Kastenlose Bildung vor dem Aus? RESET Partnerprojekt AID India braucht unsere Hilfe!

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Die kleine Ave Maria-Schule unseres Projektpartners AID India in Südindien benötigt dringend Unterstützung: Sie hat kürzlich die staatliche Anerkennung beantragt und muss dafür nun kostspielige Auflagen erfüllen – sonst wird sie geschlossen. Für die Schüler und Schülerinnen wäre das fatal, denn die Schule ist die einzige in der Region, die ihnen hochwertige Bildung jenseits aller Kastenschranken bietet. Gastautorin Dorit Behrens hat sich für RESET einmal vor Ort umgesehen.

Autor*in Sarah-Indra Jungblut, 13.02.13

Es ist Montagmorgen, halb zehn. Eine junge Lehrerin läutet die Glocke. Kurz darauf versammeln sich rund zweihundert Mädchen und Jungen in hellblauen Schuluniformen auf dem Pausenhof, Zeit für den Morgenappell. Die Schüler und Schülerinnen zwischen vier und dreizehn Jahren stehen in Reih‘ und Glied, manche noch müde, die meisten aber schauen neugierig auf ihren Gast. Ich habe heute die Ehre, die indische Flagge zu hissen. Danach singen die Kinder die Nationalhymne, die älteren lesen aus der Zeitung vor. So geht das jeden Montag, um die neue Woche zu begrüßen.

Noch – denn die Zukunft der Schule ist ungewiss. Im laufenden Schuljahr hat der Trägerverein AID INDIA die staatliche Anerkennung beantragt. Nötig war dies, weil im Rahmen der 2010 in Kraft getretenen Richtlinie „Right to Eduction“ (RTE) nur noch Schulen unterrichten dürfen, die staatlich anerkannt sind. Um sich als solche zu legitimieren schreibt das RTE bestimmte Auflagen vor. Für die Ave Maria Schule in Satankulam bedeutet das, neben einem neuen Dach für den Toilettentrakt auch Bibliothek und Labor mit weiteren Büchern und Materialien auszustatten und sieben neue Klassenzimmer zu bauen, denn die bisherigen im leuchtend blauen Schulgebäude entsprechen nicht der Regierungsnorm. Das alles muss bis zum Ende des Schuljahres – also bis April 2013 – erledigt sein, sonst wird die Schule bis auf Weiteres geschlossen.

Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren, vor allem dank privater Unterstützung. Spender über RESET haben der Schule beispielsweise Büroschränke und Regale für die Bibliothek ermöglicht. Denn die Ave Maria-Schule erhält keinerlei öffentliche Förderung. Da die Schule vor vier Jahren ins Leben gerufen wurde, um auch den Ärmsten der Armen eine Bildung zu ermöglichen, ist der Schulbesuch für die meisten Familien kostenfrei. So haben auch knapp 30 Mädchen im Kinderheim neben dem Hauptgebäude einen sicheren und liebevollen Zufluchtsort gefunden haben. Gemeinsam mit den anderen Kindern und Jugendlichen werden sie nun vom Kindergartenalter an unterrichtet – ganz egal, welchem Geschlecht, welcher Kaste oder welcher Religion sie angehören.

Im armen und noch immer stark vom Kastenwesen bestimmten Bundesstaat Tamil Nadu ist das ein Segen, denn so erhalten die Kinder eine grundlegend wichtige vor allem individuelle Förderung, die eine staatliche Schule so nicht erfüllen kann. Zwar hat der Staat 2009 das Recht auf Bildung gesetzlich verankert, die Realität an den öffentlichen Schulen sieht jedoch leider anders aus: Schulschwänzen und nachlässige Unterrichtsformen sind dort an der Tagesordnung.

In der Ave Maria-Schule ist das anders: Wer kann, bringt seine Kinder morgens selbst in die Schule, die übrigen werden vom schuleigenen Busdienst abgeholt und nachmittags sicher wieder nach Hause gefahren. Aus bis zu 30 Kilometern Entfernung kommen sie, um hier zur Schule gehen zu können.

Momentan bereiten sich die Schüler auf die Abschlussprüfungen im April vor. Für die Kleinsten stehen Buchstaben und Zahlen auf dem Stundenplan und aus der vierten Klasse schallen englische Vokabeln, die inbrünstig im Chor gerufen werden. Die Sechstklässler lösen still ihre Algebra-Aufgaben, während die Schülerinnen der achten Klasse Grammatik pauken – in Tamil, ihrer lokalen Sprache. Die Stimmung ist gelöst, die Kinder sind wissbegierig, trotz aller widrigen Umstände.

Doch das Geld wird schon jetzt knapp und es ist unklar, wie alle Auflagen finanziert werden sollen. Immerhin gewährt das Bauunternehmen der Schule eine Zahlpause bis nach der offiziellen Akkreditierung. „So haben wir ein bisschen mehr Luft und können für die Kinder kämpfen“, sagt Peter von AID INDIA mir zum Abschied. Ich steige in meinen Zug, winke ihm und den fünf Mädchen, die mich zum Bahnhof begleitet haben noch einmal zu . „Poittu vanga!“ rufen sie, was so viel heißt wie „Tschüß, bis bald!“ Ja, hoffentlich, denke ich, und schon rattert der Zug los.

Helft mit und unterstützt die Ave Maria-Schule dabei, ihre Bibliothek mit Büchern zu füllen.

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