Interaktive Weltkarte zeigt Plastikverschmutzung der Ozeane

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Screenshot/ WWF

Es gibt mittlerweile kaum einen Flecken im Ozean, in dem noch kein Plastikmüll entdeckt wurde. Der WWF veranschaulicht eines der größten Umweltprobleme nun in einer interaktiven Weltkarte.

Autor*in Leonie Asendorpf, 28.09.20

Übersetzung Leonie Asendorpf:

Etwa 150 Millionen Tonnen Plastikmüll schwimmen Schätzungen zufolge in den Ozeanen weltweit. Und Forschende gehen davon aus, dass sich diese Menge bis 2030 sogar noch einmal verdoppeln könnte. Der Plastikmüll gefährdet nicht nur das Leben vieler Tierarten, sondern langfristig auch das von uns Menschen, nicht zuletzt als Mikroplastik in unserer Nahrung. Eine interaktive Karte des WWF macht die Unmengen an Plastikmüll in den Ozeanen unseres Planeten nun aus der Ferne sichtbar und gibt einen Überblick über den Fortschritt eines internationalen Abkommens, das die Plastikverschmutzung beenden soll.

Auf der Website des „Global Plastic Navigator“ können Nutzer*innen verschiedene Ebenen einer Weltkarte öffnen. Die erste zeigt an, wo die Konzentration von treibendem Plastik an der Meeresoberfläche (nach Gewicht) besonders hoch ist. Die Daten basieren auf Messdaten von insgesamt 24 Expeditionen. Auf zwei weiteren Ebenen zeigt die Karte, woher der Plastikmüll, der sich im Meer sammelt, kommt. Hierzu wird zum einen die Menge an mangelhaft entsorgtem Plastikmüll, der in die Umwelt gelangen kann, pro Quadratkilometer angezeigt. Dafür benutzt WWF Bevölkerungsdaten und den BIP der jeweiligen Länder. Die zweite Ebene zum Ursprung des Plastiks zeigt den jährlichen Ertrag von Plastik, der aus Flüssen ins Meer fließt (ebenfalls nach Gewicht). Der Fokus liegt hierbei auf den 122 am meisten verschmutzten Flüssen weltweit. Durch Wind und Regen sammeln sich dort große Mengen an Plastikmüll, die von dort in die Ozeane gelangen.

Im Meer wird der Plastikmüll dann von Strömungen weiterbewegt und sammelt sich um die Zentren von großen Meereswirbeln. Auf der Karte wird angezeigt, wo diese Strömungen verlaufen. Insgesamt gibt es fünf große subtropische Meereswirbel: den Nordatlantikwirbel, den Südatlantikwirbel, den Indischer-Ozean-Wirbel, den Nord- und den Südpazifikwirbel. Die höchste Plastikkonzentration gib es im Nordpazifikwirbel. Er wird auch „Great Pacific Garbage Patch“ genannt. Die kreisförmig rotierenden Strömungssysteme werden vor allem von Winden verursacht. Die Richtung, in der ein Meereswirbel rotiert, wird dabei von der Rotation der Erde beeinflusst. Da im Zentrum der Wirbel meist schwächere Winde und Strömungen herrschen, wird das treibende Plastik verlangsamt und sammelt sich. So entstehen große Flächen im Ozean, an denen die Wasseroberfläche mit Plastikmüll bedeckt ist.

Die Daten der interaktiven Weltkarte vom WWF stammen aus wissenschaftlichen Veröffentlichungen zum Thema Plastikmüll und werden kontinuierlich aktualisiert. Die Quellen für die verwendeten Daten werden in den jeweiligen Ebenenbeschreibungen benannt. Außerdem führen entsprechende Links zu den jeweiligen wissenschaftlichen Veröffentlichungen.

Karte zeigt, welche Länder sich für ein internationales Abkommen aussprechen

 „Die Karte visualisiert die aktuellsten Daten aus der Wissenschaft. Die Plastikflut wird so mit bloßem Auge verständlich – vom globalen Blick auf die Weltmeere bis hin zu lokalen, oberflächlichen Plastikeinträgen über einzelne Flüsse“, so Bernhard Bauske, der Projektkoordinator zum Thema Plastikmüll bei WWF Deutschland. „Das Ergebnis ist erschreckend: Plastik ist bis in den letzten Winkel unserer Ozeane vorgedrungen.“ Die interaktive Karte soll Entscheidungsträger*innen dabei unterstützen, die bestmöglichen Strategien zu entwickeln, um den Eintrag von Plastikmüll in die Weltmeere zu stoppen.

Darüber hinaus setzt sich die Umweltorganisation WWF für ein internationales Plastik-Abkommen ein, mit dem die Vermüllung der Meere beendet werden soll. Um zu sehen, welche Staaten sich bereits öffentlich für ein solches Abkommen ausgesprochen haben, oder zumindest Bereitschaft gezeigt haben, ein mögliches Abkommen prüfen zu wollen, können Nutzer*innen einzelne Markierungen auf der Karte anklicken und erfahren, welches Land sich bereits für ein Abkommen ausgesprochen hat. „Dank der Karte sehen wir, dass die Unterstützung für ein internationales Abkommen gegen den Eintrag von Plastikmüll in die Meere bereits recht groß ist“, so Bauske. Unter den Unterstützer-Staaten sind mehrere Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) und der Afrikanischen Union. „Mit der interaktiven Karte kann jetzt jeder Bürger sehen, ob sich seine Regierung in diesem Rahmen gegen Meeresplastik engagiert. Damit erhöhen wir auch den Druck auf Staaten, die dem Abkommen noch zögerlich gegenüberstehen.“

Dass die Plastikverschmutzung unseres Planeten bis 2040 um rund 80 Prozent gesenkt werden könnte, davon gehen verschiedene Studien aus, wie zuletzt auch die Studie des internationalen Teams um Winnie Lau vom Pew Charitable Trusts, einer NGO, die sich dem Umwelt- und Naturschutz verschrieben hat. Allerdings nur mit einem weitreichenden Systemwechsel, bei dem sowohl bei der Nutzung von Plastik als auch bei der Verarbeitung und dem Recycling von Plastikmüll größtmögliche, globale Anstrengungen unternommen werden. Doch von einem gemeinsamen Aktionsplan sind wir aktuell noch weit entfernt. Viele Länder haben zwar ausgewählte Kunststoffprodukte mittlerweile verboten, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf dem Verbot von Einwegtragetaschen und Mikroplastik in kosmetischen Produkten liegt und auch die Europäische Union hat unlängst eine Richtlinie über Einwegkunststoffe verabschiedet. Gleichzeitig arbeiten viele wissenschaftliche Gemeinschaften und Nichtregierungsorganisationen an Lösungen. Doch nach wie vor gibt es keine globale Strategie, die praktische und messbare Interventionen zur Verringerung der Verschmutzung durch Kunststoffe beinhaltet. Dazu muss auch auf Ebene der international agierenden Unternehmen angesetzt werden: Nur ein paar dutzend Unternehmen stellen den Großteil der Plastikprodukte her und nur eine Handvoll multinationaler Konzerne dominiert den Markt der Plastik-Pellets, der Rohform von Kunststoffen, wie der Plastik Atlas der Heinrich-Böll-Stiftung zeigt. Wirklich weitreichende Veränderungen in der globalen Plastikkrise können nur erzielt werden, wenn hier die Weichen gestellt werden und verbindliche Regelungen durchgesetzt werden, die die Hersteller ver­pflichten, unter anderem die Produktion zu drosseln oder recyclingfreund­liche Produkte zu entwickeln.

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