Kaffee wird aus gerösteten Kaffeebohnen, den Samen der Kaffeepflanze gewonnen. Bei der Ernte sehen die Samen noch wie rote oder gelbe Beeren aus. Bevor sie getrocknet, geröstet und gemahlen werden, muss daher noch die Haut und das Fruchtfleisch entfernt werden – und damit wird etwa die Hälfte des ursprünglichen Gesamtgewichts der Samen ungenutzt zu Abfall. Dabei enthält die sogenannte „Pulpe“ viele Nährstoffe.
Um die Produktionsreste besser zu nutzen, haben Forschende der Universität Hawaii ein Experiment gemacht: Auf einer 1.400 qm großen Fläche in Costa Rica, auf der ehemals Kaffee angebaut wurde, haben die Forschenden rund 35 Lastwagenladungen Kaffeepulpe verteilt. Insgesamt war die Schicht einen halben Meter dick. Was dann auf diesem Experimentierfeld passierte, wurde zwei Jahre lang mit den Entwicklungen auf einer gleichgroßen Kontrollfläche verglichen. Das Resultat, das in einem Artikel der Fachzeitschrift Ecological Solutions and Evidence veröffentlicht wurde, war noch besser als erwartet: „Die mit einer dicken Schicht Kaffeepulpe behandelte Fläche verwandelte sich in nur zwei Jahren in einen kleinen Wald, während die Kontrollfläche weiterhin von nicht-heimischen Weidegräsern dominiert wurde“, sagt Rakan Zak Zahawi, Forschender an der School of Life Sciences an der University of Hawaii. Zusammen mit der Forscherin Rebecca Cole führte er das Projekt durch.
Kaffeepulpe erzeugt Hitze und verdrängt die Wurzeln von unliebsamen Gräsern
In Kaffee sind viele Kohlenhydrate und Roheiweiß enthalten und bei der Verarbeitung bildet die Kaffeepulpe einen wertvollen Kompost. Im Experiment hat sich gezeigt, dass nicht-einheimische Gräser von der Pulpe verdrängt werden und der einheimische Wald gedeihen kann. Zahawi erklärt, wie das funktioniert: „Wenn die Pulpe anfängt, sich zu zersetzen, erzeugt sie eine Menge Hitze, die in Kombination mit der tiefen Schicht das Gras erstickt und die Wurzeln tötet, indem sie sie sozusagen bäckt.“ Durch die Kaffeepulpe wird die Fläche außerdem mit Bodennährstoffen angereichert und treibt damit die zukünftige Erholung des Regenwaldes voran.
Von Erkenntnisse wie diesen brauchen wir dringend mehr, denn die Zerstörung der Regenwälder nimmt weltweit rasant zu. Laut WWF wurde sogar im Jahr 2020 mehr Regenwald abgeholzt als 2019 – und das, obwohl aufgrund der Corona-Pandemie in vielen Bereichen alles stillstand. Insgesamt soll im März 2020 eine Waldfläche von rund 645.000 Hektar zerstört worden sein, also mehr als 900.000 Fußballfelder. Auf herkömmlichen Wegen dauert es meist viele Jahrzehnte, bis Regenwälder wieder komplett renaturiert sind – und dabei sind wir auf die Filterfunktion dieser Ökosysteme angewiesen.
Die Wiederverwendung von Abfallresten aus der Produktion könnte eine nachhaltige Methode sein, um Abfälle zu verringern und künstliche Düngemittel zu reduziert. „Obwohl noch viel zu erforschen ist, legt diese Fallstudie nahe, dass landwirtschaftliche Nebenprodukte (oder nicht marktgängige Produkte) verwendet werden können, um die Erholung des Waldes auf degradierten tropischen Flächen zu beschleunigen. In Situationen, in denen die Verarbeitung dieser Nebenprodukte für die Agrarindustrie mit Kosten verbunden ist, kann ihre Verwendung für die Wiederherstellung zur Erreichung der globalen Aufforstungsziele ein ‚Win-Win‘-Szenario darstellen“, so Zahawi.
Negative Nebeneffekte: Kaffeepulpe entwickelt intensiven Geruch und enthält zum Teil noch Pestizide aus der Produktion
Neben den positiven Ergebnissen des Forschungsprojektes gibt es jedoch auch Nachteile an der Dünge-Methode. Zum einen entwickelt die Kaffeepulpe einen intensiven Geruch, der Fliegen und andere Insekten anlockt und Menschen, die in der Nähe leben, stört. Zum anderen gibt es Bedenken, dass das Düngemittel negative Auswirkungen auf die Wassereinzugsgebiete haben kann. „Es kann zu einer gewissen Verunreinigung kommen“, sagt Cole gegenüber National Geographic. Kaffeepulpe enthält Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphor, die sich negativ auf Flüsse und Seen auswirken können, indem sie zum Beispiel übermäßiges Algenwachstum verursachen. Die Kaffeepulpe kann außerdem Spuren von Pestiziden enthalten, die bei der Produktion verwendet wurden.
Das Experiment in Costa Rica wurde fernab von Wasserquellen durchgeführt, so Cole. Mit weiteren Forschungen sollen die möglichen Auswirkungen auf umliegende Gebiete noch intensiver untersucht werden.