten ist und wie abgesichert ist diese Quelle? Und auf welcher Grundlage sollen dann informierte Entscheidungen getroffen werden? Fragen wie diese sollten uns alle umtreiben – und wir sollten rasch Antworten finden.
Starke Demokratien brauchen Medienvielfalt und kompetente Bürger
Wollen wir starke Demokratien, dann müssen wir ihre Medienvielfalt pflegen und Regeln aufstellen, die im Internet Datenschutz und Informationsqualität sichern. Und wir brauchen gut informierte, kompetente Bürger, die nicht alles glauben, was über ihre Informationskanäle angeschwemmt wird. Einen wichtigen Beitrag dazu leisten z.B. Faktenprüfer wie Africa Check. Die 2012 in Johannesburg gegründete Organisation entlarvt Mythen, deckt Fake News auf, korrigiert Falschinformationen und stellt richtige Informationen zur Verfügung beziehungsweise verbreitet sie. Zudem listet der „InfoFinder“ auf ihrer Website verlässliche Informationsquellen für verschiedene afrikanische Länder auf.
Doch auch Programme, die eine kritische Medienkompetenz vermitteln, sind extrem wichtig und sollten in allen Schulen weltweit auf dem Lehrplan stehen. Ein gutes Beispiel ist hier die „Media and Information Literacy Learning Initiative“ (Milli*), die 2016 von dem „Media Arts Technology Studies“ (MATS-)Programm des College of the Arts in Windhuk, Namibias Hauptstadt, gegründet wurde und von der Deutsche Welle Akademie unterstützt wird. Das Ziel ist es, die namibische Gesellschaft medienkompetent zu machen, indem lokale Trainer ausgebildet werden, die ihr neugewonnenes Wissen und Erfahrung in Projekten in ganz Namibia weitergeben.