Interview: Das Startup Nüwiel hat einen Fahrradanhänger entwickelt, der mitdenkt

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© NÜWIEL

Wollen wir zukünftig in lebenswerteren Städten leben, sollten wir Fortbewegung und Logistik platz- und ressourcensparend denken. Der smarte Verfolger von Nüwiel passt da ziemlich gut dazu.

Autor*in Sarah-Indra Jungblut, 21.02.17

Übersetzung Sarah-Indra Jungblut:

Das aktuell vorherrschende Stadtbild ist von Autos dominiert: Um den Verkehr am Rollen zu halten durchziehen mehrspurige Straßen unsere Städte und wertvoller Platz wird in Form von Parkplätzen zur reinen Abstellfläche. Was wir davon haben? Smog, Feinstaub und ziemlich viel Lärm. Aber es könnte auch ganz anders sein. Ein wichtiger Baustein der nachhaltigen Stadt der Zukunft ist die Umstellung auf pedalbetriebene Vehikel. Mit einem Standard-Drahtesel kommen wir jedoch ziemlich schnell an logistische Grenzen. Anders sieht es aus, hat man z.B. einen intelligenten Anhänger wie den des Startups NÜWIEL.

Wir sprachen mit Natalia Tomiyama, neben Fahad Khan und Sandro Rabbiosi Co-Founder von NÜWIEL, darüber, wie die Idee zu dem motorisierten Fahrradanhänger entstanden ist, wie er genau funktioniert und was ihre Vision für die Stadt der Zukunft ist.

Wie ist Idee zu dem motorisierten Fahrradanhänger entstanden?

Um seine vier Söhne samt Einkäufe durch die Stadt zu transportieren hat Sandro, einer der drei Gründer von NÜWIEL, schon immer sein Fahrrad samt Anhänger genutzt. Da dies furchtbar anstrengend ist und ihm zudem die Sicherheitsstandards der derzeitigen Modelle nicht ausreichten, entstand die Idee, einen ganz neuen Anhänger zu entwickeln.

Ein zweitägiger Entrepreneurship Workshop (HEKATE) brachte ihn mit Fahad und Natalia zusammen. Mit seinen Erfahrungen als leitender Design- und Entwicklungsingenieur entwickelte Fahad aus der anfänglichen Idee das Konzept für den intelligenten, motorisierten Fahrradanhänger. Natalia brachte eine mehr als fünfjährige Erfahrung im Bereich Marktanalyse und –forschung und somit das nötige Know-how in Sachen Finanzen und Marketing mit in das Unterfangen. Gemeinsam gründeten die drei 2016 das Startup NÜWIEL.

Heute besteht NÜWIEL aus einem zehnköpfigen Team aus sechs Nationen, welches gemeinsam zehn Sprachen spricht.

Wie funktioniert der Anhänger?

Wir nutzen eine zum Patent angemeldete Technologie, durch welche der Anhänger genau weiß, wann er langsamer werden, beschleunigen oder bremsen muss. Geht es bergab, bremst der Anhänger leicht und lädt dabei seine Batterien auf, geht es bergauf, dann gibt er dem Fahrer sogar einen kleinen Schub. Über eine Standardkupplung kann er mit einem Klick an jedes Fahrrad angebracht werden. Mit einem auswechselbaren Akku wird der Motor betrieben, der der Bewegung des Hinterrads automatisch folgt. So trägt der Anhänger sein Gewicht sowie das seiner Ladung. Ein dreifaches Bremssystem sorgt zudem für besonders viel Sicherheit, vor allem bei höherer Geschwindigkeit und größeren Lasten. Koppelt man den Anhänger vom Fahrrad ab kann er als motorisierter Handwagen in Gebäuden und schwer zugänglichen Orten genutzt werden.

Was waren die größten Hürden bei der Entwicklung?

Wie bei den meisten anderen Startups wohl auch war es zu Beginn schwierig, Menschen und Investoren von NÜWIEL zu überzeugen. Wir brauchten Manpower und eine entsprechende Finanzierung, welche uns ermöglichte NÜWIEL, Realität werden zu lassen. Als Alumni der Hamburger Hochschulen war unsere erste Anlaufstelle das an der TUHH ansässige Gründerzentrum Startup Dock.

Die Entwicklung und Produktion von Hardware ist nicht nur zeitaufwendig, sondern auch besonders kostenintensiv. Die erste finanzielle Unterstützung erhielten wir durch das EXIST-Gründerstipendium gefolgt von der Förderung „InnoRampUp“ der Hamburger Investitions- und Förderbank. Außerdem sind wir Mitglied der “European Cycle Logistics Federation” und nehmen an dem Climate-KIC Accelerator Program teil.

Für wen ist euer Anhänger ausgelegt?

Mit unseren elektrischen Fahrradanhängern möchten wir den Verkehr in Städten massiv eindämmen. Um dies zu erreichen haben wir den Lastenanhänger für den „Last Mile“ Transport im urbanen Raum entwickelt. Zurzeit testen namenhafte Pilotkunden unsere Anhänger und ersetzen mit ihnen kleine bis mittelgroße Lieferfahrzeuge. Mit unseren Anhängern können Waren von Kurieren, Lieferanten und Speditionen bis zu 50% schneller durch die Stadt gefahren werden.

Im nächsten Schritt wird dieser Anhänger für den B2C-Bereich als Lifestyle-Fahrradanhänger verfügbar. So können auch Endverbraucher innerhalb der Stadt weitestgehend auf PKWs verzichten.

Die Anhänger sind in Größe und Ausstattung individualisierbar. Ob mit Aluminiumbox für wärme-, kälte-, licht- oder wasserempfindliche Waren oder in einer späteren Ausführung mit Holzbox und Textil als Kinder-, Sport- oder Hundeanhänger.

Was sind eure nächsten Pläne?

Im Sommer 2017 wollen wir den Vorverkauf unserer elektrischen Lastenanhänger beginnen. Als nächstes entwickeln wir einen weiteren Lastenanhänger, welcher bis zu 200 kg tragen werden wird. Ende 2018 werden die Lifestyle-Fahrradanhänger soweit sein, dass sie in Serie gehen können.

Zusätzlich werden wir beginnen, NÜWIEL ebenfalls in anderen fahrradaffinen Ländern wie den Niederlanden und Österreich sowie in Skandinavien bekannter zu machen, um zu gegebener Zeit zu expandieren.

Was ist eure Vision für die Mobilität in unseren Städten? Wie bewegt man sich in der Stadt der Zukunft?

Unsere Vision ist, dass sich Menschen im urbanen Raum frei von Stau, Lärm und Luftverschmutzung flexibel und zu ihrem Lebensstil passend bewegen können.

© NÜWIEL Die drei Gründer (v.l.n.r.): Fahad Khan, Natalia Tomiyama, Sandro Rabbiosi

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Ist Elektromobilität die Fortbewegung der Zukunft? Um diese Frage dreht sich unsere neue Publikation Mit E-Mobilität zur zukunftsfähigen Stadt – jetzt downloaden!

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