Erst Radeln, dann Rocken
Schon bei der Anreise konnten die Greenville-Besucher ihre CO2-Bilanz verbessern: Die Festivalwebsite vermittelte Mitfahrgelegenheiten und bot Specials der Deutschen Bahn. Einige Berliner strampelten bei der (Rad-) „Tour de Greenville“ sogar komplett klimaneutral mit gutem Beispiel voran. Weniger Hartgesottene nutzten angesichts 30 Grad im Schatten den öffentlichen Nahverkehr und den Shuttleservice zum Gelände. Einziger Haken: Die Busse fuhren so selten, dass oft kurzerhand doch aufs Auto umgestiegen wurde.
Lokal, bio, vielfältig
Das Festival im Erlebnispark Paaren wartete mit idyllischer Kulisse zwischen Schaugarten und Damwildgehege, Sitzmöglichkeiten aus recycelten Europapaletten, Merchandise aus Bio-Baumwolle und einem kleinen Kunstpark auf seine Gäste. Um Transportwege zu sparen, kamen bei Bühnenaufbau, Sicherheit und Verpflegung vor allem lokale Partner zum Einsatz. Das Catering bot Bio-Produkte und sogar einzelne vegane Gerichte, Mehrwegbecher sorgten für weniger Abfall. Nicht wirklich überzeugt hat das Bezahlsystem an den Getränkeständen. Zwar waren die so genannten Tokens aus Bio-Kunststoff gefertigt; ein Mehrwert war jedoch nicht zu erkennen.
Verantwortung statt Zwang
Beim Thema Müll setzte der Veranstalter auf Eigenverantwortung. Alle Besucher waren aufgerufen, ihre Abfälle in bereitgestellten Container zu entsorgen. Die Idee ging gut auf – Möglichkeiten für Mülltrennung oder Recycling gab es aber leider nicht. Wer duschen wollte, musste zudem einen kleinen Obolus entrichten, der für die Überführung des Abwassers in die örtliche Kläranlage eingesetzt wurde. Trinkwasser gab es auf dem Campinggelände hingegen kostenlos.
Wissen und Handeln
Wie wichtig persönliches Engagement ist, zeigten Partnerorganisationen wie Viva con Agua, Skate Aid und Amnesty International. Hier konnten Pfandbecher für Wasserprojekte in der Dritten Welt gespendet und Informationen über aktuelle Themen wie Demokratie, Waffenhandel oder Nahrungsmittelverschendung eingeholt werden. Bei The Electric Hotel war zudem voller Körpereinsatz gefragt: Wer auf dem bereitgestellten Fitnessrad alles gab, konnte sein Handy kostenlos aufladen. Schade nur, dass der Strom auf dem übrigen Gelände größtenteils durch Dieselgeneratoren erzeugt wurde.
Mut zur Lücke
Gedränge am Bierstand? Kampf um die besten Plätze vor der Bühne? Nicht beim Greenville Festival. Rund 10.000 Besucher hatten den Weg in die havelländische Provinz gefunden – ein Achtungserfolg, aber bei weitem nicht so viel wie vom Veranstalter erhofft. Für die Musikfans hatte das jedoch Vorteile: familiäre Atmosphäre, kein langes Anstehen, beste Sicht auf alle Bands und ein ungewohnt entspannter Festivalschlaf.
Grünes Konzept, buntes Programm
Auch das Line-Up war bewusst besonders gestaltet: Die Bandbreite reichte von der Hip Hop-Formation Deichkind über die Indie-Rocker von Kettcar und Techno-Legende Scooter bis hin zu internationalen Größen wie Iggy & The Stooges, The Flaming Lips und The Roots. So schaffte es das genreübergreifende Programm, trotz kurzfristiger Absagen und dem einen oder anderen kühlen Schauer drei Tage für echte musikalische Abwechslung und viele Neuentdeckungen zu sorgen.
Fazit: Landpartie mit Potenzial
Grün Rocken ist möglich – das hat das Greenville Festival 2012 gezeigt. Zwar bleiben noch viele Möglichkeiten offen, wie das Konzept weiter ausgebaut, stringenter umgesetzt und kommuniziert werden kann, vor allem in den Bereichen Mobilität, Energie und Entsorgung. Aber dazu bleibt künftig wohl noch genügend Zeit: Der Veranstalter hat einen mehrjährigen Pachtvertrag für das Gelände abgeschlossen. Der Kartenvorverkauf für das Greenville Festival 2013 startet im September.